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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Vom Gebet zum Gipfel Deutschlands erste Kletterkirche

Was tun mit leeren Kirchen? In Mönchengladbach zeigt ein besonderes Projekt, wie aus Stillstand Bewegung wird – im wahrsten Sinne des Wortes.
In Mönchengladbach lockt eine besondere Attraktion: die erste Kletterkirche Deutschlands. In der umgebauten Kirche steigen Besucher bis zu 13 Meter an den Wänden empor – ein Projekt von Klaus Fasbender und Simone Laube, die das einstige Gotteshaus in eine Kletterhalle verwandelten.
Die ehemalige Kirche St. Peter im Stadtteil Waldhausen konnte von der Gemeinde nicht mehr unterhalten werden. Seit fast 15 Jahren betreiben Fasbender und Laube hier ihre Kletterhalle. Der Altarraum ist heute mit großen Kletterwänden verkleidet. Wo früher die Sitzbänke standen, befinden sich nun ein Kaffee- und Essbereich sowie ein Übungsraum für Gymnastikkurse.
Ihr diesjähriges Jubiläum feiern sie am 14. Juni 2025 in Form eines Boulder-Wettkampfs mit anschließender Party.
Es geht nicht ohne Denkmalpflege
Wo früher die Orgel stand, befindet sich heute ein Boulder-Bereich zum Klettern ohne Seil. Und im Sommer lädt der Garten zur Balance auf der Slackline ein. Die Umkleiden wurden in der einstigen Sakristei eingerichtet. Zwar gab es anfangs Vorbehalte aus der Gemeinde, doch inzwischen läuft der Betrieb reibungslos. Klaus Fasbender betont: Regelmäßige Renovierungen und neue Routen an den Kletterwänden gehören fest zum Konzept.
Das Kirchengebäude stammt aus den Jahren 1932/33 und steht seit 1987 unter Denkmalschutz – deshalb wird die Denkmalpflege bei größeren Umbauten stets mit einbezogen.
Auch aus touristischer Sicht hat die Kletterkirche ihren festen Platz: Reiseführer preisen sie als besondere Sehenswürdigkeit in Mönchengladbach an. Im Eingangsbereich erzählt eine Fotoausstellung von der Geschichte der Kirche und ihrer Gemeinde – der alte Taufstein steht noch immer an seinem ursprünglichen Ort.
Immer mehr Kirchen umgenutzt
Überall in Deutschland stehen Kirchengemeinden vor derselben Herausforderung: Weil immer weniger Menschen zum Gottesdienst kommen, braucht es neue Ideen für die Nutzung der oft imposanten Gebäude. Manche Kirchen müssen weichen – andere verwandeln sich durch kreative Konzepte in ganz besondere Orte. Die Kletterkirche in Mönchengladbach ist ein Beispiel dafür, wie ein sakraler Raum neues Leben als Freizeittreffpunkt findet.
Damit Kirchen für andere Zwecke genutzt werden können, müssen sie entwidmet werden – das heißt, sie verlieren ihre Weihe oder Segnung. In der evangelischen Kirche ist dafür die Zustimmung der Landeskirche nötig. Im Katholizismus nennt man diesen Schritt "Profanierung" – das Gegenstück zur Kirchweihe, das vor einer Umnutzung oder einem Abriss erfolgt.
Zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung gehörten noch fast drei Viertel der Deutschen entweder der katholischen oder evangelischen Kirche an – heute ist es nur noch gut die Hälfte. Und der Trend hält an: Laut einer Studie der Universität Freiburg könnten die Mitgliederzahlen bis 2060 auf rund 31 Prozent sinken.
- deutschlandfunk.de: "Umnutzung von Kirchen: Klettern statt knien"
- instagram.com: "kletterkirche_moenchengladbach"
- kletterkirche.de: "Kletterkirche Mönchengladbach – Klettern in der Kirche"
- bpb.de: "Sakralraumtransformation"
- bpb.de: "Katholische und evangelische Kirche. Anteil der katholischen und evangelischen Kirchenmitglieder an der Bevölkerung in Prozent, Austritte in Tausend, 1960 bis 2019"
- comparativepopulationstudies.de: "German Churches in Times of Demographic Change and Declining Affiliation: A Projection to 2060" (Englisch)