Newsblog zum Krieg in Nahost Wadephul: Wir haben einen Trumpf in der Hand

Israel weiß nicht, wo der Iran sein Uran derzeit lagert. Irans Staatschef warnt die USA vor neuen Angriffen. Alle Entwicklungen im Newsblog.
Inhaltsverzeichnis
Freitag, 27. Juni
USA wollen Iran offenbar Milliarden-Deal vorschlagen
In der Trump-Regierung wird offenbar erörtert, dem Iran bis zu 30 Milliarden Dollar für den Aufbau eines zivilen Atomprogramms zu geben, die Sanktionen zu lockern und Milliarden von Dollar an gesperrten iranischen Geldern freizugeben. Voraussetzung ist, dass das Mullah-Regime an den Verhandlungstisch zurückkehrt, berichtet CNN und beruft sich auf vier mit der Angelegenheit vertraute Quellen. Es seien auch während der Angriffe auf den Iran Gespräche geführt worden. Beamte der Trump-Regierung betonten gegenüber dem Sender, dass mehrere Vorschläge unterbreitet wurden. Sie seien vorläufig, wobei eine einzige Bedingung nicht verhandelbar ist: keine iranische Urananreicherung, die der Iran immer wieder gefordert hat.
Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi bestätigte zwar den Austausch mit mehreren Kollegen, zeigte sich gegenüber neuen Atomverhandlungen mit den USA allerdings zurückhaltend. "Aber was die Verhandlungen mit den USA betrifft, so evaluieren wir gerade, was das Beste für unsere nationalen Interessen ist", sagte er dem Staatssender IRIB. Bislang gebe es weder Pläne noch Zusagen für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen.
Israel: Wissen nicht, wo das iranische Uran ist
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hat gesagt, Israel habe seinen Krieg gegen den Iran begonnen, ohne zu wissen, ob US-Präsident Donald Trump sich an der Offensive beteiligen würde. Er betonte im Sender Channel 12 jedoch, dass Israel zuversichtlich gewesen sei, dass die USA bei der Verteidigung des Landes helfen würden. "Bei der Verteidigung wussten wir, dass sie [die USA] uns zur Seite stehen - und sie haben eine großartige Arbeit geleistet", sagte Katz.
Katz gab auch zu, dass Israel nicht weiß, wo sich das gesamte angereicherte Uran des Irans befindet, behauptete aber, dass seine Militärschläge die Anreicherungskapazitäten Teherans zerstört haben. "Das Uran selbst, das Material, war nicht das Ziel des Angriffs", sagte er. Katz wiederholte seine Äußerungen gegenüber anderen Nachrichtenagenturen und sagte, Israel hätte den Obersten Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, ermordet, "wenn wir ihn im Visier gehabt hätten".
Donnerstag, 26. Juni
Wadephul sieht Trumpf gegen den Iran
Bundesaußenminister Johann Wadephul sieht Europa im Konflikt um das iranische Atomprogramm in einer Vermittlerrolle. "Wir haben einen echten Trumpf", sagt Wadephul in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". Dies sei der sogenannte Snapback-Mechanismus, der es den Europäern ermögliche, den Iran jederzeit wieder schärfer zu sanktionieren, sollte die Regierung keine Kompromissbereitschaft zeigen. "Das werden wir gemeinsam abgestimmt nutzen", sagt der CDU-Politiker mit Verweis auf die Regierung in Washington. Die E3-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien stünden in Kontakt mit den USA sowie dem Iran. Klar sei, dass der Konflikt nur diplomatisch gelöst werden könne. Im Übrigen seien er und Bundeskanzler Friedrich Merz diesbezüglich völlig einer Meinung. Mehr zu Wadephuls Auftritt bei "Illner" können Sie hier lesen.
Irans Außenminister: Keine Pläne für Verhandlungen mit USA
Der iranische Außenminister hat sich zurückhaltend über mögliche erneute Atomverhandlungen mit den USA geäußert. Die Diplomatie gehe weiter, er habe Kontakt mit mehreren Außenministern gehabt und man tausche sich aus, sagte Abbas Araghtschi dem Staatssender IRIB. "Aber was die Verhandlungen mit den USA betrifft, so evaluieren wir gerade, was das Beste für unsere nationalen Interessen ist", sagte Araghtschi. Bislang gebe es weder Pläne noch Zusagen für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen.
Über die Schäden an den iranischen Atomanlagen nach den israelischen und US-Angriffen sagte er, diese seien "erheblich". Es war das erste Mal, dass sich ein hochrangiger Regierungsvertreter zu den Folgen der Angriffe auf das Atomprogramm äußerte und solche eingestand.
