Kritik an Koalitionspartner Klingbeil fordert "Führung und Verantwortung" von Union

Die Union wird nach der gescheiterten Wahl von Frauke Brosius-Gersdorfs nicht nur aus der Opposition kritisiert. Auch die SPD macht CDU und CSU Vorwürfe.
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hat nach der gescheiterten Wahl dreier Verfassungsrichter im Bundestag "Führung und Verantwortung" eingefordert. Beides dürfe nicht nur "in Sonntagsreden" angekündigt werden, sagte Klingbeil am Freitag im Plenum bei der abschließenden Debatte zum Bundeshaushalt in dieser Woche. "Sondern wenn hier strittige Abstimmungen sind, muss es auch hier Führung und Verantwortung geben und das muss gezeigt werden."
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Klingbeil formulierte die "klare Erwartung": "Wenn wir dieses Land durch schwierige Zeiten durchmanövrieren (...), dann heißt das auch, dass man manch schwierige Entscheidung mittragen muss." Das sei "der Wert eines Kompromisses, die Werte, die wir in einer Demokratie brauchen", sagte der SPD-Chef weiter und betonte: "Dafür stehen wir." Er wandte sich allerdings weder explizit an den Koalitionspartner CDU/CSU, noch namentlich an Kanzler Friedrich Merz oder Unions-Fraktionschef Jens Spahn (beide CDU).
Union hatte schon länger Vorbehalte gegen Brosius-Gersdorf
Der Bundestag sollte am letzten Sitzungstag vor der parlamentarischen Sommerpause eigentlich über die Neubesetzung von drei freiwerdenden Stellen beim Bundesverfassungsgericht befinden. Die Unionsfraktion forderte aber kurzfristig die Absetzung der Wahl der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf und verwies auf Plagiatsvorwürfe. Gegen die Juristin hatte es schon zuvor massive Vorbehalte aus den Reihen von CDU/CSU unter anderem wegen ihrer liberalen Haltung beim Thema Abtreibung gegeben.
Klingbeil betonte, dass eine solche Position "mehr als legitim in unserem Land" sei. Er forderte Brosius-Gersdorfs Kritiker auf, "andere Meinungen" zu respektieren. "Diese Diskussionen muss eine Gesellschaft aushalten", sagte er mit Blick auf Kontroversen zum Thema Abtreibung.
Auf Antrag der SPD wurde nach der gescheiterten Wahl die Plenarsitzung für eine Sondersitzung der Fraktion unterbrochen. Nach anderthalbstündigen Krisengesprächen brachten Union und SPD einen gemeinsamen Antrag ein, um alle drei für Freitag geplanten Richterwahlen von der Tagesordnung zu nehmen. Dieser wurde mit einer Mehrheit beschlossen.
- Nachrichtenagentur AFP