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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Historiker Slobodian "Das Schlimmste ist eingetreten"

Donald Trump setzt Amerika an erste Stelle, dort führen seine Anhänger einen Kulturkrieg, der nicht nur den USA gewaltig schaden könnte. Historiker Quinn Slobodian erklärt, woher die Wut der Rechten stammt.
Der US-Präsident rumpelt und poltert in der Welt- und Wirtschaftspolitik. Das tut Donald Trump aus gutem Grund, sagt Historiker Quinn Slobodian. Denn Aufmerksamkeit sei Trumps Geschäftsgrundlage. Zugleich trägt Trumps "Make America Great Again"-Bewegung einen Kulturkrieg in den Vereinigten Staaten aus, dessen Wurzeln bis zum Sieg des Kapitalismus über die Sowjetunion zurückreichen.
Was hat der Neoliberalismus mit dem Aufstieg des Rechtspopulismus zu tun? Warum bedroht der Kulturkrieg von rechts den Wohlstand Amerikas? Und welche Ziele verfolgen Trumps ultrarechte Anhänger? Diese Fragen beantwortet Quinn Slobodian, Autor des aktuellen Buches "Hayek's Bastards", im Gespräch.
t-online: Professor Slobodian, was für ein Kapitalist ist Donald Trump eigentlich?
Quinn Slobodian: Trump ist ein Entertainer durch und durch. Jetzt moderiert er eine Reality-Show direkt aus dem Weißen Haus. Und Reality-Shows leben eben von Konflikten. Trump braucht ständig Streit und Fehden. Das verschafft ihm viel Aufmerksamkeit und sorgt dafür, dass er stets im Rampenlicht steht. An dieser Stelle ist ein zweiter Faktor wichtig: Trump hat seine Karriere einst als Immobilienentwickler begonnen. Auch das wirkt bei ihm nach.
Dabei war seine Karriere im Immobilienbereich nicht durchweg erfolgreich?
Trumps Bemühungen, Dinge wie Kasinos zu bauen, waren tatsächlich eher Fehlschläge. Mitte der Neunzigerjahre hatte er einen riesigen Schuldenberg aufgetürmt, woraus Trump seine Schlüsse gezogen hat. Heute handelt er hauptsächlich mit der Marke Trump. Er verkauft Interessenten auf der ganzen Welt das Recht, den Namen "Trump" auf ihren Gebäuden anzubringen. Trump ist genau diese Art Kapitalist, er betreibt Franchise. Der Wert hängt allerdings vom anhaltenden Prestige der Kernmarke ab – also von Trump.
Ist das ein weiterer Grund für das Stakkato an Verkündigungen und Maßnahmen aus dem Weißen Haus?
Damit die Marke Trump begehrenswert bleibt und ihren Glanz behält, muss er auf eine bestimmte Art und Weise leben und eine überdimensionale Ausstrahlung pflegen. Darauf baut Trumps ganze Existenz. Trump hat zum Beispiel eine hohe Affinität zu den Entwicklungen in Saudi-Arabien: Dort konzentriert man sich auf prestigeträchtige Immobilien, hochkarätige Sportveranstaltungen und die Rohstoffindustrie. Zudem sind auch Hightech-Sektoren wie die Künstliche Intelligenz anschlussfähig. Von KI hat Trump zwar keine Ahnung, aber er hat begriffen, dass sie wichtig ist.
Zur Person
Quinn Slobodian, geboren 1978, lehrt Internationale Geschichte an der Boston University. Der kanadische Historiker ist Experte für die Geschichte des Neoliberalismus und veröffentlichte mit "Globalisten. Das Ende der Imperien und die Geburt des Neoliberalismus" (2019) und "Kapitalismus ohne Demokratie. Wie Marktradikale die Welt in Mikronationen, Privatstädte und Steueroasen zerlegen wollen" (2023) viel beachtete Bücher zum Thema. Am 15. April 2025 erschien mit "Hayek's Bastards. Race, Gold, IQ, and the Capitalism of the Far Right" Slobodians aktuelles Buch.
Der US-Präsident hat allerdings noch ein weiteres Standbein: Er benutzt das Amt zur Selbstbereicherung.