Irans Staatschef meldet sich erstmals wieder zu Wort
Irans oberster Führer hat sich erstmals seit Inkrafttreten der Waffenruhe mit dem Erzfeind Israel an die Nation gewandt – und zugleich eine Drohung an die USA gerichtet. Vergeltungsschläge gegen US-Stützpunkte wie nach den US-Bombardierungen iranischer Atomanlagen könnten sich in Zukunft wiederholen, sagte Ajatollah Ali Chamenei in einer Fernsehansprache. "Im Falle eines Angriffs wird der Feind, wird der Angreifer gewiss einen hohen Preis zahlen müssen", sagte der 86-Jährige. Chamenei meldete sich damit erstmals nach mehr als einer Woche zu Wort.
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Unterdessen stimmte Irans Wächterrat, ein mächtiges Kontrollgremium, der vorübergehenden Aussetzung der Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zu. Die Zustimmung gilt als wichtiger Schritt, ehe das Gesetz in Kraft tritt. Am Mittwoch hatte das Parlament beschlossen, so lange keine IAEA-Inspektoren ins Land zu lassen, bis die "Sicherheit" der nuklearen Anlagen gewährleistet ist. Dazu müsse die Organisation die Angriffe der USA und Israels auf die Nuklearanlagen verurteilen und das Atomprogramm anerkennen, sagte Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf.
Die IAEA habe Kenntnis von den Berichten über diese Vorgänge, teilte ein Sprecher der Organisation in Wien mit. "Bislang hat die IAEA keine offizielle Mitteilung des Iran zu dieser Angelegenheit erhalten", sagte er. Am vergangenen Wochenende waren die USA in den Krieg zwischen Israel und dem Iran eingetreten und hatten unter anderem die unterirdische Atomanlage Fordo mit bunkerbrechenden Bomben angegriffen. Wie stark die Anlagen bei den Luftangriffen beschädigt wurden, ist laut Experten bislang unklar. Am Dienstag verkündete US-Präsident Donald Trump dann überraschend eine Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran, die bis heute hält.
Israel setzt Zugang für Gaza-Hilfslieferungen für zwei Tage aus
Israel hat die Hilfslieferungen für den Gazastreifen für zwei Tage ausgesetzt, um eine Beschlagnahmung der Güter durch die radikal-islamische Hamas zu verhindern. Dies teilte ein Regierungsvertreter am Donnerstag mit, nachdem Bilder von bewaffneten Männern auf Hilfslastwagen für Aufsehen gesorgt hatten. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe das Militär angewiesen, innerhalb von zwei Tagen einen Plan vorzulegen, wie die Kontrolle der Hilfsgüter durch die Hamas verhindert werden könne, hieß es am späten Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung mit Verteidigungsminister Israel Katz.
Die Entscheidung sei getroffen worden, nachdem neue Informationen darauf hingedeutet hätten, dass die Hamas für Zivilisten im Norden des Gazastreifens bestimmte Hilfsgüter an sich reiße, hieß es weiter. Die Erklärung nannte keine Details. Ein am Mittwoch verbreitetes Video zeigte aber Dutzende maskierte Männer auf Lastwagen, einige mit Gewehren, die meisten jedoch mit Stöcken bewaffnet.
Die Hohe Kommission für Stammesangelegenheiten, die einflussreiche Clans in dem Gebiet vertritt, erklärte hingegen, die Lastwagen seien im Rahmen eines Sicherheitsprozesses für Hilfsgüter geschützt worden. Es habe sich bei den Männern nicht um Hamas-Kämpfer gehandelt. Keine palästinensische Fraktion, ein Verweis auf die Hamas, habe sich an dem Prozess beteiligt. Die Clans sind seit langem ein fundamentaler Bestandteil der Gesellschaft im Gazastreifen. Die Hamas bestritt ebenfalls jegliche Beteiligung. Die militante Gruppe regiert den Gazastreifen seit mehr als zwei Jahrzehnten, kontrolliert nach fast zwei Jahren Krieg mit Israel aber nur noch Teile des Gebiets.
Viele Festnahmen im Iran nach Krieg mit Israel
Nach dem Inkrafttreten einer Waffenruhe zwischen dem Iran und Israel hat der iranische Geheimdienst Berichten zufolge 26 Menschen wegen des Vorwurfs der Zusammenarbeit mit Israel festgenommen. Die meisten von ihnen hätten "ihre Taten gestanden", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Fars am Mittwoch eine Erklärung des Geheimdienstes Hasrat Wali Asr Korps. Dazu gehörten demnach angebliche "sicherheitsfeindliche Aktivitäten, die Verbreitung von Angst in der Öffentlichkeit und Sabotageakte".
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters