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Homeoffice-Pflicht endet: Ist die Rückkehr ins Büro gefährlich?


Ende der Homeoffice-Pflicht
Experte warnt: Rückkehr ins Büro ist riskant


21.06.2021Lesedauer: 5 Min.
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Rückkehr ins Büro: Viele haben dabei ein mulmiges Gefühl.Vergrößern des Bildes
Rückkehr ins Büro: Viele haben dabei ein mulmiges Gefühl. (Quelle: valentinrussanov/getty-images-bilder)

Ab dem 1. Juli müssen die Arbeitgeber kein Homeoffice mehr anbieten. Doch welche Regeln gelten dann im Büro und droht dort eine Corona-Infektion? Ein Experte für Arbeitsschutz und ein Aerosol-Forscher erläutern die Risiken.

Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie verpflichtete die Bundesregierung Ende Januar die Arbeitgeber, ihren Mitarbeitern die Möglichkeit zum Arbeiten aus dem Homeoffice anzubieten. Ende des Monats endet diese Regelung. "Die gesetzliche Homeoffice-Pflicht ist Teil des Infektionsschutzgesetzes – besser bekannt als 'Notbremse' – und wird Ende Juni auslaufen", erklärte Kanzleramtschef Helge Braun in der "Wirtschaftswoche".

Nach Angaben des Arbeitsministeriums wird im Moment über Regeln am Arbeitsplatz nach der Homeoffice-Pflicht beraten. Einer Sprecherin zufolge will das Ministerium nun die Corona-Arbeitsschutzverordnung, die Flächen-, Abstands- und Maskenvorgaben für den Arbeitsplatz macht und ebenfalls Ende des Monats auslaufen würde, anpassen und verlängern.

t-online fragte den Experten für Arbeitsschutz Michael Kloth vom Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit und Dr. Christof Asbach, Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung, nach den herrschenden Regeln und welche Gefahren drohen.

t-online: Herr Asbach, was ist anders im Büro, wenn viele am 1. Juli dorthin zurückkehren?

Christof Asbach: Was die Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus angeht, ist gar nichts anders als vorher. Alle Maßnahmen gelten weiter. Das einzige, was sich verändert hat, ist die Wahrscheinlichkeit auf einen Infizierten zu treffen. Wenn Sie in einigen Landkreisen Inzidenzen von 1,5 oder 4 haben, dann sind die Wahrscheinlichkeit und das Risiko auf einen Infizierten zu treffen, stark abgesenkt.

Wie wichtig ist die Maske im Büro?

Christof Asbach: Eine effiziente Maske richtig tragen bleibt ein effektives Mittel, und zwar am besten überall. Oft wird gern am Schreibtisch oder auf dem Gang die Maske getragen und dann setzen sich fünf Kollegen gemeinsam ohne Maske in die Teeküche. Das ist natürlich nicht sinnvoll.

Michael Kloth: Das gilt auch für die Regel "Maske am Platz runter, auf dem Gang aber auf". Das ist nicht sinnvoll. Die Virenverteilung kann überall gleich sein. Maske zu tragen ist in Innenräumen das Wichtigste. Das gilt überall, egal ob auf dem Flur oder am Platz. Eine neue Modellierung hat ergeben: In Schulklassen, die oft sehr klein sind, liegt die Ansteckungsgefahr ohne Maske bei 100 Prozent.

Wie oft sollte gelüftet werden?

Christof Asbach: Alle 15 Minuten, das ist so der Richtwert für die Aerosolverbreitung bei den Coronaviren.

Was ist, wenn Lüften nicht möglich ist – etwa, weil sich die Fenster nicht öffnen lassen?

Michael Kloth: Dann wird es schwierig. Auf dem Markt befindliche Raumluftgeräte wurden von Experten geprüft. Ob sie das einhalten können, was sie versprechen, bezweifeln wir. Darüber hinaus sind einige sehr laut. Selbst, wenn diese Geräte nur etwa 32 bis 35 Dezibel an Lautstärke erzeugen, ist das für jemanden, der dauerhaft darunter arbeiten soll, sehr störend.

Welche Räume sollte man meiden?

