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Hiddensee: Die autofreie Ostseeinsel vor Rügen


Deutschland
Diese autofreie Insel liegt in der Ostsee

dpa, Andreas Heimann

Aktualisiert am 15.05.2013Lesedauer: 4 Min.
Westlich von Rügen - und nur per Fähre erreichbar ist diese autofreie Insel.Vergrößern des BildesWestlich von Rügen - und nur per Fähre erreichbar ist diese autofreie Insel. (Quelle: google-2012-terraMetrics)

Hiddensee liegt westlich von Rügen und ist nur per Fähre zu erreichen. Autos dürfen dort nicht fahren, dafür gibt es Kutschen. Die Ostsee braust, und der Strand ist lang. Das schätzen vor allem Künstler und Urlauber, die mal so richtig abschalten wollen. Sehen Sie die Nachbarinsel Rügens auch in unserer Foto-Show.

Kutschen statt Autos

Im Hafen von Vitte riecht es nach Pferdeäpfeln. Benzingeruch gibt es auf Hiddensee nicht - Autos sind auf der kleinen Ostseeinsel verboten. Und das ist auch gut so. Gerade hat die "Sundevit" aus Zingst angelegt, ein Schwung neuer Touristen geht von Bord. Einige Gäste reisen gleich vom Hafen aus mit der Ein-PS-Kutsche weiter. Der Rest geht zu Fuß in den Ort, vorbei an der Insel-Drogerie und dem Fisch-Bistro. Die Wege sind hier kurz. Wer auf Hiddensee angekommen ist, schaltet fast automatisch einen Gang runter. Die Insel ist viel kleiner als Nachbarin Rügen, viel ruhiger und nach fester Überzeugung der Stammgäste auch viel schöner. Nicht einmal 17 Kilometer ist sie lang und an der schmalsten Stelle nur 250 Meter breit. Fast überall wächst Sanddorn. Über den Wiesen flattern Zitronenfalter, auf den Weiden stehen Pferde. Fahrradfahren ist hier das reinste Vergnügen. Auf den Strecken durch den Wald riecht es intensiv nach Kiefernnadeln.

Eiland der Künstler und Schriftsteller

Ziele gibt es genug - der Leuchtturm im Norden der Insel gehört sicher dazu. Sein Licht strahlt nachts rund 45 Kilometer weit über die Ostsee. Erbaut wurde er 1888 und ist immerhin 72 Meter hoch. Attraktiv für Urlauber war die Hiddensee schon zu Kaisers Zeiten, der Tourismus hat Tradition. Um 1900 gab es bereits mehrere Hotels. Gerade Künstler und Schriftsteller zog die kleine Insel an: Gottfried Benn und Carl Zuckmayer spazierten hier über den Strand, der Brücke-Maler Erich Heckel hatte hier ein Sommerhaus. Hans Fallada schrieb seinen Roman "Kleiner Mann, was nun?" auf Hiddensee zu Ende.

Haus der Filmikone unter Denkmalschutz

Joachim Ringelnatz, Autor humorvoller Reime, fühlte sich immer wieder im Haus von Asta Nielsen wohl: Die Stummfilm-Ikone kaufte sich Ende der 1920er Jahre das noch heute als "Karusel" bekannte Haus in Vitte, in das die Dänin jeden Sommer Freunde und Kollegen aus der Künstlerszene in Berlin einlud. Heute gehört es der Kurverwaltung und steht unter Denkmalschutz. Meist ist es verschlossen, aber regelmäßig gibt es Führungen, bei denen man auch ins Innere kommt. Dort erinnert eine kleine Ausstellung an das Leben der Schauspielerin. Und Fotos zeigen sie zum Beispiel zusammen mit Ringelnatz am Kaffeetisch vor dem Haus - mit Kühen neben sich.

Literaturnobelpreisträger schwärmte von Hiddensee

In Vitte steht auch die Blaue Scheune: Das Reetdachhaus in kräftigem Blau gehörte einst einem Bäcker, wurde später zum Atelier und zeigt auch heute wieder Kunst. In der Blauen Scheune gab es etliche Ausstellungen des 1922 gegründeten "Hiddensoer Künstlerinnenbundes". Clara Arnheim gehörte dazu, die viele Sommer in Vitte verbrachte, bevor sie, von den Nazis verfolgt, 1942 in Theresienstadt starb. Etliche ihrer Bilder sind inzwischen wieder aufgetaucht. Der Künstler, für den Hiddensee die Insel schlechthin wurde, war aber Gerhart Hauptmann. Sein Geburtstag jährt sich in diesem Jahr zum 150. Mal, und genau 100 Jahre ist es her, dass er den Literaturnobelpreis bekam. Hauptmann kam im Juli 1885 das erste Mal auf die Insel - im "Gasthof Schlieker" trug er sich ins Gästebuch ein. Und schwärmte gleich in einem seiner Gedichte von seinen Ostseeerlebnissen: "Unaufhörlich bläst das Meer/eherne Posaunen;/Roggenfelder, segenschwer,/leise wogend raunen."

Touristen besichtigen alte Villa

Nach dem Tod Hauptmanns 1946 in Schlesien, im Süden des heutigen Polen, wurde sein Leichnam nach Hiddensee gebracht und dort beigesetzt. "Schon seit Ende der 40er Jahre kamen Besucher, um zu sehen, wo er gelebt hat", erzählt Ploetz. Sein "Haus Seedorn" steht leicht erhöht und ist mit einem immer noch lauschigen Garten umgeben. Die alte Villa ließ Hauptmann um einen Anbau ergänzen. Beide Teile verbindet ein "Kreuzgang" mit gotisch anmutendem Deckengewölbe, in dem der Dichter auf und ab spazierte, beim Nachdenken und beim Diktieren seiner Texte. "Er hat sich damit ein Stück italienisches Kloster nach Hiddensee geholt", sagt Franziska Ploetz.

Sommer zu Ende, Weinkeller leer

Und wer ein bisschen Zeit mitbringt, sollte es sich nicht nehmen lassen, in den Weinkeller hinabzusteigen: Kühl ist es dort selbst im Sommer. Seine guten Tropfen lagerte Hauptmann in Tonröhren in der Kellerwand. Er schätzte Spätburgunder aus Südbaden und trank ihn in Mengen, die nicht jeder Hausarzt gut fände. Der Sommer beginnt, wenn die jährliche Weinlieferung für Hauptmann kommt, hieß es auf der Insel. Und er geht zu Ende, wenn der Weinkeller leer ist.

Weitere Informationen:

Insel Information: Tel.: 038300/64 20, E-Mail: info@seebad-hiddensee.de
MV-Tourismus: http://www.auf-nach-mv.de
Offizelle Hiddensee-Website: http://www.seebad-hiddensee.de
Informationen zu Hiddeensee: http://www.hiddensee.de
Hauptmannhaus: http://www.hauptmannhaus.de
Heimatmuseum: http://heimatmuseum-hiddensee.de
Reederei Hiddensee: http://www.reederei-hiddensee.de

Anreise: Ankunftshäfen der Fahrgastschiffe sind Vitte, Koster und Neuendorf. Von dort geht es nach Stralsund, nach Schaprode auf der Nachbarinsel Rügen und in der Hauptsaison unter anderem auch nach Zingst und Wiek.

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