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Nach gestrichener Richterwahl: Grüne fordern Rücktritt von Jens Spahn


"Ungeeignet, Amt weiter auszuführen"
Nach Wahl-Fiasko: Grüne fordern Rücktritt Spahns

Von afp, reuters, dpa, t-online
Aktualisiert am 11.07.2025 - 16:35 UhrLesedauer: 4 Min.
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Grünen-Politikerin Britta Haßelmann im Video: "Es ist unverantwortlich, was hier getrieben wird." (Quelle: Deutscher Bundestag)
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Die Opposition sieht in der Verschiebung der Richterwahl eine Pleite für die Union. Die Grünen fordern personelle Konsequenzen.

Nach den Plagiatsvorwürfen gegen die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf haben die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD die eigentlich für Freitag vorgesehene Abstimmung über die drei neuen Bundesverfassungsrichter von der Tagesordnung genommen. Vor allem Politiker aus der Opposition melden sich mit scharfer Kritik zu Wort.

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Die Grünen-Co-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann sagte: "Dieser Tag heute ist ein Desaster für das Parlament, ist vor allem ein Desaster für Jens Spahn und Friedrich Merz und mit ihm die Koalitionsfraktionen von CDU, CSU und SPD."

Grüne fordern Konsequenzen für Jens Spahn

"Das ist ein Vorgang, den wir im Deutschen Bundestag zur Wahl von Richterinnen und Richtern zum Bundesverfassungsgericht noch nie erlebt haben", sagte Haßelmann. "Und dafür trägt allen voran Jens Spahn die Verantwortung." Die Fraktion "läuft ihm davon und auch dem Kanzler, und das ist nicht nur ein Ansehensverlust, das beschädigt ihn auch in seiner Autorität als Fraktionsvorsitzender so erheblich, dass ich mich frage, ob er sein Amt ausführen kann", sagte die Grünen-Politikerin.

Später erklärte Haßelmann gemeinsam mit der zweiten Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge schriftlich, dass Spahn und Merz zeigen müssten, dass diese Koalition noch über die notwendige Mehrheit im Bundestag verfüge. "Wir können keine Hängepartie über den Sommer akzeptieren, in der das Land im Unklaren darüber ist, ob wir noch eine stabile Regierung haben", betonten die Grünen-Politikerinnen. Wenn Spahn keine Mehrheiten für Brosius-Gersdorf herstellen könne, sei er als Unionsfraktionschef "gescheitert und ungeeignet, das Amt noch weiter auszuführen".

Auch Grünen-Vorsitzende Franziska Brantner wiederholte diese Kritik. Sie sagte, "dass Jens Spahn entweder nicht fähig oder Willens ist, sein Amt als Fraktionsvorsitzender auszufüllen".

Reichinnek: Den "Rechtsextremen zum Fraß vorgeworfen"

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Andreas Audretsch, sprach auf X von einem "Desaster für die Demokratie". Er wirft Friedrich Merz und Jens Spahn vor, dass sie "die CDU/CSU zum Bettvorleger rechtsextremer Kampagnen" machen. Auch die ehemalige Grünen-Chefin Annalena Baerbock äußerte sich auf X zu dem Fall – und erinnerte damit an eigene Erfahrungen.

Ähnlich äußerte sich Linken-Chefin Heidi Reichinnek: Sie bezeichnete das Verhalten der Union gegenüber Brosius-Gersdorf als "absoluten Skandal". Die Richterkandidatin sei von der Union "Rechtsextremen zum Fraß vorgeworfen" worden.

Später warf sie der Union schriftlich eine Annäherung an die AfD vor. "In trauter Einigkeit mit Rechtspopulisten und Rechtsextremisten hat die Union eine Kampagne gefahren, die nicht weniger als skandalös ist", schrieb sie.

"Beispiellose Schmutzkampagne": Auch Kubicki meldet sich zu Wort

Die Thüringer Justizpolitikerin (Linke), Ulrike Grosse-Röthig, wirft Merz und Spahn in Aussagen gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sogar vor, das Bundesverfassungsgericht beschädigt zu haben. Ihrer Ansicht nach hätte angesichts einer "rechten Kampagne gegen eine respektable Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht" von der CDU-Partei- und Fraktionsführung längst ein Stopp-Signal kommen müssen.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki schrieb auf X: "Spätestens seit heute darf man an der politischen Kompetenz von Friedrich Merz und Jens Spahn zweifeln." Er warf der Union vor, "eine beispiellose Schmutzkampagne" als Ausweg für die Wahl von Brosius-Gersdorf genommen zu haben – statt zu den politischen Bedenken gegen die Kandidaten zu stehen, die es im Vorfeld innerhalb der Partei gab.

Wagenknecht spricht von "peinlicher Blamage"

Auch BSW-Chefin Sahra Wagenknecht meldete sich zu Wort. In der "Bild"-Zeitung spricht sie von einer "peinlichen Blamage für Schwarz-Rot". "Wenn Politik nicht mal einfachstes personalpolitisches Management hinkriegt, dann hat sie das Vertrauen der Bürger auch nicht verdient", erklärte sie weiter.

SPD-Vize-Fraktionschefin Sonja Eichwede sprach von einer gefährlichen Politisierung der Richterwahlen. "Konservative und rechte Kräfte haben in den vergangenen Tagen ein Spiel mit dem Feuer entfacht, das nur schwer zu löschen sein wird." Die Richterwahl für das höchste deutsche Gericht dürfe nicht zur Bühne moralpolitischer Kulturkämpfe verkommen – es geht schließlich um unsere Verfassung. Auch Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) rügte das Vorgehen der Union.

Noch schärfer kritisierte der erste parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Dirk Wiese, den Vorfall. Er nannte die Vorwürfe gegen Brosius-Gersdorf "haltlos" und sprach von "einer Hetzkampagne". Eigentliches Problem sei, "dass die Unionsführung die nötige Mehrheit in ihren eigenen Reihen nicht sicherstellen konnte".

Die AfD sieht nach der Verschiebung der Wahl der neuen Verfassungsrichter eine "Regierungskrise". "Es zeigt sich einmal mehr, dass wir es hier mit einer instabilen Koalition zu tun haben", sagte AfD-Fraktionschefin Alice Weidel. Zugleich zeigte sich Co-Fraktionschef Tino Chrupalla erleichtert, dass die Wahl vorerst nicht stattfand.

Teile der Union meldete im Vorfeld Bedenken an

Die SPD kündigte nach der Unionsentscheidung eine Sondersitzung ihrer Fraktion an, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Sie findet nach Angaben aus der Fraktion noch vor dem geplanten Wahlgang für den Unionskandidaten Günter Spinner für einen der Posten beim Bundesverfassungsgericht statt.

Gegen die Juristin Brosius-Gersdorf hatte es zuvor massive Vorbehalte bei CDU/CSU gegeben, unter anderem wegen ihrer liberalen Haltung beim Thema Abtreibung empfanden einige Unionspolitiker sie als zu progressiv.

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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