Ja. Allerdings geht Trump die Sache pragmatisch an: Wenn man die entsprechenden Gesetze ändert, kann es doch weder Korruption noch Diebstahl sein. Trump hat keinerlei Skrupel, ist aber lernfähig. Die Spekulationen auf Kryptowährungen in seiner frühen zweiten Amtszeit sind Neuheiten in seinem Repertoire. Davon versteht Trump überhaupt nichts, aber seine Söhne und Berater sehr wohl. Sie agieren über ihn, um aus dem Nichts riesige Vermögen zu erwirtschaften.
Mit seinen Strafzöllen hat Trump die Börsen weltweit auf Talfahrt geschickt und die Weltwirtschaft schockiert: Wie steht Trump freien Märkten gegenüber?
Trump ist seit einiger Zeit ein großer Kritiker des freien Marktes. Er will die rechtlichen Rahmenbedingungen der Märkte vielmehr so organisiert sehen, dass sie die Anhäufung von persönlichem Reichtum und Einfluss ermöglichen. Die Rolle der Regierung besteht für Trump vor allem darin, diese individuelle Bereicherung zu ermöglichen. In dieser Denkweise ist die Regierung eine Dienerin des Privatsektors, also von schwerreichen Unternehmern. Bisweilen wird behauptet, dass Trump libertäre Züge habe. Das stimmt überhaupt nicht. Im Gegenteil, er verlässt sich stark auf die Unterstützung durch den Staat. Das hat er mit Elon Musk gemeinsam.
Die Globalisierung wird aber Trump auch mit brachialen Mitteln nicht zurückdrehen können?
Das will Trump auch gar nicht, er will nur eine andere Globalisierung. Er gedenkt keineswegs, sich auf die Grenzen der Vereinigten Staaten zu beschränken. Tatsächlich ist Trump sehr daran interessiert, die Beziehungen zu allen Teilen der Welt aufrechtzuerhalten, die für die Produktion der hochwertigen Produkte, die in den USA gefertigt werden, erforderlich sind. Man kann keine vollständig inländische Lieferkette für Mobiltelefone oder Autos haben, irgendwann muss man sich auf ausländische Quellen verlassen. Aber Trump strebt eben bilaterale Beziehungen zu diesen Staaten an. Keine regelbasierte Ordnung soll da ausschlaggebend sein, Trump geht es um die reine Macht.
Trump wird auch viel Macht benötigen, wenn er weiterhin die Herausforderung mit China sucht.
Tatsächlich ist die Auseinandersetzung zwischen den USA und China bemerkenswert. Es handelt sich zunächst um einen wirtschaftlichen Kampf, der dann die Politik hinter sich herzieht. Sowohl für frühere demokratische als auch für aktuelle republikanische Gesetzgeber steht der wirtschaftliche Konflikt mit China im Vordergrund. Dieser Kampf rangiert tatsächlich an erster Stelle, erst dann folgt im Hintergrund die traditionelle Geopolitik in Weltregionen wie Russland und der Ukraine, Israel und Palästina und sogar dem Iran. Das Ziel der Trump-Regierung ist es, China daran zu hindern, eine Supermacht zu werden.
Trump hat zugleich versprochen, Industriearbeitsplätze in hoher Zahl zurück in die USA zu holen: Ist das realistisch?
Grundsätzlich ist das möglich, aber es müsste im Rahmen einer umfassenden Strategie geschehen – beispielsweise in Form von Subventionen und anderen Anreizen. Vor allem müssten die betroffenen Unternehmen die Gewissheit haben, dass die Fabrik, die sie in fünf Jahren fertigstellen könnten, dann noch immer von denselben Schutzmaßnahmen profitiert, die zuvor versprochen wurden. Die Biden-Regierung hat dieses Thema sehr ernst genommen – und nicht nur gefragt, wie Industrien an sich zurückgeholt werden können, sondern speziell solche Industrien, die gut für die Arbeitnehmer sind. Mit anderen Worten: Sie sollten nicht so ausgebeutet werden, wie es bei früheren Modellen der industriellen Produktion in den USA der Fall gewesen ist.
Und dann kam der Wahlsieg von Donald Trump?
