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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Biologin im Video-Interview Geplante Paviantötung: "Haben Strafanzeige schon vorbereitet"
Der Nürnberger Tiergarten will bis zu 20 Paviane einer zu groß gewordenen Gruppe erschießen. Biologin Dr. Sandra Altherr erklärt, warum der Zoo selbst schuld an dem Problem ist.
Die Guinea-Paviane im Nürnberger Tiergarten haben zu wenig Platz. Die Suche nach einer anderen Unterbringung sei nach Angaben des Zoos erfolglos geblieben. Daher bleibe nur die Tötung der Affen übrig.
Betroffen seien etwa 20 der 40 Tiere, die laut Zoodirektor Dag Encke erschossen werden sollen. Sandra Altherr, Biologin und Gründerin der Tier- und Artenschutzorganisation "Pro Wildlife", zweifelt an diesem Vorgehen.
Wie der Zoo das Problem hätte vermeiden können und warum auch Markus Söder eingreifen sollte, erklärt Dr. Altherr hier oder oben im Video.
- Wieso erwägt der Zoo, die Tiere zu töten? Der Tiergartendirektor hat seine Überlegungen in einem ausführlichen Interview mit t-online begründet.
- Geht es um Artenschutz oder darum, Managementfehler zu vertuschen? Ein pro und Kontra zur Pavian-Debatte.
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Dass sich der Tierpark überhaupt traut, diese Lösung vorzuschlagen. Das ist schon ein krasses Stück und es wäre auch in Deutschland ein Dammbruch.
Also zuallererst mal müsste es – wenn der Platz wirklich begrenzt ist und man nicht ausbauen kann – dann muss man auf Verhütung zurückgreifen. Und laut Aussagen des Zoodirektors haben die Verhütungsmethoden bei den Pavianen angeblich nicht gegriffen. Was uns sehr wundert, weil wir als “Pro Wildlife” mehrere Auffangstationen für beschlagnahmte Affen in Afrika und in Asien unterstützen. Und in all diesen Stationen wird verhütet, die Stationen nicht mit Babys aufgefüllt, sondern Platz für Notfälle freigehalten. Und ganz, ganz selten, das ist wirklich die absolute Ausnahme, gibt es schon mal ein Tropi-Baby, also ein Trotz-Pille- oder Trotz-Verhütung-Baby, aber das ist tatsächlich extrem selten. Und der Zoo sagt auch, die Verhütung wäre ein unguter Eingriff in die Sozialstruktur. Auch da gucken wir in unsere Auffangstation und können nur sagen, also zumindest bei uns ist das so. Trotz Verhütung leben all diese Gruppen – und wir reden über völlig verschiedene Arten, also von Schimpansen bis hin zu kleinen Meerkatzen und Pavianen – bis auf übliche kleine Rangeleien friedlich zusammen. Und der Abschuss von bis zu 20 Tieren aus dieser Paviangruppe, das wäre ein wirklich tiefer Eingriff in die Sozialstruktur. Also, das Argument können wir nicht nachvollziehen.
Das ist aus ethischer Sicht komplett abzulehnen. Und dann kommt noch was Juristisches dazu. Wir haben ein Tierschutzgesetz. In § 1 steht, niemand darf ein Tier ohne vernünftigen Grund leiden lassen, Schäden, Schmerzen zufügen. Und man muss mal sagen, die Tötung ist der Maximalschaden für jedes Lebewesen. Das heißt, wir haben hier einen ganz klaren Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. (...) Und wir sehen da einen klaren Verstoß. Wir haben eine Strafanzeige schon vorbereitet. Wenn der Tierpark wirklich diesen Weg geht, werden wir die Strafanzeige stellen.
Man kann das nicht einfach nur machen, weil man der Meinung ist, es ist schön für die Tierchen, wenn sie Babys haben, und es ist noch schöner an der Kasse, die Besucher im Frühjahr kommen, wenn die kleinen Babys da sind.
Das Ganze ist ein solcher Imageschaden für die Stadt Nürnberg und wenn es wirklich zur Tötung kommt, wird das ein echter PR-Gau. Wir können nur appellieren an die Stadt, dass sie ihren Einfluss geltend macht und auf den Tierpark noch einmal Druck ausübt.
Also, es wäre wünschenswert, wenn Markus Söder als Ministerpräsident hier Einfluss nehmen würde und nicht nur Leberkäs-Videos macht auf Instagram. Ich würde es mir wünschen, bisher ist die Erwartung nicht allzu hoch, zumal er in der Vergangenheit sich auch für das Delfinarium in Nürnberg ausgesprochen hat, was ja auch sehr unter Kritik ist. Und ich wüsste nicht, dass er sich zu den Pavianen schon geäußert hat. Es wäre wünschenswert, wenn Stimmen aus der Politik, aus der Landespolitik jetzt laut werden.
Die Diskussion über das Platzproblem startete bereits 2024. Da zu viele Affen auf engem Raum leben, kommt es nach Angaben des Zoos häufiger zu Rangeleien, bei denen sich die Tiere verletzen.
- Eigenes Interview
- tiergarten.nuernberg.de: "Aktueller Stand Populationsmanagement bei Pavianen"