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Politiker zu Echo-Skandal: "Die Veranstalter haben versagt"


Politiker reagieren auf Echo-Skandal
"Rechtsextremes Gedankengut ist salonfähig geworden"

Von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 17.04.2018Lesedauer: 4 Min.
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Kollegah und Farid Bang erhalten den Echo Hip-Hop/Urban National: Die Rapper stehen wegen antisemitischen Zeilen auf ihrem neuen Album in der Kritik. (Quelle: dpa-bilder)

Deutschland diskutiert über den Echo-Skandal um die Rapper Kollegah und Farid Bang. Nun melden sich auch Politiker von SPD und Grünen zu Wort – und fordern Konsequenzen.

Nach der Echo-Preisverleihung und den Antisemitismus-Vorwürfen gegen die Rapper Kollegah und Farid Bang mehren sich auch die kritischen Stimmen aus der Politik, die Veränderungen bei dem Musikpreis Echo fordern. "Die Veranstalter des Echo haben versagt", sagte Martin Rabanus, Sprecher für Kultur und Medien der SPD-Bundestagsfraktion, zu t-online.de. "Der Echo muss insgesamt neu aufgesetzt werden. Offensichtlich sind die Kriterien dieser Preisverleihung nicht geeignet, um antisemitische, fremdenfeindliche und menschenverachtende Werke auszuschließen." Die Texte von Kollegah und Farid Bang hätten die Grenze der Kunstfreiheit deutlich überschritten. Es sei falsch, dass der Echo-Beirat dies toleriert habe.

"Großes Problem"

Das Rap-Duo Kollegah und Farid Bang war für Passagen ihres Albums "Jung, Brutal, Gutaussehend 3" in die Kritik geraten. Antisemitische Textzeilen wie "Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen" und "Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm' an mit dem Molotow" hatten für Entsetzen gesorgt.

Das Thema Jugendschutz im Bereich Hip-Hop-Musik sieht der SPD-Politiker allgemein kritisch. "Wir haben ein großes Problem. In der Jugendkultur ist offensichtlich rechtsextremes Gedankengut angekommen und salonfähig geworden", sagte Rabanus. "Das muss uns Sorgen machen. Wir müssen die politische Bildung stärken, um dieser Tendenz etwas entgegenzuhalten."

Im Zusammenhang mit dem Jugendschutz wird immer wieder über Verbote bestimmter Songpassagen im Hip-Hop diskutiert. Hier kommt die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) ins Spiel, die Inhalte indexieren kann. "Wir haben einen umfangreichen Katalog an Tatbeständen, der auch bei Hip-Hop-Musik funktioniert", sagte BPjM-Vorsitzende Martina Hannak zu t-online.de.

Langsame Indexierung

Die mögliche Indexierung von Musik ist in Deutschland allerdings ein langwieriger Prozess. Die Prüfstelle kann nur auf Antrag tätig werden, der von allen Jugendbehörden in Deutschland kommen kann. "Wir können nicht von Amtswegen tätig werden. Das Werk eines Künstlers muss außerdem erst einmal auf dem Markt sein, damit wir es prüfen können", erklärt Hannak. "Es ist immer eine umfangreiche Abwägung zwischen Jugendschutz und Kunstfreiheit, aber oft geht die Entscheidung zugunsten des Jugendschutzes aus."

Bessere politische Bildung

Vertrauen in die BPjM hat auch Erhard Grundl, Abgeordneter von Bündnis 90/ Die Grünen und Mitglied des Ausschusses für Kultur und Medien im Bundestag: "Beim Thema Jugendschutz in Verbindung mit Hip-Hop müssen wir immer von Einzelfall zu Einzelfall entscheiden. Es ist eine juristische Frage und wenn etwas jugendgefährdend ist, gehört es natürlich auf den Index. Mit der Bundesprüfstelle haben wir hier ein funktionierendes Element", sagte Grund zu t-online.de.

Grundl glaubt, dass sich die Politik bei der Regulierung von Musik "zurückhalten" sollte. "Antisemitismus wie bei Kollegah muss man nicht noch durch einen Preis unterstützen – ganz klar", sagt Grundl. "Aber ich rate zur Zurückhaltung. Es ist ein sensibles Spannungsfeld zwischen Kunstfreiheit und Jugendschutz." Auch SPD-Politiker Rabanus sieht weniger die Politik und die Prüfstelle in der Pflicht: "Der Schutz unserer Werte und Ideale geht über politische Bildung besser, als über zusätzliche Paragrafen im Jugendschutzgesetz."

Kein Wunder, dass die Politik zurückhaltend reagiert. Die Musikbranche ist ein ernst zu nehmender Wirtschaftszweig. Das umstrittene Album "Jung, Brutal, Gutaussehend 3" der Rapper Kollegah und Farid Bang wurde für über 200.000 Verkäufe mit Platin ausgezeichnet und rund 30 Millionen Mal gestreamt.

Typisches Stilmittel?

Auch der Echo-Beirat entschied, die beiden Musiker nicht aus der Liste der Nominierten zu streichen. Die umstrittenen Textzeilen wurden durch den Beirat geprüft und als verbale Provokation und somit als typisches Stilmittel im Battle-Rap bewertet. Am Ende erhielten Farid Bang und Kollegah den Preis in der Kategorie "Hip-Hop/Urban National" für ihr Album verliehen.

Der Sprecher des Beirats des Musikpreises Echo hat die Entscheidung, die Nominierung der Rapper Kollegah und Farid Bang nicht zu kippen, verteidigt. "Grenzüberschreitungen sind nicht akzeptabel, aber sie sind ein Teil der Musikkultur", sagte der CDU-Politiker Wolfgang Börnsen der Deutschen Presse-Agentur.

Bei der Echo-Verleihung geht es in erster Linie um gute Verkaufszahlen. Dies wird auch aus Kreisen der Politik scharf kritisiert. Grünen-Politiker Grundl glaubt, dass es beim Echo nur um den "Kommerz" und nicht um das "Künstlerische" ginge. "Der Echo ist eine Selbstbeweihräucherung der Musikindustrie und ein Kommerzpreis", so Grundl. "Das Selbstverständnis der Musikbranche ist, dass das gut ist, was sich gut verkauft. Das muss sich ändern."

Stars geben Preise zurück

Dass nun vermehrt Stars ihre Echo-Preise zurückgeben, beurteilen Rabanus und Grundl als positiv, wenngleich Grundl es gut gefunden hätte, wenn sie "den Preis erst gar nicht angenommen hätten". Rabanus argumentiert: "Ich finde es gut und richtig, dass sich andere Künstler nicht mit Kollegah und Farid Bang gemein machen wollen. Es zeigt, dass der Echo erheblich an Akzeptanz verloren hat."

Unter anderem hatte Klaus Voormann entschieden, den Echo für sein Lebenswerk zurückzugeben. "Ich habe ursprünglich mit Freude den Lebenswerk-Echo angenommen, da man bei mir anscheinend nicht nach Verkaufserfolg und Umsatzzahlen ging, sondern meine künstlerische Leistung würdigen wollte", sagt Voormann nun. "Provokation ist erlaubt und manchmal sogar notwendig, um Denkanstöße zu geben. Aber es darf nicht die Grenze zu menschenverachtenden, frauenfeindlichen, rassistischen, antisemitischen, gewaltverherrlichenden Äußerungen und Taten überschritten werden. Genau diese Attribute treffen im gegebenen Fall zu."

Verwendete Quellen
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