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Boston-Anschlag: Betrieb Tamerlan Zarnajew Gehirnwäsche?


Terrorismus
Unterzog Tamerlan Zarnajew Frau und Bruder einer Gehirnwäsche?

Von t-online, dpa, afp
Aktualisiert am 22.04.2013Lesedauer: 4 Min.
Katherine Russell, Boston-AttentatVergrößern des BildesKatherine Russell, die Ehefrau des getöteten Tamerlan Zarnajew, hat ihr Schweigen gebrochen. (Quelle: Facebook)
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Während noch immer unklar ist, was die mutmaßlichen Boston-Attentäter zu dem Marathon-Anschlag trieb, gerät auch ihr Umfeld in den Fokus. Die Witwe des auf der Flucht getöteten Tamerlan Zarnajew wird als ursprünglich fröhliche junge Frau beschrieben. Ihr "super-religiöser Mann", so eine Freundin gegenüber der "Daily Mail", habe sie dann aber "einer Gehirnwäsche unterzogen". Indes soll der Bundesgerichtsprozess gegen ihren Schwager, Dschochar Zarnajew, laut "CNN" am 30. Mai beginnen.

Bevor sie Tamerlan Zarnajew 2009 kennenlernte und sich in ihn verliebte, sei sie ein "All-American-Girl" gewesen, sagt ihre Freundin über die junge Witwe. Die älteste von drei Töchtern eines Notarztes und einer Krankenschwester war im Tanzclub und interessierte sich für Kunst - ein von ihr gemaltes Bild wurde an der North Kingston Highschool mit einem Preis ausgezeichnet.

Ihr Ziel war es Freundinnen zufolge, irgendwann dem Friedenskorps beizutreten. Diese von Freiwilligen getragene Einrichtung fördert das Verständnis zwischen US-Bürgern und Angehörigen anderer Nationalitäten.

Dann wählte sie einen anderen Pfad. Die Amerikanerin verließ das College ohne Abschluss, konvertierte zum Islam, verschleierte sich, heiratete Zarnajew im Alter von 21 und bekam kurz darauf eine Tochter von ihm. Perfekt lief die Ehe offenbar nicht, doch nicht einmal ein Ausbruch häuslicher Gewalt durch ihren Mann ließ sie umdenken.

Dabei soll ihr Lebensmotto, zumindest früher, gelautet haben: "Tu' etwas dagegen oder hör' auf, dich zu beklagen."

Dem Cambridge City Police Department gegenüber soll sie nach dem Vorfall häuslicher Gewalt zu Protokoll gegeben haben, Zarnajew sei "ein sehr netter Mann".

Witwe gilt als Kronzeugin

Nun gilt die junge Witwe als Kronzeugin. Am Wochenende durfte sie laut "Daily Mail" unter Bewachung von FBI-Agenten persönliche Dinge aus ihrem Haus abholen. Sie wird den Behörden detailliert Auskunft darüber geben müssen, wie viel sie von den tödlichen Plänen ihres Mannes und ihres Schwagers wusste.

Dschochar Zarnajew galt im Gegensatz zu seinem Bruder - von dem es heißt, er habe Amerikaner nie verstanden - als in den USA integriert. Die Ermittler erhoffen sich von dem 19-Jährigen Antworten auf "Millionen von Fragen". Der Schwerverletze kann sie im Krankenhaus allenfalls auf Papier kritzeln, sofern er sie überhaupt geben will - oder kann.

Genau eine Woche nach dem Anschlag hat die US-Staatsanwaltschaft Anklage gegen den 19-Jährigen erhoben - wegen des Gebrauchs von Massenvernichtungswaffen, so das Justizministerium. Der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, betonte, Zarnajew werde nicht als "feindlicher Kämpfer" behandelt wie es einige Republikaner gefordert hatten.

Kein Guantanamo-Status

"Wir werden diesen Terroristen durch unser ziviles Justizsystem bestrafen", sagte Carney. Er wies darauf hin, dass seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 das Justizsystem bewiesen habe, dass es der anhaltenden Bedrohung gewachsen sei.

Bei einem Status als "feindlicher Kämpfer" hätte Dschochar wie die Häftlinge von Guantanamo unbefristet ohne Anklage oder Prozess festgehalten werden können. Immer mehr deutet indes darauf hin, dass er von seinem großen Bruder zu der Tat verleitet wurde, die aus einem typischen amerikanischen Teenager einen extremistischen Terrorverdächtigen machte.

