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Klimakrise und Heißzeit: Rekordhitze rund um die Welt


Heißzeit
Rekordhitze rund um die Welt


Aktualisiert am 11.09.2022Lesedauer: 4 Min.
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Der Jangste, Asiens längster Fluss, liegt bei Wuhan fast vollständig trocken: In China trifft die extremste Hitzewelle aller Zeiten auf die schwerste Dürre seit vielen Jahrzehnten.Vergrößern des Bildes
Der Jangtse, Asiens längster Fluss, liegt bei Wuhan fast vollständig trocken: In China trifft die extremste Hitzewelle aller Zeiten auf die schwerste Dürre seit vielen Jahrzehnten. (Quelle: IMAGO/Ren Yong)

Tausende sind in den diesjährigen Hitzewellen in Deutschland gestorben. Nun ächzt China unter nie dagewesenen Temperaturen. Und auch die Wirtschaft leidet.

Aus der Mitte des Rheins ragen Sandbänke. Die Ufer sind breit wie Badestrände. Viel Wasser ist in den vergangenen Monaten verdunstet - zu viel. Die Wassertemperatur lag im August teils bei 28 Grad – höher als winters im Schwimmbad. Denn durch die verdorrte Landschaft rollte eine Hitzewelle nach der nächsten: Juni, Juli und August 2022 waren viel zu heiß, resümiert der Deutsche Wetterdienst (DWD).

Wo im langjährigen Durchschnitt im Sommer vier Hitzetage mit mehr als 30 Grad normal sind, gab es dieses Jahr 17; statt durchschnittlich 20 sogenannter Sommertage mit mehr als 25 Grad erlebte Deutschland jetzt 50.

Nur drei andere Sommer waren seit Beginn der Wetteraufzeichnungen noch heißer: 2003, 2018 und 2019. "Wir dürften damit in Zeiten des Klimawandels einen bald typischen Sommer erlebt haben", sagt DWD-Sprecher Uwe Kirsche.

Im besonders heißen Juli 2022 gab es in der Bundesrepublik deutlich mehr Todesfälle als in den Julimonaten der vergangenen vier Jahre – Experten sehen die Hitze als wahrscheinlichen Faktor. Denn der Zusammenhang zwischen Gluttemperaturen und Übersterblichkeit ist in Deutschland gut belegt. Im internationalen Vergleich gilt das Land beim Thema Hitzewellen als äußerst unvorbereitet.

Allein in den drei Sommern von 2018 bis 2020 starben bei uns mehr als 19.000 Menschen an den Folgen der Hitze. Das Ergebnis einer Auswertung von Robert Koch-Institut, Umweltbundesamt und dem Deutschen Wetterdienst untermauert, wie groß der Anpassungsbedarf für die neue deutsche Klimarealität im Hochsommer ist. Doch die Temperaturen setzen nicht nur dem menschlichen Körper zu.

Gefahr für Flüsse, Schifffahrt und Fischer

Eine weitere Folge: Die Kombination aus Hitze und Dürre ließ den Rheinpegel bei Emmerich Mitte August unter null fallen – ein historischer Tiefstand – und auf der gesamten Flusslänge plagt das Niedrigwasser weiterhin die Binnenschiffer. Seit Wochen dürfen sie ihre Schiffe nur halbvoll laden, zu groß die Sorge, auf Grund zu gehen.

Das Problem: Es kommt durch die lange Dürre nicht nur kein Wasser nach – was da ist, verdunstet mit jedem Grad Celsius Lufttemperatur schneller.

Auf der wichtigsten Wasserstraße Europas hat das Konsequenzen für Industrie und Verbraucher. Baustoffe, Dünger, Metall, Kohle und Heizöl kommen nur noch tröpfchenweise an. Und nicht nur auf, sondern auch im Wasser haben die hohen Temperaturen wohl Probleme geschaffen.

Das massenhafte Fischsterben in der Oder? Könnte unter anderem mit den geringen Pegeln und zu hohen Wassertemperaturen zusammenhängen, vermuten Forscher. Je niedriger der Wasserstand, desto heftiger der Stress für das Ökosystem, wenn beispielsweise Industrieabwässer eingeleitet werden.

