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Verfassungsschutz-Gutachten: Der AfD drohen jetzt diese Folgen


Neubewertung des Verfassungsschutzes
Jetzt müssen Beamte in der AfD sich Sorgen machen


Aktualisiert am 02.05.2025 - 15:22 UhrLesedauer: 4 Min.
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Nachdem der Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat, erklärt Innenministerin Faeser den Schritt. (Quelle: reuters)
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Die AfD wird sich gegen die Einstufung des Verfassungsschutzes als "gesichert rechtsextremistisch" mit allen Mitteln wehren. Kein Wunder – sie hat empfindliche Folgen für die Partei. Ihr droht nicht nur ein Verbotsverfahren.

Der Zeitpunkt überrascht, der Beschluss eher nicht: Der Verfassungsschutz stuft die AfD als Gesamtpartei jetzt als "gesichert rechtsextremistisch" ein. Auf der Skala der Demokratiefeindlichkeit hat die AfD aus Sicht der Behörde damit die dritte und höchste Stufe erreicht. Bereits 2019 hatte der Verfassungsschutz die Partei zunächst als Prüffall, 2021 dann als Verdachtsfall eingestuft und beobachtet.

Video | So begründet Nancy Faeser die AfD-Einstufung
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Quelle: reuters

Wie gut begründet und juristisch sicher die neue Einstufung ist, lässt sich noch nicht sagen. Nur wenige kennen bisher das wohl rund 1.000 Seiten starke Gutachten, der Presse und der Öffentlichkeit teilt der Verfassungsschutz nur eine kurze Gesamtbewertung mit. Die AfD wird deswegen nun auf Attacke schalten, den Verfassungsschutz angreifen, das Gutachten in Zweifel ziehen und dagegen klagen. Jahre kann ein solcher Rechtsstreit anhalten, wie zuletzt die Verfahren um die Einstufung als Verdachtsfall zeigten.

Mit aller Macht wird die AfD sich auch deshalb wehren, weil die Einstufung als "gesichert rechtsextremistisch" krasse Folgen für sie hat und langfristig gesehen das Ende der Partei bedeuten kann. Vor allem diese fünf Konsequenzen sind dabei relevant und in der Partei gefürchtet:

1. Die Debatte um ein AfD-Verbotsverfahren wird wieder aufleben

Das Gutachten des Verfassungsschutzes hat mit einem Parteiverbotsverfahren offiziell zwar nichts zu tun, gilt aber als wichtige Grundlage für das Gelingen eines solchen Verfahrens. Viele Abgeordnete im Bundestag haben ihre Zustimmung zum Start eines Verbotsverfahrens am höchsten Gericht deswegen bereits vor Monaten von der Neubewertung des Verfassungsschutzes abhängig gemacht. Und erste Wortmeldungen aus der Politik am Freitag zeigen: Vor allem SPD und Grüne werden die Diskussion nun vorantreiben.

Unklar aber ist dabei vor allem, wie die Union sich positioniert. Ohne sie ist im Bundestag in der Frage kaum eine Mehrheit zu erreichen. Und entgegen mancher journalistischer Beiträge, die ein Verbotsverfahren schon als ausgemachte Sache sehen, gilt: Bisher standen CDU und CSU einem solchen Verfahren extrem skeptisch gegenüber, die Zahl der Befürworter im Bundestag lag im einstelligen Bereich. Ob und wie sehr das neue Gutachten das ändert, wird sich erst zeigen müssen. Gerade unter Unionspolitikern ist die Sorge groß, als ängstliche und drakonische Regierungspartei dazustehen, die einer sehr erfolgreichen Oppositionspartei den Garaus macht.

Nicht nur der Bundestag, sondern auch die Bundesregierung und der Bundesrat können eine Prüfung auf Parteienverbot am Bundesverfassungsgericht anstrengen. Dass eine schwarz-rote Bundesregierung unter Friedrich Merz den Schritt noch vor dem Bundestag wagt, darf aber bezweifelt werden.

