Talossa in den USA: Ein Zwergstaat so groß wie das eigene Schlafzimmer

Jeder hat sicherlich einmal davon geträumt, die Geschicke einer eigenen Nation zu lenken. Robert Ben Madison erfüllte sich seine Träume und gründete Talossa.

Zu Hause wähnen sich viele als die Könige oder Königinnen ihres eigenen Reiches: Robert Ben Madison nahm das wohl sehr wörtlich, als er 1979 aus seinem Schlafzimmer heraus die Mikronation Talossa gründete. Die Herrschaft des damals 14-jährigen Madison war zunächst noch auf die vier Wände seines Kinderzimmers begrenzt. Doch Madison verfolgte die Idee eines eigenen Staates mitten in den USA weiter.

Er entwarf eine Flagge und ein Wappen für Talossa und baute im Jahr 1995 eine Internetpräsenz für seine eigene Nation auf. Seinem Mikrostaat schlossen sich auch dadurch immer mehr "Bürger" an. Der Begriff Talossa stammt aus dem Finnischen und bedeutet soviel wie "im Haus" – eine Anspielung auf das Gründungsepos der Kleinmacht.

Das Ende Talossas unter Madison

Gründer Madison aber entfernte sich nach Jahrzehnten von seinem Staat. Er löste das Königreich Talossa im Jahr 2005 auf und gründete stattdessen eine gemeinnützige Organisation mit dem gleichen Namen. Trotz des Ausscheidens des Gründers führten die "Bürger" den Zwergstaat weiter.

Und deren Ansprüche sind nicht klein. Sie beanspruchen weite Teile der Großstadt Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin als Herrschaftsgebiet. Dass Milwaukee mit etwa 577.000 Einwohnern tausendfach größer ist als Talossa, stört die Führung der Mikronation dabei nicht. Ganz im Gegenteil: Talossa reklamiert darüber hinaus noch andere Gebiete auf der ganzen Welt für sich, unter anderem die unbewohnte Insel Cézembre, die in der französischen Bretagne im Ärmelkanal liegt.

Anerkannt sind diese Gebietsansprüche natürlich nicht: weder von den Vereinten Nationen noch von überhaupt einem Staat auf der Erde. Die Führung von Talossa hingegen spricht von der "Greater Talossan Area", zu Deutsch: "Großraum Talossas".

Heute führt John Wooley die Staatsgeschäfte – unter dem adligen Namen Ian Lupul. Damit ist er nach Angaben des Zwergstaats Herrscher von etwa 213 aktiven Staatsbürgern. Allerdings geht man davon aus, dass viele der "Bürger" zumindest über gewisse Zeiträume in anderen Teilen der USA und anderen Ländern leben – offizielle demografische Erhebungen finden in Talossa nicht statt.

"Talossan" – die eigene Sprache des Zwergstaates

Eine weitere Besonderheit ist die eigene Sprache "Talossan". Im Gegensatz zu vielen anderen Zwergstaaten und autonomen Lebensgemeinschaften hat Gründer Madison im Jahr 1980 eine eigene Sprache für seine Nation erfunden und seitdem kontinuierlich weiterentwickelt.

"Talossan" basiert in weiten Teilen auf Französisch und gilt als eine der detailliertesten – nicht offiziell anerkannten – Sprachen weltweit. So enthält Talossan laut der Website des Mikrostaates mehr als 35.000 Wurzelwörter und 121.000 abgeleitete Wörter – zum Vergleich: In der englischen Sprache gibt es nur 120 Wurzelwörter. Madison selbst rief das "Comità per l'Útzil del Glheþ" – "Komitee für den Gebrauch der Sprache" (CÚG) – ins Leben, um Änderungen seiner Sprache zu überwachen und zu dokumentieren. Die Sprache ist kaum untersucht, daher lassen sich keine verlässlichen Aussagen über "Talossan" machen.

Lange Zeit war es Interessenten über die eigene Website der Mikronation möglich, Phrasen und Textelemente auf "Talossan" ins Englische zu übersetzen und die Sprache selbst zu lernen. Die Website ist heute allerdings in weiten Teilen veraltet und unvollständig. Doch noch immer sind dort einige Beispiele und grammatikalische Regeln der Sprache Talossas zu finden. Das talossanische Wort "fieschada" etwa bedeutet "Liebe auf den ersten Blick".