Mitten im Live-Interview Chinesischer Regierungskritiker festgenommen

Sun Wenguang,
Der chinesische Regierungskritiker Sun Wenguang ist verschwunden, nachdem die Polizei während eines Live-Interviews mit dem US-Auslandssender Voice Of America (VOA) in sein Haus eingedrungen war. "Die Polizei ist hier, um erneut zu stören", ist Sun in der Aufzeichnung von VOA vom Mittwoch zu hören. Seitdem ist der über 80-jährige pensionierte Akademiker wie vom Erdboden verschluckt.
"Es ist illegal, dass Sie in mein Haus kommen! Ich habe mein Recht auf freie Meinungsäußerung", waren die letzten Worte des Dissidenten, bevor die Telefonverbindung mit dem US-Sender abbrach. Seitdem blieben alle Anrufe und Textnachrichten der Nachrichtenagentur AFP an Sun unbeantwortet. Auch die örtlichen Sicherheitsbehörden und Suns ehemaliger Arbeitgeber, die Shandong Universität, reagierten nicht.
Ältester Regieurngskritiker
Sun ist einer der ältesten Regierungskritiker Chinas und steht als solcher regelmäßig unter behördlicher Beobachtung. Er ist einer der Unterzeichner der Charta 08 für demokratische Reformen, die den chinesischen Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo 2008 ins Gefängnis brachte, wo er vergangenen Juli starb.
Laut VOA hatte Sun vergangenen Monat einen offenen Brief an den chinesischen Staatschef Xi Jinping geschrieben. Kurz vor dessen Reise nach Afrika kritisierte Sun demnach die "Scheckbuchdiplomatie" Chinas auf dem Kontinent. Xi versucht seit seinem Amtsantritt, Chinas Einfluss in Nahost und in Afrika mittels massiver Investitionen zu vergrößern.
Atelier von Künstler Ai WeiWei abgerissen
Neben Sun steht auch der regierungskritische Künstler Ai WeiWei im Fokus der chinesischen Behörden. Am Freitag wurde das Pekinger Atelier des in Deutschland lebenden Konzeptkünstlers ohne Vorwarnung abgerissen. Auf Videos beim Online-Bilderdienst Instagram zeigte Ai Weiwei am Freitag, wie ein Bagger die großen Fenster des Ateliers von außen durchbrach. "Leb wohl", schrieb er.
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Bereits seit 2006 sei das Gebäude im "ostdeutschen sozialistischen Stil" sein Hauptatelier gewesen. Der Regierungskritiker verließ China vor drei Jahren, inzwischen lebt er in Berlin. Im Jahr 2011 war Ai Weiwei wegen seiner Kritik an der Führung in Peking für 81 Tage eingesperrt worden. Sein Reisepass wurde vier Jahre lang einbehalten. Als er das Dokument 2015 zurückerhielt, zog er nach Berlin.
- AFP