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Tucker Carlson Show bei russischem Streamingdienst im Angebot


"Tucker. Rossiya 24"
Ein Streaming-Angebot für Putin


22.05.2024Lesedauer: 4 Min.
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Eine Show für das russische Publikum: Tucker Carlson ist auf einer Propaganda-Streaming-Plattform im Angebot (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Eine Show für das russische Publikum: Tucker Carlson, auf einer Propaganda-Streaming-Plattform im Angebot (Archivbild). (Quelle: IMAGO/Brian Cahn)

Der umstrittene rechte US-Kommentator Tucker Carlson taucht mit seiner Show bei der russischen Streaming-Plattform des Kreml auf. Er selbst gibt sich ahnungslos und bestreitet einen Deal.

Bastian Brauns berichtet aus New York

In Russland ist der amerikanische Kommentator und Trump-Freund Tucker Carlson schon lange ein gern gesehener Gast. Denn er verbreitet verlässlich Inhalte in den USA, die direkt aus der Propaganda-Abteilung des Kremls zu stammen scheinen. Immer wieder spielten die Sender des russischen Staatsfernsehens darum in den vergangenen Jahren Ausschnitte aus den Sendungen von Tucker Carlson ab – besonders dann, wenn er die Ukraine-Unterstützung der US-Regierung kritisierte und etwa behauptete, Amerika unterhalte dort Biowaffenlabore.

Seit einiger Zeit aber präsentiert der russische Streamingdienst "smotrim" die Folgen von Tucker Carlsons Show unter dem Titel "Tucker. Rossiya 24" vollständig. Professionell übersetzt, können sich insgesamt mehr als 35 Millionen Nutzer den Amerikaner in russischer Synchronisation bei "smotrim" ansehen. Es handelt sich für russisches Publikum zwar nicht um neue Inhalte, sondern um bereits in den USA gesendete Episoden von Tucker Carlsons amerikanischer Show. Dass ein amerikanischer Kommentator in Russland aber eine eigenen "Sendeplatz" bekommt, ist außergewöhnlich, wenngleich nicht verwunderlich.

Denn bei "smotrin" wird Tucker Carlson in der Beschreibung der synchronisierten Sendung angepriesen als jemand, der "die US-Regierung von Beginn aktiv dafür kritisiert hat, der Ukraine geholfen zu haben". Genau der richtige Inhalt also für die russische Bevölkerung, die von der eigenen Regierung seit mehr als zwei Jahren über die wahren Gründe des völkerrechtswidrigen Krieges gegen das Nachbarland belogen wird.

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Was steckt hinter der Russland-Show von Tucker Carlson?

Der russische Streamingdienst "smotrim" existiert seit dem Jahr 2020 und gehört zur staatlichen Mediengesellschaft "WGTRK", die einst aus dem sowjetischen Staatsrundfunk hervorgegangen ist. Andere amerikanische Politik-Kommentatoren sucht man bei "smotrim" vergeblich. Die Plattform bietet ansonsten russische Staatsnachrichten, Talk -und Unterhaltungshows, Fernsehserien, Filme, Dokumentationen und Livestreaming der mehr als 20 russischen staatlichen Fernseh- und Radiosender. Tucker Carlson ist eine bemerkenswerte Ausnahme.

Über die "neue" Show von Tucker Carlson in Russland hatte zuerst die russische Staatszeitung "Rossiyskaya Gazeta" berichtet– ein Propagandamedium, das die Europäische Union neben drei weiteren Medien erst vor wenigen Tagen verboten und dessen Verbreitung gestoppt hat. Auch in den USA ist die Webseite von "Rossiyskaya Gazeta" derzeit nicht aufrufbar.

Seitdem Tucker Carlson beim amerikanischen TV-Sender Fox News hinausgeschmissen wurde (Grund soll unter anderem seine Putin-Nähe gewesen sein), sendet der Kommentator seine Show auf der Nachrichtenplattform X von Elon Musk, auf seinem Youtube-Kanal und als Abo-Modell auf seiner eigenen Webseite. Dort finden sich unter anderem Interviews mit Donald Trump, Wladimir Putin und dem neuen argentinischen Präsidenten Javier Milei.