In einigen Fällen erzielte die Biden-Regierung – mit ihrem Fokus auf grüne Industrien und die Energiewende – beachtliche Erfolge, bis die Demokraten abgewählt wurden. Das aktuelle Modell der Trump-Regierung hat nichts von dieser umfassenden Qualität. Es ist schlichtweg kurzsichtig, ziemlich willkürlich und sorgt für völlige Unsicherheit unter den Investoren. Die einzigen, die in einer solchen Situation investieren, sind diejenigen, die sich politisch bei Trump einschmeicheln wollen, um ihre Interessen zu vertreten. Zahlreiche Akteure wollen Trumps zweite Amtszeit nutzen, um ihre Ziele voranzutreiben, darunter auch solche, die weit mehr als nur ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgen.
Ihr neues Buch "Hayek's Bastards" befasst sich entsprechend mit Neoliberalismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Worum geht es Ihnen?
Seit Jahren wird behauptet, dass der Rechtspopulismus eine Gegenreaktion auf den Neoliberalismus sei. Diese Annahme ist falsch. Wesentliche Kräfte der neu entstehenden Rechten sind in Wirklichkeit Varianten des Neoliberalismus. Das ist ein entscheidender Unterschied, den ich in meinem Buch deutlich mache.
Der Titel "Hayek's Bastards" bezieht sich auf den österreichischen Ökonomen Friedrich August von Hayek, der als Vordenker des Neoliberalismus und Libertarismus gilt. Warum bezeichnen Sie die oben genannten neuen rechten Kräfte als seine "Bastarde"?
Sie sind "Bastarde" – also illegitime Nachkommen –, weil sie Hayeks Ideen verdreht haben. Was sie daraus gemacht haben, hat wenig mit dem zu tun, was Hayek tatsächlich vertreten hat.
Was ist der entscheidende Unterschied?
Am Ende seines Lebens beschäftigte sich Hayek intensiv mit der Frage, welche Menschen gute Marktakteure seien. Daran schloss sich dann die Frage an, wie sich diejenigen Eigenschaften fördern ließen, die Menschen zu effektiven Wettbewerbern innerhalb eines preisbasierten Systems machen. Dabei spielte die Kultur eine wichtige Rolle – genauer gesagt das, was Hayek als kulturelle Evolution bezeichnete. Mit anderen Worten: Hayek untersuchte, warum bestimmte Teile der Welt reich geworden sind und andere nicht.
Die Kultur spielte also eine entscheidende Rolle in Hayeks Denken?
Hayek kam zu dem Schluss, dass die Anwendung bestimmter Wertesysteme und Moralvorstellungen dafür verantwortlich war, dass einige Teile der Welt mehr Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit genossen. Andere Teile der Welt waren seiner Meinung nach arm, weil ihnen schlichtweg die Fähigkeit fehlte, reich zu sein. Aus diesem Grund wurde Hayek zu einem Apologeten der globalen Ungleichheit.
Schließt sich hier der Kreis zu Hayeks "Bastarden"?
Die Protagonisten meines Buches – und deshalb habe ich sie Hayeks "Bastarde" und nicht einfach seine "Kinder" genannt – griffen diese Idee der menschlichen Unterschiede auf und verdrehten sie. Während Hayek davon ausging, dass Menschen kulturell unterschiedlich sind, rechtfertigen seine "Bastarde" dies nun in vielen Fällen mit Biologie und Genetik. Das öffnete dem Rassismus Tür und Tor. Die deutsche Hayek-Gesellschaft hat sich mittlerweile gespalten, weil einige ihrer Kernmitglieder beschlossen haben, sich mit Nationalisten und Rassisten zu verbünden.
Neoliberalismus und Rassismus haben also eine Allianz gebildet?
Das könnte man so sagen, ja. Hayeks kulturelle Sichtweise auf menschliche Unterschiede ließ noch die Möglichkeit einer Veränderung zu. Aber wenn neue rechte politische Kräfte seine Ansichten verzerren und behaupten, dass Unterschiede in der menschlichen DNA verankert sind? Dann wird es wirklich gefährlich. Denn dann ist es nur noch ein kleiner Schritt, den Glauben an den freien Markt mit dieser Vorstellung von einer feststehenden menschlichen Natur zu verbinden. Entsprechend wurden manche Menschen schnell zu vehementen Gegnern der Einwanderung aus bestimmten Ländern, von Antidiskriminierungsgesetzen und der Gleichstellung der Geschlechter.
Wen betrachten Sie als Hayeks "Bastarde"?
