Aufhebung aller Corona-Restriktionen? Ethik-Experte "fassungslos" über Maas-Vorstoß
Außenminister Maas plädiert für ein Ende aller Corona-Restriktionen bereits im August. Der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrates kann das kaum glauben.
Der Erlanger Theologieprofessor und frühere Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, kritisiert Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) für dessen Äußerungen zum Ende der Corona-Maßnahmen. Er sei "fassungslos" gewesen, als er gehört habe, dass Maas sich für eine baldige Aufhebung aller Corona-Einschränkungen ausgesprochen habe, wenn voraussichtlich im August alle Menschen in Deutschland ein Impfangebot bekommen hätten, sagte Dabrock im Bayerischen Rundfunk.
"Ich verstehe einfach nicht, wie man eine Aussage tätigen kann und sagen kann: Wir haben für alle Menschen ein Impfangebot." Dabei würden zehn Millionen Menschen, die nicht geimpft werden könnten, vergessen, sagte Dabrock mit Blick auf die Kinder. Gerade sie müssten von der Gesellschaft geschützt werden.
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Scharfe Kritik auch von Hausärzteverband
Auch der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, kritisiert die Debatte um eine Aufhebung der Corona-Maßnahmen, speziell der Maskenpflicht, deutlich. "Anstatt ständig über neue Themen zu spekulieren, sollten sich lieber alle bemühen, der Impfkampagne den richtigen Schwung zu verleihen", sagte Weigeldt der Düsseldorfer "Rheinischen Post" vom Donnerstag. "Die Maskendiskussion halte ich beispielsweise für verfrüht."
Wenn absehbar sei, "dass eine zweifache Impfung vor Infektion, Erkrankung und Weitergabe der Infektion weitgehend schützt und dafür gibt es viele Hinweise, dann sollten entsprechend Grundrechte zurückgegeben werden", sagte der Hausärztechef. "Gleichzeitig wird es sicherlich bestimmte Hygienemaßnahmen geben, die erst einmal bleiben sollten und manche, etwa gute Lüftungskonzepte, machen auch abseits der Pandemie durchaus Sinn", sagte Weigeldt.
Masken nicht als "Fetisch behandeln"
Ethik-Experte Dabrock plädierte für eine Beibehaltung gewisser Maßnahmen. "Wir müssten eigentlich Masken tragen, auf denen draufsteht: Für die Kinder, aus Solidarität für die junge Generation." Man sollte die Maske nach seinen Worten nicht "als Fetisch behandeln" und an ihr nicht die Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten festmachen.
"Es darf nicht noch ein zweites Katastrophenschuljahr geben", betonte der ehemalige Ethikrat-Vorsitzende. Er erwarte, dass die Politik trotz Wahlkampfs und Sommerpause erkenne: "Wir haben unsere Hausaufgaben bisher nicht gemacht. Es ist nichts vorbereitet für das neue Schuljahr."
Dabrock kritisierte dabei exemplarisch den Umgang mit Luftfiltern. Hier sehe es desaströs aus, die Verantwortung werde von der Bundeskanzlerin über die Länder an die Kommunen weitergeschoben. "Und wer leidet am Ende? Es sind die Kinder." Wenn bis zur Bundestagswahl hier nichts getan werde, werde es eine "erhebliche Quittung" geben.
- Nachrichtenagentur dpa