Wurde dieser Felsen der "Costa Concordia" zum VerhÀngnis?
Italienische Seekarten widerlegen erste Angaben des KapitĂ€ns der "Costa Concordia" zum Hergang des UnglĂŒcks. Auf den Karten vom UnglĂŒcksort nahe der Insel Giglio sind die Felsen, auf die das Kreuzfahrtschiff mit 4200 Menschen an Bord am Freitagabend auflief, deutlich sichtbar eingezeichnet.
Auf den Seekarten von einem Institut der italienischen Marine in Genua sind mehrere kleine Felsen eingezeichnet. Die Felsen befinden sich rund um eine gröĂere Felsgruppe namens "Le Scole" nahe der Insel Giglio. Wahrscheinlich ist, dass die "Costa Concordia" den am weitesten vorgelagerten Felsen streifte und von ihm aufgerissen wurde.
"Route eigenmÀchtig geÀndert"
Dass es aber ĂŒberhaupt zu der Kollision mit "Le Scole" kommen konnte, liegt nach EinschĂ€tzung des GeschĂ€ftsfĂŒhrers des Unternehmens Costa Kreuzfahrten, Heiko Jensen, daran, dass der KapitĂ€n die Route eigenmĂ€chtig geĂ€ndert hat.
Das sieht auch die italienische Reederei Costa Crociere so: Mit einem eigenmĂ€chtigen und nicht genehmigten Manöver sei der SchiffsfĂŒhrer Francesco Schettino vom Kurs abgewichen. Die Routen der Schiffe des Unternehmens seien genau festgelegt, bei Abweichungen wĂŒrden sofort Alarmsignale ertönen.
"Absonderlicher Kurs"
Im Fall der "Costa Concordia" sei diese Route korrekt programmiert gewesen. "Die Tatsache, dass sie von diesem Kurs abwich, ist einzig auf ein Manöver des KapitĂ€ns zurĂŒckzufĂŒhren", hieĂ es weiter. Die Kreuzfahrtgesellschaft habe von diesem nicht autorisierten Manöver keine Kenntnis gehabt.
Auch nach Expertenansicht hat ein "absonderlicher Kurs" der "Costa Concordia" hat zu dem UnglĂŒck gefĂŒhrt. Das Schiff sei viel zu nah an die KĂŒste der Insel Giglio und damit in gefĂ€hrliches Gebiet gelangt, berichtete die Kreuzfahrtgesellschaft European Cruiser Association (Eucras) mit Verweis auf Schiffsnavigationsdaten. "Dieser Kurs hĂ€tte nie gesteuert werden dĂŒrfen."
"Vorsicht, wir sind extrem nahe am Ufer"
"Wir haben die Navigationsdaten der "Costa Concordia" ausgewertet. Sie zeigen, dass das Schiff nicht geradeaus durch die Meeresenge an der Isola del Giglio vorbei steuert, sondern direkt auf die Insel zu", sagte Eucras-PrÀsident Stefan JÀger. "WÀre das Schiff gerade durch die Meeresenge gesteuert, wÀre nichts passiert", ergÀnzte der Experte. "Warum dieser Kurs eingeschlagen wurde, muss der KapitÀn den Behörden erklÀren. Warum die Reederei solche Manöver zulÀsst, ist zu fragen. Immerhin berichteten Anwohner, dass Costa-Schiffe öfters so nah kÀmen."
Ăber den Grund fĂŒr das gefĂ€hrliche Manöver wird weiter spekuliert. Doch es gibt auch erste Anhaltspunkte: Nach einem Zeitungsbericht war der KapitĂ€n extra nah an der Insel Giglio vorbeigefahren, um einem auf dem Schiff arbeitetenden Kellner einen Gefallen zu tun. Laut der Zeitung "Corriere della Sera" lieĂ KapitĂ€n Schettino kurz vor dem UnglĂŒck Oberkellner Antonello Tievoli auf die KommandobrĂŒcke rufen. "Antonello, schau mal, wir sind ganz nahe an deinem Giglio", habe er zu dem Kellner gesagt, zitierte das Blatt Zeugen. Daraufhin habe Tievoli gewarnt: "Vorsicht, wir sind extrem nahe am Ufer." Unmittelbar darauf lief das Schiff auf Felsen auf.
"Am Boden zerstört und konsterniert"
Laut "bild.de" verfasste die Schwester des Kellners, Patricia, kurz vor dem UnglĂŒck eine Mitteilung auf "Facebook": "In KĂŒrze wird die Concordia mit meinem Bruder sehr, sehr nah an uns vorbeifahren. Ein RiesengruĂ an meinen Bruder, der in Savona von Bord gehen wird, um ein bisschen Urlaub zu genieĂen." Das postete die Dame laut "bild.de" um 21.08 Uhr, 23 Minuten spĂ€ter krachte das Schiff an ein Riff.
KapitĂ€n Schettino sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft, wird ĂŒberwacht und psychologisch betreut. Sein Anwalt berichtete laut Ansa, sein Mandant sei "am Boden zerstört und konsterniert" angesichts der Ereignisse. Er habe das Schiff in der Not noch in niedrigere GewĂ€sser gefĂŒhrt. Der festgenommene KapitĂ€n soll an diesem Dienstag verhört werden.
Am Montag war die Suche nach Ăberlebenden und Opfern aus SicherheitsgrĂŒnden stundenlang unterbrochen gewesen. Sie wurde auch fĂŒr die Nacht wieder eingestellt, sagte Feuerwehrsprecher Luca Cari. Wenn sich das Schiff wie am Morgen bewege, könne das gefĂ€hrlich fĂŒr die Rettungsmannschaften sein, so Cari. Er könne nichts ĂŒber die Chancen sagen, noch Ăberlebende zu finden. Auch drei Tage nach der Havarie wurden mindestens noch 14 Menschen vermisst, darunter zwölf Deutsche.