Christof Asbach: Enge Räume ohne Maske – wie etwa Fahrstühle oder Toiletten – sollten Sie meiden. Denn hier können die Viren stehen bleiben und Sie können sich infizieren, wenn unmittelbar jemand vor Ihnen dort drin war, der infektiös ist. Das Risiko nimmt mit zeitlicher Distanz ab. Nach etwa einer Stunde sind bereits 50 Prozent der Viren inaktiv. Aber Sie wissen ja nicht, wer wann vor Ihnen im Aufzug war. Im Zweifel: Nutzen Sie die Treppe. In hohen, weiten Räumen verteilen sich die Viren besser und die Infektionsgefahr nimmt ab.

Welche Abstandsregeln sollten gelten?

Michael Kloth: Klar, es gilt die Regel 1,5 Meter Abstand. Ob das in kleinen Räumen sinnvoll ist, ist stark zu bezweifeln. Darüber hinaus sagt die Verordnung, dass nur so viele Mitarbeiter zum Beispiel in Großraumbüros kommen können, dass pro Mitarbeiter mindestens zehn Quadratmeter Fläche zur Verfügung stehen. Als Beispiel: In ein 190 qm großes Büro dürften rechnerisch nur 18 Personen.

Das heißt, dann sollte es ein Schichtsystem geben?

Michael Kloth: Ja, der Arbeitgeber sollte sicherstellen, dass nicht mehr Personen anwesend sind oder zusätzliche Maßnahmen ergreifen.

Was gilt bei Schnelltests?

Michael Kloth: Bislang gilt die Regelung, dass der Arbeitgeber für Arbeitnehmer, die an ihrer Arbeitsstelle arbeiten, zwei Mal pro Woche einen Test anbieten muss. Ob Sie den annehmen oder nicht, bleibt Ihnen überlassen. Lassen Sie sich testen und sind nach dem Schnelltest positiv, kann es ein Straftatbestand sein, wenn Sie sich nicht isolieren und unverzüglich einen PCR-Test durchführen lassen, sondern dies verschweigen. Das könnte als Körperverletzung geahndet werden, wenn Sie deswegen eine andere Person infizieren.

Und es gilt: Jeder, der geimpft ist, muss sich nicht mehr testen lassen. Obwohl: Auch diese Personen können das Virus wahrscheinlich weitertragen. Im Augenblick wissen wir dazu allerdings noch nicht genug.

Zwei Mal die Woche zum Schnelltest ist aber nicht oft …

Michael Kloth: Nein, zumal die Tests in ihrer Zuverlässigkeit stark schwanken, Spucktests zum Beispiel sind eher von zweifelhafter Aussagekraft. Darüber hinaus ist auch die zeitliche Dimension zu beachten. Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Test lediglich Auskunft über die Viruslast der nächsten vier Stunden gibt. Also müsste man streng genommen eher zwei Mal am Tag als zwei Mal pro Woche testen.

Sollte ich die Hände häufig desinfizieren?

Michael Kloth: Innerhalb der AHA+L-Regeln gilt: Abstand ist wichtig. Hygiene – also das dauernde Desinfizieren der Hände – ist eher nicht so wichtig, da es bislang kaum Hinweise auf eine Virus-Übertragbarkeit via Oberflächen gibt. Atemschutzmasken und Lüften sind aber auch zentral.

Welche Maßnahme ist die wichtigste, damit ich mich nicht infiziere?

Christof Asbach: Aus aerosolwissenschaftlicher Sicht ist immer eine Kombination von Maßnahmen sinnvoll. Nicht eine einzelne führt zur Viruseindämmung, sondern nur die Kombination.

Wie beurteilen Sie als Experten die Aufhebung der Homeoffice-Pflicht zum Ende des Monats? Ist sie sinnvoll und vertretbar?

Christof Asbach: Das ist eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Letztlich geht es um die Frage, welches Risiko man bereit ist einzugehen. Angesichts der derzeitigen Inzidenzen und der zunehmenden Anzahl an Geimpften ist es sicher vertretbar.

Michael Kloth: Das ist angesichts der sehr niedrigen Inzidenzen natürlich schwer zu beantworten. Aus Arbeitsschutz-Perspektive bleibt ein Restrisiko – auch bei niedrigen Inzidenzen. Ich wäre dafür, die Homeoffice-Möglichkeit beizubehalten, auch zum Beispiel für Menschen, deren Verwandte aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Kontakte zu reduzieren – und das tut man im Homeoffice massiv – bleibt weiterhin eines der besten Mittel, die Pandemie zu bekämpfen.

Herr Asbach, Herr Kloth, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview mit Michael Kloth (14. Juni 2021)
  • Interview mit Christof Asbach (16. Juni 2021)
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene Recherche
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