Die brisante Frage, die sich jetzt viele stellen: Verdient Carlson sein Geld jetzt mit den mehr als 35 Millionen russischen Nutzern von "smotrim"? Die amerikanische Zeitung "Newsweek" legte zunächst nahe, dass der Kommentator die Show in Russland selbst gestartet habe und schrieb von einem "Deal" mit dem russischen Staatsstreamingdienst.

Carlson soll ahnungslos gewesen sein

Tucker Carlsons Geschäftspartner Neil Patel widersprach dieser Darstellung in einem Statement. "Das Tucker Carlson Network hat in keinem Land Verträge mit staatlichen Medien abgeschlossen." Er kritisierte die Berichterstattung von Newsweek, die sich vor der Veröffentlichung nicht bei ihm oder Carlson nach den Gegebenheiten erkundigt hätten.

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Eine Art Liebesbeweis von Putin

Auf Anfrage einer CNN-Journalistin äußerte sich dann auch Tucker Carlson zu den Vorgängen in den russischen Medien. " Das sind natürlich alles Fake News, wie die meisten Geschichten in den amerikanischen Nachrichtenmedien. Selbstverständlich habe ich keine Partnerschaft mit Russland." Er selbst habe davon überhaupt erst jetzt erfahren, so Carlson.

Ob der US-Kommentator gegen diese angebliche Überraschung rechtlich vorgehen will, ist derzeit nicht bekannt. Sollte es wirklich keinen geschäftsmäßigen Deal mit der russischen Streamingplattform geben, könnte Carlson zumindest versuchen, gegen eine derartige Lizenzverletzung offiziell vorzugehen. Aber ob es Tucker Carlson gefällt oder nicht – Putins Propagandamaschine hat ihn spätestens jetzt zum amerikanischen Vorzeigestar der Kreml-Diktatur gemacht. Es ist ein Liebesbeweis der russischen Art.

Nicht ohne Grund sind bei "smotrim" nicht nur das diesen Februar geführte Interview von Carlson mit dem russischen Präsidenten zu sehen, sondern auch ein langes Gespräch mit Alexander Dugin. " Putins Philosoph gilt als einer der schlimmsten ideologischen und nationalistischen Scharfmacher, die der Kreml zu bieten hat. Bei Tucker Carlson darf er zum Plausch auf dem Sofa Platz nehmen.

In der russischen Beschreibung des vollständig übersetzten Interviews ist zu lesen: "Westliche Politiker hassen Russland nicht nur. Die Hauptaufgabe der Anführer der sogenannten liberalen Welt ist die Zerstörung traditioneller Werte. Darüber sprach der Philosoph Alexander Dugin in einem Interview mit Tucker Carlson." Es ist eine Begegnung, die Putins Geschmack und den seines Medienapparats offenbar ins Herz getroffen hat.

Kein Wunder, denn Alexander Dugin wurde wegen seiner kruden und menschenverachtenden Theorien von Tucker Carlson nicht etwa konfrontiert. Dugin konnte sich freuen, dass Carlson im Grunde nur gekommen war, "um dazuzulernen und zuzuhören", statt mit vorgefertigtem Schwarz-Weiß-Denken nur vorzuverurteilen. Warum die westlichen Gesellschaften so in Unruhe seien, fragte Carlson etwa.

Dugin brauchte nur seine Propaganda-Maschine anzuwerfen und etwa über Schwule, Lesben und Transgender herzuziehen. Die LGBTQ-Bewegung sei ihm zufolge eine Vorstufe einer laufenden "Entmenschlichung" in liberalen, westlichen Gesellschaften. Künstliche Intelligenz sei dann die letzte Stufe. Carlson antworte darauf: "All diese Dinge geschehen und sie sind furchterregend."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Webseite des russischen Staatsstreamingdienstes smotrim.ru
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