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Spahn wehrt sich gegen Kritik an Biontech-Begrenzung


"Lager leeren sich schnell"
Spahn wehrt sich gegen Kritik an Biontech-Begrenzung

Von dpa
Aktualisiert am 20.11.2021Lesedauer: 5 Min.
Jens Spahn: Der Gesundheitsminister will verhindern, dass der Impfstoff von Moderna verfällt.Vergrößern des BildesJens Spahn: Der Gesundheitsminister will verhindern, dass der Impfstoff von Moderna verfällt. (Quelle: Political-Moments/imago-images-bilder)
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Der Gesundheitsminister kündigte "Höchstbestellmengen" für den Biontech-Impfstoff an, daraufhin entbrannte Kritik: Er torpediere die Booster-Offensive, sagen Patientenschützer. Nun äußert sich Spahn.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat die viel kritisierte Begrenzung von Bestellmengen beim Corona-Impfstoff von Biontech verteidigt. "Ich weiß, dass diese kurzfristige Umstellung für viele engagierte Helfer vor Ort in den Arztpraxen und Impfzentren viel zusätzlichen Stress bedeutet. Und das bedauere ich ausdrücklich", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Die Nachfrage nach Biontech sei in den letzten zwei Wochen so stark gestiegen, dass sich das Lager sehr schnell leere.

Allein in der neuen Woche würden fast sechs Millionen Dosen an die impfenden Stellen geliefert. Das sei mehr, als es bisher überhaupt an Booster-Impfungen in Deutschland gegeben habe. Aus einer Übersicht des Gesundheitsministeriums zu Impfstofflieferungen geht zudem hervor, dass Deutschland in diesem Monat voraussichtlich fast 8,8 Millionen Dosen Biontech über die Initiative Covax an Drittstaaten spenden wird oder gespendet hat.

Für Biontech sollen Höchstbestellmengen gelten

Mit Biontech und Moderna gebe es zwei exzellente und hoch wirksame Impfstoffe. Von beiden gebe es genug, um bis Jahresende 50 Millionen Menschen zu impfen, sagte Spahn. "Ich kann versprechen, dass jeder, der sich impfen lassen will, einen guten, sicheren und wirksamen Impfstoff bekommt." In manchen Studien zur Wirkung von Auffrischungsimpfungen schneide eine dritte Impfung mit Moderna sogar besser ab als eine mit Biontech.

Ein Schreiben des Ministeriums an die Bundesländer hatte zuvor Kritik ausgelöst. Neben dem Präparat von Biontech/Pfizer solle vermehrt das von Moderna eingesetzt werden. Andernfalls drohten eingelagerte Moderna-Dosen ab Mitte des ersten Quartals 2022 zu verfallen, was aber vermieden werden müsse. Für Biontech sollen daher Höchstbestellmengen definiert werden, wie es in dem Schreiben heißt. Praxen sollen demnach vorerst maximal 30 Dosen pro Woche bestellen können, Impfzentren und mobile Impfteams 1.020 Dosen.

Die Ärzteschaft rechnet mit deutlich erhöhtem Beratungsbedarf in den Praxen, erklärte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). "Das hat zur Folge, dass die meisten Patientinnen und Patienten, die mit Biontech im Rahmen ihrer Grundimmunisierung geimpft wurden, nun – sofern sie über 30 Jahre alt sind – eine Auffrischimpfung mit Moderna erhalten werden", sagte KBV-Vize Stephan Hofmeister.

Harsche Kritik von vielen Seiten

Beide Impfstoffe seien nach vorliegenden Studiendaten und laut der Ständigen Impfkommission (Stiko) gleichwertig. "Trotzdem wird es hohen Erklärungsbedarf geben, der wertvolle Zeit bindet, die für das Impfen dann fehlt", sagte Hofmeister. Dies sei wenig hilfreich, wenn vor allem schnell und viel geimpft werden solle. Generell gewinnen die Impfungen laut KBV an Tempo. Für die nächste Woche seien fast fünf Millionen Dosen bestellt worden. Das sei die bisher größte Menge, die seit dem Start der Impfkampagne in die Praxen geliefert werde.

Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) kritisiert die Ankündigung des Bundes scharf. "Heute erreicht uns vom Bundesgesundheitsminister ohne Rücksprache mit den Ländern die Ansage, dass der Biontech-Impfstoff ab Dezember rationiert und vorrangig ein anderer Impfstoff geliefert werde, damit der Bund seine Lager räumen könne", sagte Hoch am Freitag. Dies gehe völlig an der Realität vorbei und sei unverantwortlich.

