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Fragwürdige Flüchtlingsstory: Fiel "Der Spiegel" auf eine Influencerin herein?


Berichte über totes Flüchtlingsmädchen
Fiel "Der Spiegel" auf eine syrische Influencerin herein?

Von t-online, mk

Aktualisiert am 20.01.2023Lesedauer: 3 Min.
Baidaa S.: Die Syrerin lebte womöglich schon vor 2022 in Deutschland, trat in dem Sommer aber als Vertreterin einer Gruppe Geflüchteter an der EU-Außengrenze auf.Vergrößern des BildesBaidaa S.: Die Syrerin lebte womöglich schon vor 2022 in Deutschland, trat in dem Sommer aber als Vertreterin einer Gruppe Geflüchteter an der EU-Außengrenze auf.
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"Der Spiegel" berichtete über ein totes Flüchtlingsmädchen in Griechenland, doch die Geschichte stimmte nicht. Jetzt kommt das Magazin weiter in Bedrängnis.

Es ist ein weiterer Schlag für die Glaubwürdigkeit von Deutschlands größtem Nachrichtenmagazin. Schon im November entfernte "Der Spiegel" von seiner Internetseite mehrere Berichte über das Flüchtlingsmädchen Maria, das angeblich auf einer Insel im griechisch-türkischen Grenzfluss Evros an einem Skorpionstich gestorben war – zu groß waren inzwischen die Zweifel an der Echtheit der Geschichte. Nun kommt heraus, dass sich "Der Spiegel" wohl viel zu sehr auf eine wenig glaubwürdige Quelle verließ.

Eine prominente Rolle in den Artikeln über das angeblich tote Mädchen spielte die 27-jährige Syrerin Baidaa S. Diese trat als Vertreterin der Gruppe von 38 Geflüchteten auf, die im August mutmaßlich zwei Wochen lang ohne Nahrung und Unterschlupf auf der Evros-Insel ausharren mussten. Baidaa S. berichtete dem "Spiegel"-Korrespondenten Giorgos Christides nicht nur vom Tod der kleinen Maria, sondern auch von Schießereien zwischen Griechen und Türken. Seit Juli habe sie drei Menschen sterben sehen, hieß es. Dabei gehörte Baidaa S. offenbar gar nicht zu den Geflüchteten, sondern lebte womöglich schon seit 2021 in Deutschland, wie die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) berichtet.

Reporter treffen Baidaa S. in Deutschland

Demnach ist Baidaa S. eine in Syrien bekannte Autorin, die mehrere Bücher und Artikel für verschiedene Medien geschrieben hat und als Influencerin in sozialen Netzwerken wie Instagram, Facebook und Tiktok auftritt, wo ihr mehr als 24.000 Nutzer folgen. In einem von Baidaa S. im März 2021 auf Instagram veröffentlichten Foto sei als Standort "Deutschland" angegeben, so die "NZZ".

Reporter der Zeitung wollen Baidaa S. jetzt "in der pfälzischen Provinz" ausgemacht haben, wo sie mit ihrem Mann lebe. Der aus Syrien geflüchtete Mann sei schon 2015 in das Dorf gezogen, schreibt die "NZZ" unter Berufung auf Nachbarn. Ob und wie lange Baidaa S. vor ihrem Auftritt im "Spiegel" schon in Deutschland lebte, sei nicht zweifelsfrei zu klären, Nachbarn zufolge aber schon "eine ganze Weile". Über die Geschehnisse auf der Insel wolle sie jedenfalls nicht mehr sprechen: "Es war eine schwere, traurige Zeit", zitiert sie die "NZZ". "Jetzt will ich ein neues Leben anfangen."

Plötzlich war Baidaa S. weg

Infolge der Berichterstattung des "Spiegel" und des britischen Senders Channel 4, der ebenfalls über die vermeintlich von einem Skorpion getötete Maria berichtete, durfte die Gruppe Geflüchteter am 9. September nach Griechenland einreisen. Die Menschen wurden in ein Wohnheim im Ort Drama gebracht. Baidaa S. sei jedoch schon einen Tag später verschwunden, genau wie ihr Name von einer Liste, welche die Geflüchteten Mitte Juli an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geschickt hatte, so die "NZZ". Kurz darauf hätten griechische Journalisten aufgedeckt, dass es das Mädchen womöglich gar nicht gab. Ist der "Spiegel" womöglich einer Aktivistin auf den Leim gegangen, die mit dem Schicksal der Geflüchteten eine politische Kampagne betrieb?

"Spiegel"-Autor Christides reagierte schon im August mit einem längeren Twitter-Beitrag auf die Zweifel an seiner Geschichte. Es gebe Berge von Belegen, schrieb Christides, und dank der Metadaten ihm vorliegender Bilder habe er den genauen Standort der Familie verifizieren können; zudem habe es Videotelefonate der Familie mit Reportern und eidesstattliche Versicherungen der Geflüchteten gegeben, dass die Geschichte so stattgefunden habe.

Auf Nachfrage von t-online teilte Christides Ende November mit, dass es mittlerweile den Verdacht gebe, "dass die Flüchtlinge in ihrer Not den Tod eines Mädchens erfunden haben könnten." Und: "Einige ursprüngliche Berichte hatten die Schilderungen der Flüchtlinge, die bis heute am Tod des Mädchens festhalten, als Tatsache übernommen." Auf die Nachfrage der "NZZ", ob der "Spiegel" die Angelegenheit ausreichend aufgeklärt habe, habe das Magazin weitere Auskünfte unter Verweis auf den "Informanten- und Quellenschutz" verweigert.

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