Panorama Helfer retten Eingeschlossene nach Gondel-Unfall
Nach einem Seilbahnunfall nahe Schloss Neuschwanstein im Allgäu haben die Helfer alle 20 Menschen gerettet. Die Touristen, unter ihnen mehrere Kinder, sowie der Gondelführer mussten mehr als 18 Stunden in einer engen Kabine über einem Steilhang etwa 100 Meter über dem Boden ausharren. Die Helfer konnten sie erst am frühen Morgen per Hubschrauber retten. Der Gleitschirmflug, der den Unfall verursachte, hängt möglicherweise mit Dreharbeiten für einen Film zusammen.
Die Bergung hatte um sechs Uhr begonnen und war nach einer Stunde und 40 Minuten beendet. Das gute Flugwetter mit nur wenig Wind habe den "komplexen Einsatz" am Steilhang erleichtert, sagte Bergwacht-Sprecher Roland Ampenberger. Wenige Stunden zuvor hatte es am Tegelberg noch stark geregnet.
Die Betroffenen stammen aus Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Zwei Touristen kamen aus Osteuropa. Unter den Geretteten sind auch fünf Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren. Der älteste Passagier ist 75 Jahre alt. "Es sind alle wohlauf, es sind alle unverletzt", sagte Ampenberger. Schwierige Winde und die einbrechende Dunkelheit hatten ihre Bergung am Freitagabend verhindert.
Helfer hangelten sich an die Gondel heran
Die Menschen harrten die Nacht über in der Kabine aus, die nach Angaben der Polizei nur rund zwölf Quadratmeter groß ist. Zuletzt hatten sich vier Männer der Bergwacht in einer waghalsigen Aktion 300 Meter weit über das Stahlseil an die Gondel heran gehangelt und waren ebenfalls zugestiegen. Sie brachten Decken und Verpflegung zu den in der Gondel Gefangenen. "Das war kein ganz leichter Einsatz", sagte Ampenberger. Trotz der Enge ging es den Eingeschlossenen offenbar gut. Es gab eine Funkverbindung ins Tal. Ralf Kinkel vom Landratsamt in Marktoberdorf konnte am frühen Morgen erleichtert berichten: "Den Leuten geht es körperlich und mental sehr, sehr gut - natürlich den Umständen entsprechend."
Overalls gegen die Kälte
Mit Beginn der Dämmerung begann dann die Bergungsaktion. Zwei Polizeihubschrauber arbeiteten im Pendelverkehr. Paarweise wurden die Menschen aus der Gondel gezogen und ins Tal geflogen. Nach der Landung auf einem Sportplatz konnten die Geretteten alle auf eigenen Füßen aus den Hubschraubern klettern. Sie trugen weiße Overalls, die sie in der Nacht vor Kälte schützen sollten. Polizeisprecher Owsinski sagte: "Ich habe nur in strahlende Gesichter geblickt." Rettungskräfte brachten sie zu Zelten, um sie mit Essen, Getränken und Decken zu versorgen. Auch die Angehörigen erwarteten sie schon.
Gleitschirm hatte sich verfangen
Das Drama in Sichtweite zum Märchenschloss Neuschwanstein im Landkreis Ostallgäu hatte am Freitagmittag seinen Lauf genommen. Um kurz nach 13 Uhr war ein 54 Jahre alter Gleitschirmpilot bei einem sogenannten Tandemflug mit einem 35-jährigen Passagier aus München in das Tragseil der Tegelbergbahn gestürzt.
Der Gleitschirmflug hing möglicherweise mit Dreharbeiten für einen Film zusammen. Es zeichneten sich Erkenntnisse ab, die einen solchen Zusammenhang möglich erscheinen ließen, sagte ein Polizeisprecher in Kempten. Sollte sich dies bestätigen, kämen mehr Menschen für eine mögliche strafrechtliche Verantwortung infrage. Zunächst hatten sich die Ermittlungen vor allem auf den 54 Jahre alten Gleitschirm-Piloten konzentriert: wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr sowie wegen fahrlässiger Körperverletzung.
Der Pilot und sein Passagier wurden bei dem Absturz nur leicht verletzt und konnten rasch gerettet werden. Der Unfall bewirkte allerdings eine automatische Abschaltung der Seilbahn. In zwei Gondeln hingen zunächst 50 Menschen fest. Die 30 Personen aus der talseitigen "unteren" Gondel konnten bis zum frühen Abend abgeseilt werden. Außerdem wurden mit Hubschraubern über 130 Menschen, die an der Bergstation festsaßen, ins Tal gebracht.
Winde behinderten Rettung
Die in der oberen Gondel über einem Steilhang festsitzenden Menschen konnten wegen aufkommender Winde bis zum späten Abend nicht in Sicherheit gebracht werden. Nach Einbruch der Dunkelheit leuchteten die Rettungskräfte den Berg mit Flutlicht aus. Zahllose Schaulustige verfolgten das Berg-Drama vom Tal aus.
Ein Versuch, den Gleitschirm aus dem Seil zu lösen und damit die Bahn wieder zu starten, wurde in der Nacht abgebrochen. Nach Einschätzung des Geschäftsführers der Bergbahn, Franz Bucher, wird die Reparatur mehrere Tage dauern. Ein Spezialist des Herstellers aus Italien sei angefordert worden, um das Stoffknäuel zu entfernen. Sollten die Seile beschädigt sein, könne die Bahn auch bis zu einem Monat ausfallen.