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"En Marche": Partei von Emmanuel Macron winken 75 Prozent


Neue französische Revolution?
Macron-Partei winken 75 Prozent

ap, Sylvie Corbet

Aktualisiert am 17.06.2017Lesedauer: 4 Min.
Das Bündnis des französischen Präsidenten könnte nach dem zweiten Wahlgang eine Drei-Viertel-Mehrheit stellen.Vergrößern des BildesDas Bündnis des französischen Präsidenten könnte nach dem zweiten Wahlgang eine Drei-Viertel-Mehrheit stellen. (Quelle: Alain Jocard/Reuters-bilder)
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Das künftige französische Parlament wird wohl von vielen Polit-Neulingen dominiert werden. Dem neuen Präsidenten Macron ist eine Hausmacht in der Nationalversammlung so gut wie sicher. Doch alle Gesetze müssen auch durch den konservativ kontrollierten Senat.

Emmanuel Macron ist kurz davor, eines seiner symbolträchtigsten Wahlkampfversprechen einzulösen: neue Gesichter in die Politik zu bringen. Seine erst 14 Monate alte Partei "La République en Marche" wird in der zweiten Runde der Parlamentswahl am Sonntag voraussichtlich eine Rekord-Mehrheit erzielen. Nach dem zweiten Wahlgang am Sonntag mit rund 430 Abgeordneten könnte Macrons Bündnis eine Drei-Viertel-Mehrheit stellen.

Zu ihren Kandidaten gehören eine Grundschulrektorin, ein Landwirt, ein preisgekrönter Mathematiker und eine Stierkämpferin. Wie Macron selbst sind sie noch nie zuvor in ein politisches Amt gewählt worden. Dennoch liegen sie in Umfragen klar vor ihren Konkurrenten der traditionellen Parteien.

Skeptiker sorgen sich, dass in der neuen Nationalversammlung überwiegend Abgeordnete sitzen werden, deren einzige Gemeinsamkeit die Loyalität zum wirtschafts- und europafreundlichen Präsidenten ist. Doch viele Wähler äußern sich euphorisch über Macrons Versprechen, die politische Landschaft Frankreichs zu erneuern.

"Wir können es nicht schlechter machen" als bisherige Parlamentarier, sagt der Landwirt und "En Marche"-Kandidat Jean-Baptiste Moreau. "Und ich glaube sogar, dass wir es besser machen werden." Seit 30 Jahren habe die Nationalversammlung aus erfahrenen Politikern bestanden, "und man kann nicht sagen, dass das ein großer Erfolg ist", erklärt der 40-jährige Bewerber aus der zentralfranzösischen Region Creuse, dem gute Chancen auf einen Sieg in seinem Wahlkreis eingeräumt werden.

Macrons Erfolg spiegelt Entfremdung vom traditionellen Politikbetrieb wider

Insgesamt treten am Sonntag 513 Kandidaten von "En Marche" für die 577 Sitze im französischen Unterhaus an. Zwei weitere waren bereits in der ersten Wahlrunde vergeben worden. Die Hälfte der Bewerber ist weiblich, viele sind jung und einem Großteil der Wähler in ihren Wahlkreisen unbekannt. Macrons Erfolg spiegelt nach Ansicht von Beobachtern - ebenso wie die geringe Beteiligung von weniger als 50 Prozent in der ersten Wahlrunde - die Entfremdung der französischen Wähler vom traditionellen Politikbetrieb wider.

Sie setzen ihre Hoffnungen in Polit-Neulinge wie die 55-jährige Mireille Robert, die eine Grundschule in der Region Aude im Südwesten Frankreichs leitet. Sie wurde aus 19.000 Bewerbern ausgewählt, die dort für "En Marche" antreten wollten. Über ihren deutlichen Sieg in der ersten Wahlrunde zeigt sie sich überrascht. Robert lag zehn Punkte vor ihrem sozialistischen Rivalen, und das in einem Bezirk, der seit Jahrzehnten traditionell links wählt.

Die französischen Wähler "wünschen sich in der Nationalversammlung Leute, die sind wie sie selbst", sagt Robert. Wegen ihrer mangelnden politischen Erfahrung mache sie sich keine Sorgen. "Anders als alte Politiker haben wir einen komplizierten Alltag", erklärt sie. "Wir müssen uns täglich anpassen und müssen Probleme überwinden. Es gibt also keinen Grund, warum wir den Job nicht machen können."

31-jährige Anwältin gewinnt 40 Prozent der Stimmen

Robert verglich die aktuelle Situation mit der Französischen Revolution von 1789. Das Land erlebe derzeit "etwas sehr Starkes, vermutlich Historisches, und wir werden daran teilhaben", sagt sie. Für den Landwirt Moreau hat sich mit der Entscheidung, für das Parlament zu kandidieren, nach eigenen Worten schon jetzt das Leben geändert. Im Wahlkampf legte er 3500 Kilometer im Monat zurück und sah seine Familie kaum. Im Falle eines Wahlsiegs will er nun einen Vertreter anheuern, der sich in der Zwischenzeit um seinen Bauernhof kümmert.

Eine weitere Anhängerin von Macron, die 31-jährige Anwältin Laetitia Avia, gewann in ihrem Pariser Wahlbezirk am Sonntag vergangener Woche fast 40 Prozent der Stimmen. Damit warf sie einen bekannten sozialistischen Konkurrenten und früheren Vizepräsidenten der Nationalversammlung aus dem Rennen.

Avia betont, der Regierung müsse bewusst sein, dass sich neue Abgeordnete nicht blind an Abstimmungsempfehlungen der Minister halten würden. Stattdessen legten die Neulinge Wert darauf, über Gesetze auch tatsächlich zu diskutieren. "Ja, wir haben Charakter und Ideen und wir werden die Regierung herausfordern", sagt die Juristin dem Radiosender France Info. "Es gehört auch zu den Aufgaben der Abgeordneten, das Regierungshandeln zu überwachen."

Nach der ersten Wahlrunde lag Macrons Bewegung mit mehr als 32 Prozent der Stimmung deutlich vorn. Nach Schätzungen von Meinungsforschern könnte "En Marche" bis zu 450 Mandate im Parlament gewinnen. Größte Oppositionsgruppe werden voraussichtlich die konservativen Republikaner mit 70 bis 110 Sitzen sein. Den Rest teilen sich andere Parteien.

Macron will Sicherheitskonzepte ausweiten und Korruption bekämpfen

Die bisher dominierenden Sozialisten könnten auf 20 Sitze zurückfallen und damit nur noch knapp vor der Linken liegen. Einige Sitze werden vermutlich an die rechtsextreme Front National gehen, einer davon an die Vorsitzende Marine Le Pen, die im nordfranzösischen Bezirk Henin-Beaumont antritt. Bislang hatte die Partei lediglich zwei Mandate inne.

Macron will seine erwartete Mehrheit nutzen, um gleich zu Beginn der Legislaturperiode am 27. Juni eine Reihe von Gesetzen zu verabschieden. Dazu gehören Maßnahmen zur Ausweitung von Sicherheitsvorkehrungen und zur Bekämpfung von Korruption.

Die umstrittenste Vorlage ist eine Arbeitsmarktreform, die eine Erleichterung von Einstellungen und Entlassungen vorsieht und von Gewerkschaften scharf kritisiert wurde. Die Regierung will das Gesetz aber im Schnellverfahren durchbringen und bereits Ende des Jahres in Kraft treten lassen. Alle Vorlagen müssen neben der Nationalversammlung auch den derzeit von den Konservativen kontrollierten Senat passieren. Das letzte Wort hat aber das Unterhaus.

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