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Wahl in Spanien: Pedro Sánchez muss mit Nationalisten verhandeln


Nach Parlamentswahl in Spanien
Sozialisten müssen jetzt mit Nationalisten verhandeln

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 29.04.2019Lesedauer: 4 Min.
Pedro Sanchez: Der spanische Ministerpräsident muss jetzt mit Nationalisten verhandeln.Vergrößern des BildesPedro Sanchez: Der spanische Ministerpräsident muss jetzt mit Nationalisten verhandeln. (Quelle: Reuters-bilder)
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In Spanien feiert die sozialistische PSOE von Ministerpräsident Pedro Sánchez den Wahlsieg. Doch es zeichnet sich eine schwierige Regierungsbildung ab – erstmals seit Jahrzehnten werden Rechtsextreme im Parlament sitzen.

Mit ihrem besten Stimmenergebnis seit elf Jahren haben die Sozialisten unter Ministerpräsident Pedro Sánchez die Parlamentswahl in Spanien klar gewonnen. Dennoch verfehlte die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) die absolute Mehrheit nach Auszählung praktisch aller Stimmen mit knapp 28,7 Prozent deutlich. Während die Konservativen ein Debakel erlebten, zieht erstmals seit Jahrzehnten eine rechtspopulistische Partei ins Parlament ein: Die erst 2013 gegründete Formation Vox bestätigt damit einen Trend, der sich schon bei Wahlen in anderen EU-Ländern beobachten ließ.

Sánchez stehen nun äußerst schwierige und vermutlich langwierige Koalitionsgespräche mit linken und regionalen Parteien bevor. Diese, zu denen auch die baskischen Nationalisten gehören, gelten teilweise als deutlich rechts.

Es droht eine komplizierte politische Pattsituation wie bereits 2016, als die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone nach zwei Wahlgängen binnen sechs Monaten ein Jahr lang ohne reguläre Regierung blieb.

Konservative Partei auf Platz zwei

Sánchez ist seit Juni 2018 im Amt. Damals stürzte er seinen konservativen Vorgänger Mariano Rajoy per Misstrauensvotum. Die Neuwahl rief er im Februar aus, da die katalanischen Separatisten seiner Minderheitsregierung bei der Abstimmung über den Etatentwurf die Unterstützung entzogen hatten. Bei der vorigen Wahl hatte die PSOE unter Sánchez 22,6 Prozent der Stimmen geholt.

Die konservative Volkspartei PP landete bei der Neuwahl hinter den Sozialisten auf Platz zwei mit 16,7 Prozent – allerdings halbiert sie damit ihr Ergebnis von 2016 und muss überraschend das schlechteste Resultat ihrer Geschichte einstecken. Inwieweit sich das direkt auf den Triumph der Rechtspopulisten zurückführen lässt, war zunächst unklar. Die Zukunft des jungen Parteichefs Pablo Casado (38) ist ungewiss.

Die liberale Partei Ciudadanos erzielte 15,8 Prozent, das Linksbündnis Unidas Podemos 14,3 Prozent und die Partei Vox 10,3 Prozent. Damit zieht die Bewegung, die von spanischen Medien teilweise als rechtsextrem eingestuft wird, mit einer starken Fraktion ins Nationalparlament in Madrid ein. Noch 2016 hatte Vox lediglich 0,2 Prozent der Stimmen bekommen.

Vox-Parteichef Abascal: "Das ist erst der Anfang"

"Wir sind hier, um zu bleiben. Das ist erst der Anfang!", rief Vox-Chef Santigo Abascal am späten Abend einer jubelnden Menschenmenge in der Hauptstadt zu. Die mit Parolen wie "Spanien den Spaniern!" angetretene Partei steht für politischen Autoritarismus, hat viele Anhänger des früheren Diktators Franco in ihren Reihen und nimmt sich die Regierungen in Ungarn und Italien zum Vorbild.

Vox-Politiker kündigten im Wahlkampf an, man wolle kritische TV-Sender schließen und Regeln zum Frauen- und Umweltschutz lockern. Das meiste Kapital schlug die Partei aber aus dem aufkeimenden Nationalismus infolge des Katalonien-Konflikts und aus der Zunahme illegaler Einwanderung, der sie einen Riegel vorschieben will.

Die erst 2013 gegründete Partei, die von manchen Medien in Spanien als rechtsextrem eingestuft wird, setzt sich außerdem für spanisches Kulturgut wie den Stierkampf ein.

Szenarien für die Regierungsbildung

Für die Regierungsbildung sind nun mehrere Szenarien denkbar. Die möglichen Koalitionspartner PSOE und Podemos kommen zusammen auf 165 Abgeordnete. Damit fehlen dem linken Lager zur absoluten Mehrheit elf Sitze. Um Ministerpräsident zu bleiben, müsste sich Sánchez folglich wohl nicht nur mit Unidas Podemos einig werden, sondern auch mit kleineren Regionalparteien in schwierige Gespräche treten.

"Wir werden daran arbeiten, die Bildung einer linken Regierungskoalition zu erreichen, aber davor müssen wir über vieles reden, über sehr vieles", sagte Unidas-Podemos-Chef Pablo Iglesias. Den Parteien des rechten Spektrums (PP, Ciudadanos und Vox) fehlen zusammen sogar 29 Sitze zur Regierungsmehrheit.

9 Prozent mehr Wahlbeteiligung

Die Wahlbeteiligung am Sonntag erreichte mit rund 75 Prozent einen der höchsten Werte in der Geschichte der spanischen Demokratie. Bei der Abstimmung im Juni 2016 waren es neun Prozentpunkte weniger gewesen.

Jahrelange politische Instabilität und wachsende Sorgen um die Zukunft trieben die Spanier offenbar trotz sonnigen Ausflugswetters in Massen in die Wahllokale. "Die Situation in unserem Land ist so besorgniserregend wie lange nicht mehr, heute darf niemand der Wahl fernbleiben", sagte Rentner Orlando, der "die 80 schon vor langer Zeit gefeiert" hat, nach der Stimmabgabe in Madrid der Deutschen Presse-Agentur. Die Ehefrau des früheren Griechisch-Professors, Cándida, drückt es noch deutlicher aus: "Spanien steht vor dem Zusammenbruch."

Vielerorts bildeten sich lange Schlangen. Gerade auch ältere Menschen strömten in die etwa 23.000 Wahllokale – wie die 100 Jahre alte Rafaela Mira Carratalá in Alicante. Sie sei am Sonntagmorgen zu Hause zweimal gestürzt, und dennoch habe sie nie in Erwägung gezogen, ihre Stimme nicht abzugeben, betonte sie vor Journalisten: "Ich habe alles erlebt, Republik, Bürgerkrieg (1936–1939), habe meinen Mann im Gefängnis besucht und unter der Diktatur (bis 1975) gelitten. Daher stimme ich seit der Rückkehr der Demokratie immer ab. Für ein besseres Leben, für den Frieden."

Politiker verschiedener Parteien, darunter Oppositionsführer Pablo Casado, sprachen von der "wichtigsten Wahl, an die man sich erinnern kann". Denn die Liste der Probleme ist lang, allen voran: Der Konflikt in Katalonien, drohender politischer Stillstand, erste Anzeichen einer Konjunkturabschwächung bei anhaltend hoher Arbeitslosigkeit sowie die zunehmende Migration.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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