Auch in anderen Ländern wie Frankreich und Italien herrscht Alarm an den Ufern der längsten Flüsse. Entlang des norditalienischen Pos ist das Wasser an einigen Stellen komplett verschwunden; weder Schiffe noch Fischer haben hier eine Chance. Aus der Adria rinnt Mittelmeer-Salzwasser in die ausgetrocknete Flussmündung und dringt ins Grundwasser ein. In Frankreich ließ sich die Loire zwischenzeitlich zu Fuß durchqueren.

Und dort, wo in Frankreich noch Wasser fließt, ist es vielerorts zu warm – auch weil Kernkraftwerksbetreiber an den Ufern wegen der Hitze wärmeres Abwasser einleiten dürfen, als eigentlich erlaubt ist. Zu groß ist die Angst, dass bei gedrosselter AKW-Leistung sonst der Strom knapp werden könnte.

Die Hitze drückt auf die Lieferketten

Was bei unserem westlichen Nachbarn erst befürchtet wird, ist in China bereits Realität: Im bevölkerungsreichsten Land der Erde lässt sich nicht mehr genug Elektrizität produzieren. Der Grund: Es herrscht aktuell die schlimmste Hitzewelle aller Zeiten.

Seit mehr als 70 Tagen halten die Rekordtemperaturen an, in Megametropolen wie Chongquing herrschten zuletzt 45 Grad. "Es gibt in der Klimageschichte der Welt nichts, was sich auch nur im Ansatz mit dem vergleichen lässt, was in China passiert", ordnet Wetterhistoriker Maximiliano Herrera die Situation im "New Scientist" ein.

Der größte Süßwassersee des Landes, der bei Wuhan gelegene Poyang, ist auf ein Viertel seiner normalen Größe geschrumpft. Unweit von seinen Ufern dümpelt der Jangtse. Auch der längste Fluss Asiens hat Niedrigwasser, wie in Europa leiden Landwirtschaft und Schifffahrt, aber auch die Stromerzeugung.

China, das sonst einen Großteil seines Stroms aus Wasserkraft gewinnt, muss in mehreren Provinzen bereits den Verbrauch rationieren. Einkaufszentren sind gezwungen, früher zu schließen; zu hoch ist sonst der Stromverbrauch der Klimaanlagen. Viele Fabriken müssen ihre Produktion herunterfahren – in Europa fürchtet man bereits das nächste Lieferkettenchaos.

Den Strommangel sollen Kohlekraftwerke auffangen – die mit ihren besonders hohen CO2-Emissionen die ursächliche Erderhitzung weiter anfeuern. Wie alle Treibhausgasemissionen hat das Konsequenzen für die gesamte Erde. Auch an den Polen macht sich die klimawandelbedingte Hitze mit immer neuen Negativrekorden bemerkbar.

Hitzewellen sogar im ewigen Eis

Im März erreichte die Temperatur in der Antarktis einen neuen Höchstwert für die Jahreszeit: Die Messstation Dome Concordia verzeichnete minus 11,5 Grad Celsius auf einer Höhe von 3.000 Metern. "Die heißeste Messung einer bemannten Wetterstation auf dem antarktischen Plateau seit [Beginn der Aufzeichnungen vor] 66 Jahren", schrieb Meteorologe und Wissenschaftsjournalist Stefano di Battista auf Twitter.

Der 18.3.2022 habe die Klimakunde der Antarktis damit neugeschrieben, ergänzte er kurz darauf.

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Auch an anderen Orten in der Ostantarktis schafften es die Temperaturen Mitte März auf Werte, die mehrere Tage bis zu 40 Grad über dem langjähirgen Durchschnitt für die Region lagen. Eine Hitzewelle, die definitiv verändert hat, "was wir für antarktisches Wetter für möglich gehalten hatten", so Polarmeteorologe Jonathan Wille von der französischen Universität Grenobles Alpes.

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Der jüngste Alljahresrekord für die Antarktis stammt aus 2020, als die Maximaltemperatur bis auf 18,3 Grad stieg. Im selben Jahr stellte auch die Arktis ihren jüngsten Hitzerekord auf, den die Weltwetterorganisation (WMO) vor einigen Monaten bestätigte. Die 38 Grad, die das sibirische Werchojansk im Juni 2020 erreichte, gelten dort als "Alarmglocke für den Klimawandel".

Diese dürfte angesichts neuester Erkenntnisse eines Forscherteams der Universität Helsinki besonders laut schrillen: Demnach erwärmt sich die Arktis nicht doppelt, sondern fast viermal so schnell wie der Rest der Welt.

Verwendete Quellen
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