Ihr Einfluss reicht von Javier Milei in Argentinien bis zu Donald Trump in den USA. Interessant ist auch die AfD in Deutschland: Warum haben sich Menschen, die sich hauptsächlich für wirtschaftliche Freiheit und Sparmaßnahmen interessieren, mit Menschen verbündet, für die "kulturelle Reinheit" und sogar rassistische Ideen oberste Priorität haben? Weil sie sich gegenseitig dabei helfen konnten, ihre jeweiligen politischen Ziele zu erreichen.
In den Vereinigten Staaten sind diese Ideologen dank Trumps Wahlsieg nun mächtig geworden.
Das stimmt. Die Geschichte, die ich in meinem Buch untersuche, hilft zu erklären, warum Trump, aber auch so viele andere rechtspopulistische bis rechtsextreme Gruppen so erfolgreich sind. Sie werden im Allgemeinen als eine Bewegung beschrieben, die auf Emotionen wie Hass, Wut und Ressentiment basiert. Das stimmt, aber es gibt auch eine Ideologie innerhalb dieser Bewegungen. Und diese Ideologie hat oft überraschende Ursprünge in Debatten, die man normalerweise nicht mit ihr in Verbindung bringen würde – etwa im Neoliberalismus, der zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Ansätze zur Verteidigung der wirtschaftlichen Freiheit verfolgt hat. Wir müssen besser verstehen, was diese Menschen antreibt.
Die ultrakonservative Denkfabrik Heritage Foundation hat mit ihrem "Project 2025" eine Art Masterplan für die nationalistisch-christliche Umgestaltung der Vereinigten Staaten entwickelt. Ist dies ein weiteres Beispiel dafür, was die "Bastarde" antreibt?
Das "Project 2025" der Heritage Foundation – das eigentlich "Mandate for Leadership" heißt – ist ein perfektes Beispiel dafür, wie sich die Dinge verändert haben. Seit mehr als 40 Jahren veröffentlicht die Heritage Foundation politische Handlungsempfehlungen unter dem Titel "Mandate for Leadership". Die erste dieser "Blaupausen" erhielt Ronald Reagan in den frühen 1980er Jahren. Nun könnte man zu Recht meinen, dass zwischen Ronald Reagan und Donald Trump ein himmelweiter Unterschied besteht, aber dennoch verfasste die Heritage Foundation für beide solche Schriften. Es muss also etwas passiert sein. Hier wird auch deutlich, dass die extreme Rechte am Werk ist.
Wie das?
Sie verfolgen oft einen zweigleisigen Ansatz: Diese Leute betreiben eine parlamentarische und eine außerparlamentarische Strategie. Sie verfügen über Politiker, die sich an die Regeln halten, ins Parlament gehen und dort ihre Reden halten. Daneben haben sie auch eine Art Schocktruppe in einigen europäischen Ländern, die aus jungen, fast paramilitärischen Typen besteht, die bereit sind, Einschüchterung und sogar Formen von Gewalt anzuwenden, um ihre Gegner einzuschüchtern.
Haben Sie Beispiele?
Eine solche Strategie von innen und außen hat sich für Parteien wie Fratelli d'Italia in Italien und Jobbik in Ungarn als recht erfolgreich erwiesen. In ganz Europa gibt es Beispiele für den geschickten Einsatz von Mobilisierungsstrategien, die das Potenzial haben, liberale Prinzipien in der westlichen Welt zu zerstören. Diese Situation ist äußerst gefährlich. Der Flirt mit der extremen Rechten, auf den sich viele neoliberale und libertäre Denker eingelassen haben, trägt dazu bei. Wie weit das biologistische Denken in neoliberale Kreise vorgedrungen ist, lässt sich auch am Beispiel von Charles Murray zeigen.
Charles Murray ist ein amerikanischer Politikwissenschaftler, der wegen seiner Behauptungen über die genetische Disposition von Intelligenz höchst umstritten ist.
Inzwischen ist er auch "F. A. Hayek Chair Emeritus in Cultural Studies" am American Enterprise Institute. Hier haben Neoliberalismus und Biologismus eine gemeinsame Basis gefunden. Murray und der Erfolg seines Buches "The Bell Curve" sind ein Produkt der 1990er Jahre: Die damaligen Fortschritte in der Genetik führten zu der falschen Vorstellung, dass wir in unserer DNA jeweils ein Gen finden würden, das für fast alles verantwortlich ist. Dies hat sich als Irrtum erwiesen. Aber die missverstandene Wissenschaft der Genetik ist zu einem wichtigen Mittel geworden, um bestimmte Ideen der extremen Rechten politisch zu verankern.
