Vom Kind zur wichtigsten Klimawandel-Aktivistin der Welt

Sie wird nicht von allen geliebt, nicht jeder teilt ihre Ansichten. Dennoch hat Greta Thunberg in ihrem jungen Leben schon viel erreicht und bewegt. Heute wird sie 18 Jahre alt.
Wieder und wieder hat Greta Thunberg darauf hingewiesen, dass es nicht die Verantwortung von Kindern sein kΓΆnne, die Erde vor der drohenden Klimakatastrophe zu retten. "Ich bin zu jung fΓΌr das hier. Wir Kinder sollten das nicht tun mΓΌssen", erklΓ€rte die junge Schwedin schon Anfang 2019 auf Facebook, als sich Online-Hass und VerschwΓΆrungstheorien gegen sie erstmals zuspitzten. Oder kurze Zeit spΓ€ter im britischen Unterhaus: "Ich weiΓ, dass viele von Ihnen uns nicht zuhΓΆren wollen β Sie sagen, wir seien bloΓ Kinder. Aber wir wiederholen nur die Botschaft der vereinten Klimawissenschaft", sagte sie da. "Wir Kinder tun dies, um die Erwachsenen aufzuwecken."
"Jede Wahl ist eine Klimawahl"
Ein Kind ist Thunberg nun nicht mehr. Am heutigen Sonntag wird die weltberΓΌhmte Klimaaktivistin nΓ€mlich 18 Jahre alt. Das ist auch in Schweden mit der VolljΓ€hrigkeit verbunden, und einer Reihe von Rechten: Alleine Auto fahren zum Beispiel, heiraten β und wΓ€hlen, was fΓΌr sie wohl besonders wichtig sein wird. "Jede Wahl ist eine Klimawahl", hat Thunberg ΓΆfter gesagt. Jetzt kann sie selbst ihre Stimme abgeben, unter anderem bei der nΓ€chsten schwedischen Parlamentswahl im SpΓ€tsommer 2022.
Am Kampf gegen die Klimakrise, an dessen Spitze sie sich im wahrsten Sinne des Wortes im Sommer 2018 gesetzt hat, Γ€ndert sich fΓΌr Thunberg mit der VolljΓ€hrigkeit nichts. Sie dringt unvermindert darauf, dass die Klima- und Umweltkrise wie eine wirkliche Krise behandelt werden mΓΌsse - und zwar sofort. "Das Wichtigste ist, zu verstehen, dass wir die Emissionen hier und jetzt verringern mΓΌssen β nicht 2025, 2030 oder wann auch immer. Der AusstoΓ, den wir jetzt verursachen, bestimmt unsere Zukunft", sagte sie zuletzt der schwedischen Tageszeitung "Svenska Dagbladet". Auch wenn sie sich jederzeit zurΓΌckziehen kΓΆnne, sei fΓΌr sie an ein AufhΓΆren nicht zu denken. "Nein, das hier ist zu wichtig."
2003 in Stockholm geboren
Das Thema Klimawandel begleitet die am 3. Januar 2003 geborene Stockholmerin schon lange. Erstmals hat sie nach eigenen Angaben mit acht Jahren von UmweltzerstΓΆrung und ErderwΓ€rmung gehΓΆrt. Daraus entstanden Sorgen, die in der Kindheit in einer Depression mΓΌndeten.
Im Sommer 2018 kaufte sie sich schlieΓlich mit ihrem Vater ein StΓΌck Holz, auf das sie mit groΓen schwarzen Buchstaben "Skolstrejk fΓΆr klimatet" (Schulstreik fΓΌrs Klima) schrieb. Damit hockte sich das damals 15-jΓ€hrige MΓ€dchen zu Beginn des neuen Schuljahres vor den Reichstag in Stockholm, um die schwedische Politik zum stΓ€rkeren Klimaschutz und Befolgen der Klimaziele von Paris aufzurufen. Als Zeichen der Dringlichkeit ihres Anliegens schwΓ€nzte Thunberg dafΓΌr die Schule β zunΓ€chst tΓ€glich, dann ausschlieΓlich freitags.
