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HomePolitikChristoph Schwennicke: Einspruch!

Verfassungsschutz vs. AfD: Kritischer Befund ohne klare Belege?


Verfassungsschutz zur AfD
So geht das nicht


Aktualisiert am 02.05.2025 - 16:22 UhrLesedauer: 2 Min.
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Nachdem der Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat, erklärt Innenministerin Faeser den Schritt. (Quelle: reuters)
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An einem Brückentag hat der Verfassungsschutz sein Urteil über die AfD gesprochen. Das allein ist schon kritikwürdig. Aber noch viel schlimmer ist etwas anderes.

Man muss wirklich kein Verschwörungsfanatiker sein, um festzustellen: Dieser Zeitpunkt ist kein Zufall. An einem Brückentag, an dem die halbe Republik radelt oder im Biergarten sitzt, veröffentlicht der Verfassungsschutz seinen lange erwarteten politischen Schiedsspruch über die AfD und erklärt sie in toto für gesichert rechtsextrem. Mit diesem Timing versucht das Amt erkennbar, so weit wie möglich unter dem Radar der öffentlichen Aufmerksamkeit und Kritik zu bleiben, denn auch die meisten Nachrichtenredaktionen arbeiten an diesem Freitag zwischen dem 1. Mai und dem Sommerwochenende mit geringen Personalbesetzungen. Die Medien sind vielleicht nicht gerade die vierte Gewalt, aber ihre Kontrollfunktion hat zumindest indirekt Verfassungsrang. Insofern versuchen die Verfassungsschützer das einzudämmen, was das Grundgesetz gleich in Artikel 5 ausdrücklich festschreibt.

Das ist der Befund, aber wo sind die Belege?

Das ist aber gar nicht das Schlimmste und Fragwürdigste an diesem Tag. Schlimmer noch als der Durchtauchversuch ist das Missverhältnis von Befund und Belegen. Der Befund ist erheblich: Die AfD ist gemäß den Verfassungsschützern samt und sonders gesichert rechtsextrem. Mit gravierenden Folgen – operativ und politisch. Die Belege hingegen: schütter, dürftig, kursorisch. Da heißt es: "Das ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis", das in der Partei vorherrsche, sei "nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar". Die AfD betrachte etwa Deutsche "mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern" nicht als gleichwertige Angehörige des deutschen Volkes, teilt die Behörde mit. Politiker der Partei agitierten zudem "fortlaufend" gegen Geflüchtete und Migranten.

Mehr ist nicht in der wortkargen Pressemitteilung zu lesen. Und der mehr als tausendseitige Bericht, auf dem diese wenigen Zeilen fußen, bleibt unter Verschluss. Informantenschutz, Sie müssen schon verstehen.

Nein, verstehen wir nicht. Und sollten wir auch nicht verstehen. Mit der Begründung der Verfassungsschützer ließe sich ebenso gut im Nachhinein die Politik von Bundeskanzler Helmut Kohl gegenüber russlanddeutschen Einwanderern (die er bevorzugt einwandern ließ) verfassungsrechtlich infrage stellen. Und auch wenn es seither eine Änderung im Abstammungsrecht gab, so ist ohne eindeutige Belege nicht automatisch verständlich, weshalb die AfD, als Ganzes wohlgemerkt, rechtsextrem ist und damit ein Verfassungsproblem darstellt, wenn sich ihre Funktionäre kritisch bis durchaus menschenverachtend über Migranten äußern. Zumal diese ja in den meisten Fällen noch gar keine "Angehörige des deutschen Volkes" (Formulierung der Verfassungsschützer), dem Wesen nach also weder gleichwertig noch nachrangig sein können.

Diesem Gong muss etwas folgen

Diesem Gong am Brückentag muss etwas folgen. Das Innenministerium muss Belege schnell nachreichen, auf denen der Befund fußt. Am besten den ganzen Bericht. Textpassagen, die Informanten in Gefahr brächten, lassen sich schwärzen. Eine aufgeklärte, pluralistische Demokratie hat ein Anrecht auf Transparenz. Das ist kein Misstrauen gegen die Arbeit der Behörden, im Gegenteil. Die Öffentlichkeit hat aber ein Recht darauf, das Ergebnis deren akribischer Arbeit kennenzulernen und mit dem Befund abzugleichen.

Sonst steht die AfD demnächst in den Umfragen nicht mehr bei 26, sondern bei 30 Prozent.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
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