Die meisten Menschen in Rheinland-Pfalz würden mit Biontech geimpft und wollten daher auch die Auffrischung mit diesem Impfstoff haben. "Sollte nicht genug Biontech durch den Bund geliefert werden, drohen viele Terminstornierungen und ein massiver Zeitverzug bei der anstehenden Impfkampagne."

Patientenschützer: Spahn "torpediert Boosteroffensive"

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) schloss sich der Kritik an: "Dieser geplante kurzfristige Wechsel der Impfstoffe ist eine Vollbremsung auf gerader Strecke für unsere gerade angelaufene Impfoffensive in Mecklenburg-Vorpommern", sagte Drese auf dem Hausärztetag am Sonnabend in Rostock.

Die Impfkampagne sei auf Biontech ausgerichtet, eine Umstellung auf Moderna koste Praxen und Impfzentren neue Kraft und brauche Zeit, die man nicht habe, sagte Drese. Zudem verspiele man Vertrauen, der Biontech-Impfstoff besitze die höchste Akzeptanz bei den Menschen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgeworfen, in der Corona-Krise das geplante Hochfahren der Auffrischungsimpfungen zu behindern. Hintergrund ist eine Ankündigung des Spahn-Ministeriums, dass die sogenannten Booster-Impfungen verstärkt mit dem Impfstoff von Moderna anstelle von Biontech vorgenommen werden sollen.

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"Während die amtierende Bundeskanzlerin, die Regierungschefs der Länder und der Bundestag die große Boosteroffensive ausrufen, torpediert Jens Spahn das Vorhaben", sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der Deutschen Presse-Agentur. "Denn offensichtlich gibt es nicht genügend frei wählbare Vakzine für die impfwilligen Menschen. Praktisch wird das Angebot ausgebremst."

"Absolut inakzeptabel und zerstört das nötige Vertrauen"

Auch die Kinder- und Jugendärzte in Niedersachsen äußerten Kritik. Die "fehlende Verlässlichkeit" in der Impfstoffbelieferung werde zu immensen Problemen in den Impfsprechstunden der niedergelassenen Ärzte führen, warnte Tilman Kaethner, Landesverbandsvorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte BVKJ. Viele Praxisinhaber hätten für Wochenenden Impfkampagnen geplant. Diese Planungen würden durch die Beschränkungen über den Haufen geworfen, sagte Tilmann am Samstag.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) protestiert ebenfalls gegen die Ankündigung: Das sei inakzeptabel, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in München. Holetschek, der auch Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz der Länder ist, will dies nun auf die Tagesordnung der für Montag geplanten Beratungen setzen. "Das muss besprochen und gelöst werden."

Bund und Länder hätten gemeinsam festgelegt, dass es eine große, gemeinsame Kraftanstrengung beim Impfen brauche, sagte Holetschek. "Diese werden alle Bundesländer mit aller Kraft in Angriff nehmen." Erst- und Zweitimpfungen seien wichtig, besonders aber auch die Booster-Impfungen. Wenn man höre, dass der Biontech-Impfstoff eingeschränkt werden solle, sei das "absolut inakzeptabel und zerstört das notwendige Vertrauen, dass die Bürgerinnen und Bürger in dieser hochdramatischen Lage in uns haben müssen". Nicht nur für die Impfzentren sei dies inakzeptabel, sondern vor allem auch für die Ärzteschaft, die darauf sämtliche Planungen ausgerichtet habe.

Erst drei Millionen Auffrischungsimpfungen

Erst am Donnerstag hatten Bund und Länder bei einer Ministerpräsidentenkonferenz bekundet, die Impfkampagne weiter anfachen zu wollen. Gerade die Booster-Impfungen liefen in den vergangenen Wochen schleppend. Am Dienstag wurden laut RKI 312.000 Spritzen gesetzt – so viele an einem Tag wie seit August nicht mehr, wie Spahn bei Twitter erläuterte. "Die Richtung stimmt, reicht aber noch nicht, um die Dynamik zu brechen."

Insgesamt sind nun mindestens 55,9 Millionen Menschen oder 67,3 Prozent aller Einwohner vollständig geimpft. Eine Impf-Verstärkung mindestens sechs Monate danach haben inzwischen gut drei Millionen Bundesbürger bekommen.

Um die Impfungen stärker anzukurbeln, sollen auch praktische Lösungen her. Ab 16. November könnten Praxen wieder wöchentlich Impfstoff bestellen, nachdem man im Sommer einvernehmlich auf einen Zwei-Wochen-Rhythmus umgestellt habe, erläuterte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Aufgetaute Impfstoffe könnten im Praxis-Kühlschrank dann einen Monat oder länger aufbewahrt werden.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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