Bewegung Fridays for future entstand durch Thunberg
Ihre Aktion verbreitete sich ΓΌber die sozialen Netzwerke rasant. Die Klimabewegung Fridays for Future entstand, und aus Thunbergs stillem Solo-Protest entwickelten sich innerhalb von Monaten internationale GroΓproteste, bei denen Millionen Menschen in aller Welt nach Thunbergs Vorbild fΓΌr mehr Klimaschutz auf die StraΓe gingen. Und das nicht einmal 1,60 Meter groΓe MΓ€dchen bewies: "No one is too small to make a difference." (Deutsch: Niemand ist zu klein, um einen Unterschied zu machen.)
Niemand hat seitdem so ΓΆffentlichkeitswirksam auf Klima- und Umweltprobleme hingewiesen wie die Teenagerin aus Stockholm. Niemand ist dabei zu einem solch groΓen Vorbild fΓΌr Millionen von vor allem jungen Menschen weltweit geworden β und kaum jemand vor allem im Internet mit so viel Hass und Beleidigungen ΓΌberschΓΌttet worden.
Diese Erfahrungen haben auch Thunberg geprΓ€gt. Ihre PrivatsphΓ€re schΓΌtzt sie mittlerweile stark. Interviews mit ihr sind seltener geworden und wenn, dann mahnt sie, das Augenmerk auf Klimafragen statt auf sie als Person zu legen β steigende Temperaturen, heftigere Naturkatastrophen, Meeresspiegelanstieg. Darum soll es gehen.
Unterschwelliger Humor β wenn es um Trump geht
Ihre Bekanntheit nutzt sie nun auch stΓ€rker, um auf den Kampf anderer KlimaschΓΌtzer aufmerksam zu machen, Vanessa Nakate aus Uganda zum Beispiel oder Mitstreiter auf den Philippinen oder in SΓΌdamerika.
Thunberg ist in Wirklichkeit zurΓΌckhaltend, hat eine leise Stimme und einen unterschwelligen Humor, etwa wenn sie ΓΌber Donald Trump spricht. Sie hat Asperger, eine Form von Autismus, die sie selbst als Vorteil bezeichnet. Vieles sei fΓΌr sie einfach entweder schwarz oder weiΓ, einen Mittelweg gebe es oft nicht fΓΌr sie, sagt sie. Auf die drohende Klimakatastrophe bezogen heiΓt das: Ein bisschen Weltretten geht eben nicht. "Es gibt keine Grauzonen, wenn es ums Γberleben geht." Und so warf sich Thunberg ΓΌber Jahre mit voller Kraft in den Klimakampf.
Thunberg sprach mit Merkel
2019 erlebten die von ihr inspirierten Klimaproteste vorlΓ€ufig ihren HΓΆhepunkt, 2020 wurde dem durch Corona vorΓΌbergehend Grenzen gesetzt. Thunberg kΓ€mpfte weiter. Traf im Sommer Angela Merkel, um gemeinsam mit engen Mitstreiterinnen wie Luisa Neubauer aus Deutschland sowie Anuna de Wever und AdΓ©laΓ―de Charlier aus Belgien mit der Bundeskanzlerin ΓΌber die EU-Klimapolitik zu sprechen. Thunberg reiste dafΓΌr extra nach Berlin β unmittelbar vor ihrem Start auf dem Gymnasium daheim in Stockholm nach einem Jahr Schulpause, in der sie fΓΌr ihren Klimakampf bis in die USA gesegelt war.
Bis heute konnte und kann Thunberg nicht jeden mit ihrer Botschaft abholen. Ihr veganer, auf neue Klamotten und Flugreisen verzichtender Lebensstil ist manchen zu radikal. Aber selbst wenn man nicht mit allem ΓΌbereinstimme, was Thunberg sage oder tue, so mΓΌsse man ihren Mut und ihre Entschlossenheit bewundern, sagte ihr schwedischer Landsmann BjΓΆrn Ulvaeus, der Abba-Star, einmal ΓΌber sie.
Thunberg sei "wie eine trotzige und zutiefst nachdenkliche Pippi Langstrumpf", sagte er. "Ich glaube, Astrid Lindgren hΓ€tte Greta gemocht."
- Nachrichtenagentur dpa