Sie wird auch von der Rechten in immer wiederkehrenden Debatten über den Wohlfahrtsstaat verwendet.
In den Vereinigten Staaten argumentierten bestimmte Kräfte, dass Wohlfahrt reine Zeitverschwendung sei, weil einige Menschen – in diesem Fall vor allem Afroamerikaner – einfach weniger intelligent seien als Weiße. Ziel war es, die Erfolge der Bürgerrechtsbewegung zu untergraben und soziale Ungleichheit zu legitimieren: Menschen mit "niedrigeren Intelligenzwerten" sollten nicht auf gleiches Einkommen oder Gleichbehandlung auf dem Arbeitsmarkt hoffen können. Auch Thilo Sarrazins Buch "Deutschland schafft sich ab" ist ein Paradebeispiel dafür, wie mit fadenscheinigen wissenschaftlichen Argumenten der Öffentlichkeit rassistische Ausgrenzung schmackhaft gemacht werden soll.
Doch spätestens mit dem Ende der Sowjetunion hätte der Neoliberalismus saturiert sein müssen: Der Kapitalismus hatte den Kommunismus zweifelsohne besiegt. Warum gab es eine solche Unzufriedenheit in Teilen des neoliberalen Lagers?
Als die kommunistische Bedrohung mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion verschwand, herrschte bei der politischen Rechten ein Gefühl der Orientierungslosigkeit. Es stellte sich eine entscheidende Frage: War der Sieg vollständig? Und wenn nicht, wer war der neue Feind? Sie kam zu dem Schluss, dass ihr Kampf noch nicht vorbei sei. Nun sind aber nicht mehr die Kommunisten in Moskau der Feind, wie das während des Kalten Krieges der Fall war, sondern Menschen, die sich gegen Rassismus und Diskriminierung, für Umwelt- und Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit einsetzen. Das zeigt, dass sich die Kampffront von der wirtschaftlichen in die kulturelle Sphäre verlagert hat.
Wir befinden uns inmitten dieses Kulturkampfs, wie der Umgang der Trump-Administration mit amerikanischen Universitäten wie Harvard zeigt.
Auf jeden Fall. In der Tat sind die meisten Menschen an amerikanischen Universitäten eher linksorientiert. Das ist also keine Einbildung der politischen Rechten. Aber Trump spielt mit dem Feuer, denn seine Regierung und seine Anhänger sind bereit, ihren Kulturkrieg gegen die Linke mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Vereinigten Staaten als Ganzes kollidieren zu lassen. Sie werden die Marke Harvard verbrennen, sie werden möglicherweise das Geschäftsmodell von Apple zerstören, indem sie das Unternehmen zwingen, seine Produkte in den Vereinigten Staaten zu astronomischen Kosten herzustellen.
Sie gehen so weit, nur um den Kalten Krieg ihrer Meinung nach endlich zu gewinnen?
Das Schlimmste ist eingetreten, ja. Nehmen Sie JD Vance, Tucker Carlson, Charlie Kirk und andere: In den vergangenen Monaten ist nichts geschehen, was das Leben des Durchschnittsamerikaners besser gemacht hätte. Diese Leute verfolgen die Demütigung der progressiven Linken als ihr wichtigstes politisches Ziel.
Welche Rolle hat Elon Musk als Vollstrecker der sogenannten Effizienzbehörde Doge in diesem Konflikt gespielt?
Musk diente als nützlicher Idiot. Er wurde von verschiedenen Leuten im Weißen Haus erfolgreich eingesetzt, um Feuer zu legen und bestimmte Ziele in diesem Kulturkrieg zu erreichen. Allerdings scheint Musk seine Rolle und Bedeutung für die Trump-Administration falsch eingeschätzt zu haben, wie sein jüngster öffentlicher Schlagabtausch mit Donald Trump gezeigt hat.
Professor Slobodian, vielen Dank für das Gespräch.
- Persönliches Gespräch mit Quinn Slobodian via Videokonferenz