2. Kein Geld mehr vom Staat?

Auch unterhalb des Verbotsverfahrens kann die Einstufung als gesichert rechtsextrem massive Folgen haben. Der AfD könnte die staatliche Finanzierung gestrichen werden – sie würde damit Zuwendungen in Millionenhöhe und die wichtigste Grundlage für ihre Wahlkämpfe verlieren. Der Schritt klingt weniger invasiv, käme aber ebenfalls einem Ende der Partei gleich.

Gegen die NPD, die heute unter dem Namen "Die Heimat" firmiert, wurden in der Vergangenheit zwei Verbotsverfahren geführt, die aus unterschiedlichen Gründen scheiterten. Anfang 2024 aber entschied das Bundesverfassungsgericht erstmals: Die Partei darf für zunächst sechs Jahre von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen werden, sie ist außerdem nicht mehr von der Erbschafts-, Schenkungs- und Körperschaftssteuer befreit und Spenden an sie sind nicht mehr steuerbegünstigt.

Die Voraussetzungen für ein Streichen der Parteienfinanzierung auf diese Art sind ähnlich, wenn auch nicht komplett identisch, wie bei einem Parteiverbotsverfahren und die Hürden hoch. Der AfD müsste vor Gericht die Verfassungsfeindlichkeit nachgewiesen werden.

Politisch aber könnte dieser Weg einfacher zu begründen und auch für die Union leichter zu beschreiten sein: Schließlich würde man dann nicht von vornherein auf ein komplettes Verbot der Oppositionspartei abzielen, sondern auf das Streichen von Staatsgeldern für Staatsfeinde abstellen. Manch Wähler dürfte diesem Schritt mehr Verständnis entgegenbringen können.

3. Die AfD dürfte an Mitgliedern einbüßen

Beamte, die einen Eid auf das Grundgesetz ablegen, kann die Mitgliedschaft in einer gesichert rechtsextremen Vereinigung unter bestimmten Umständen den Job kosten oder zumindest empfindliche Einschränkungen und Probleme bringen. Politische Überzeugung oder berufliche Sicherheit? Nicht wenige dürften sich, wenn sich diese Frage stellt, für Letzteres entscheiden.

Selbst wenn AfD-Mitglieder nicht sofort reihenweise aus der Partei austreten: Den Zuwachs an Neumitgliedern, den die Partei zuletzt stetig verzeichnete, dürfte die Einstufung und daraus drohende juristische Konsequenzen drosseln.

4. Stopp der Normalisierung in den Parlamenten

Im parlamentarischen Betrieb standen die Zeichen zuletzt stark wie nie auf Normalisierung. Vor allem beim wichtigsten Mitbewerber, den Unionsparteien CDU und CSU, häuften sich die Stimmen, die das Ende der Brandmauer forderten, der AfD Ämter zugestehen, mit ihnen gemeinsam Gesetze verabschieden und sogar mögliche Regierungskoalitionen ausloten wollten.

Zuletzt löste mit der Forderung, die AfD wie jede andere Oppositionspartei zu behandeln, der künftige Fraktionsvorsitzende der Union, Jens Spahn, eine bundesweite Debatte aus. Die Einschätzung des Verfassungsschutzes dürfte solche Ansinnen zumindest auf Bundesebene sowie in den westlichen Bundesländern unterbinden.

5. Mögliche Bedenken bei den Wählern

Bei der Bundestagswahl wurde die AfD zweitstärkste Kraft, in Umfragen lag sie zuletzt sogar auf Platz 1. Das Gutachten des Verfassungsschutzes könnte manchen Wähler sensibilisieren und abschrecken. Das muss es aber nicht zwangsweise: Drei Ost-Landesverbände der AfD tragen schon seit Längerem das Label "gesichert rechtsextremistisch" – dem Erfolg der Partei dort hat das nicht geschadet. Vielmehr schadet die Kritik der AfD am Verfassungsschutz als "politisch instrumentalisiert" dort der Behörde und untergräbt ihre Legitimation.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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