"So, wie wir die beiden kannten, sieht es aus, als sei der ältere Bruder der Kopf dieser Geschichte", sagte Luis Vasquez, ein Freund der Zarnajew-Brüder, dem TV-Sender "CNN". Der Trainer des talentierten Boxers Tamerlan, John Curran, erklärte bei NBC: "Der jüngere Bruder folgte dem älteren wie ein Hündchen." Das zeigen auch die Überwachungsvideos, die den Fahndungserfolg einleiteten.

Ein typischer US-Teenager

Dschochar liebte sein Skateboard, Rapmusik und Sandwich-Dressing. Er ging auf Partys, hatte Freunde und fühlte sich wohl in seiner neuen Heimat - weit weg von den Konflikten der Kaukasusregion, in der er geboren war. "Er war immer ein nettes Kind", erklärte Cam Blauchner, der mit Zarnajew in die achte Klasse ging, US-Medien.

"Er war schüchtern, aber nicht merkwürdig. Er war ein süßer Kerl." Niemals habe er seine Religion erwähnt. "Ich wusste nicht mal, dass er ein Muslim ist."

Weder religiöse noch islamistische Ansichten habe der Student Freunden gegenüber je vertreten. Am 11. September 2012 wurde er eingebürgert. Anders als sein älterer Bruder, der 2003 mit 16 als Flüchtling nachgezogen war und bis zum Schluss auf seine amerikanische Staatsbürgerschaft wartete. Da lebte der Vater bereits wieder in Russland.

Von dort aus gab sich Ansor Zarnajew zum wiederholten Male von der Unschuld seiner Söhne überzeugt. Sein Sohn Tamerlan "hätte das, was ihm vorgeworfen wird, niemals tun können", sagte er der russischen Tageszeitung "Komsomolskaja Prawda".

Vater nennt Tamerlan guten Muslim

Der 26-Jährige, der auf der Flucht vor der Polizei getötet wurde, sei "ein guter Muslim" gewesen. Laut einem Bericht des "Wall Street Journal" vollzog sich die Hinwendung Tamerlans zum Islam in den vergangenen Jahren unter dem Eindruck einer Familien-Krise. Die Ehe der Eltern sei zerbrochen, die Mutter, Subeidat Zarnajewa, habe sich mit ihrem älteren Sohn verstärkt den muslimischen Gebräuchen unterworfen und verschleiert, berichtete das Blatt.

Mit Kopftuch zeigte sich auch Tamerlans Witwe, als sie ihre persönlichen Sachen abholte. Nach der Hochzeit zwischen ihr und Tamerlan Zarnajew sei sein Sohn "sehr religiös" geworden und jeden Freitag in die Moschee gegangen, sagte der Vater.

Auf der Internetplattform Youtube stellte Tamerlan islamistische Videos ein. Wie CNN meldete, war darunter auch das Video eines tschetschenischen Dschihadisten. Unklar sei, ob es einen Kontakt zwischen beiden Männern gab.

Bei Religionsdebatte aufgefallen

Der "Boston Globe" berichtete von einer öffentlichen Religionsdebatte in einer Moschee in Cambridge, bei der Tamerlan Zarnajew sich wüst empörte, als ein Teilnehmer den islamischen Propheten Mohammed mit dem amerikanischen Friedensaktivisten Martin Luther King verglich. Dieser Vorfall, nicht der einzige in den vergangenen Monaten, habe sich im Januar ereignet.

Die Brüder Dschochar und Tamerlan Zarnajew sollen am 15. April einen Doppel-Anschlag mit Sprengsätzen auf den Marathonlauf in Boston verübt haben, bei dem drei Menschen getötet und etwa 180 weitere verletzt wurden. Auf ihrer Flucht sollen sie einen Polizisten erschossen und einen weiteren Beamten schwer verletzt haben.

Ein früherer Nachbar Tamerlans sagte zu "CBS", der junge Mann habe die Bibel einmal als "Kopie des Korans" bezeichnet und zudem erklärt, sie werde von der US-Regierung als Rechtfertigung für eine Invasion fremder Länder benutzt.

Vielleicht unterzog Tamerlan Zarnajew seine Frau und seinen Bruder einer Gehirnwäsche. Auf Facebook hatte Dschochar jüngst auf Russisch gepostet: "Es ist für uns besser, in der Freiheit zu sterben, als als Sklaven zu leben."

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