Deutscher Astronaut Maurer im Weltraum
Cape Canaveral (dpa) - Mit einem nΓ€chtlichen "Bilderbuch-Start" ist Astronaut Matthias Maurer zur Internationalen Raumstation ISS aufgebrochen und nun der zwΓΆlfte Deutsche im All.
Nach mehreren Verschiebungen flog der 51 Jahre alte SaarlΓ€nder am Donnerstag zusammen mit drei Kollegen von der US-Raumfahrtagentur Nasa an Bord einer "Crew Dragon"-Kapsel zum AuΓenposten der Menschheit rund 400 Kilometer ΓΌber der Erde. Damit ist erstmals seit drei Jahren wieder ein Deutscher im Weltraum.
Regenschauer hatten am US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral zunΓ€chst noch Sorge bereitet, verzogen sich aber. "Aus meiner Sicht war das ein toller Start", sagte Maurers Kollege Alexander Gerst, der 2018 als zuvor letzter Deutscher auf der ISS war, der Deutschen Presse-Agentur. "Wir haben natΓΌrlich alle mitgefiebert bei den vielen VerzΓΆgerungen", sagte der Astronaut der europΓ€ischen Raumfahrtagentur Esa. Er habe mit Maurer aber in den vergangenen Tagen "immer wieder Kontakt" gehabt und die Crew sei "entspannt" geblieben. Auch Nasa-Manager Steve Stich sprach von einem "perfekten Start".
Vierter Deutscher auf der ISS
Nach rund 22 Stunden Flug sollten Maurer sowie Thomas Marshburn, Raja Chari und Kayla Barron am Freitag an der ISS andocken. Maurer ist der vierte Deutsche dort - und der erste, der in einem "Crew Dragon" des Privatunternehmens SpaceX von Elon Musk flog. Kurz vor dem Start der Kapsel "Endurance" (Ausdauer) hatte sich der Esa-Astronaut via Twitter von der Erde verabschiedet: "Die nΓ€chsten Updates kommen aus dem Orbit!"
Esa-Chef Josef Aschbacher lobte Maurer. "Er ist ein ganz toller Kerl. Er hat eine super Ausbildung, aber auch sehr viele QualitΓ€ten, die ein Astronaut einfach braucht", sagte der Γsterreicher in Paris. Das Deutsche Zentrum fΓΌr Luft- und Raumfahrt (DLR) gab Maurer gute WΓΌnsche mit auf den Weg. "Ich freue mich sehr fΓΌr Matthias, dass es jetzt losgeht, denn er hat 13 Jahre auf diesen Flug hingearbeitet", sagte Walther Pelzer, Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR.
Mit Pioniergeist, Zielstrebigkeit und Willenskraft
Der Koordinator der Bundesregierung fΓΌr Luft- und Raumfahrt, Thomas Jarzombek, sagte, die Reise mit einer Privatfirma weise in die Zukunft der Raumfahrt. "NΓ€mlich Wettbewerb und private Finanzierung statt Ausschreibung von EntwicklungsauftrΓ€gen." Der saarlΓ€ndische MinisterprΓ€sident Tobias Hans (CDU) sagte, das Land sei stolz auf den Erfolg von Maurer, "der es mit Pioniergeist, Zielstrebigkeit und Willenskraft jetzt buchstΓ€blich bis ganz nach oben geschafft hat".
Der Astronaut mit einem Doktortitel in Materialwissenschaft ist nach Nasa-ZΓ€hlart der 600. Mensch im All. Maurer soll auf seiner Mission namens "Cosmic Kiss" etwa sechs Monate lang Experimente in der Schwerelosigkeit durchfΓΌhren und auch einen AuΓeneinsatz absolvieren. Er lieΓ nach seiner Bewerbung mehr als 8000 Kandidaten hinter sich.
Maurer, in einem modernen schwarz-weiΓen Raumanzug mit Deutschland-Fahne am Oberarm, war als Letzter in die moderne Kapsel gestiegen. Zuvor hatte er sich am FuΓ der TrΓ€gerrakete von Freunden und Bekannten verabschiedet. Er reckte beide Daumen in die HΓΆhe, versandte LuftkΓΌsse und formte mit den HΓ€nden ein Herz. Beim Nachtstart tauchten die Triebwerke der "Falcon 9"-Rakete den Weltraumbahnhof im US-Bundesstaat Florida in gleiΓendes Licht.
Stoff-SchildkrΓΆte auch dabei
Als "fΓΌnften Passagier" nahm die Crew eine Stoff-SchildkrΓΆte als Maskottchen mit an Bord, die kurz nach dem Start zu schweben begann - und so den Beginn der Schwerelosigkeit anzeigte. Chari und Barron gehΓΆren einer Astronauten-Auswahlgruppe der Nasa an, die liebevoll als "SchildkrΓΆten" bekannt ist. Der sogenannte Zero-G-Indicator hat Tradition: ein Dinosaurier oder auch die deutsche Fernseh-Maus waren in der Geschichte der Raumfahrt bereits mit ins All gereist.
Der ursprΓΌnglich fΓΌr Ende Oktober geplante Flug war mehrfach verschoben worden - erst wegen schlechter Wetterbedingungen, dann wegen eines "kleineren medizinischen Problems" bei einem nicht nΓ€her bezeichneten Crew-Mitglied. SchlieΓlich musste erst eine andere Crew von der ISS zurΓΌckgeholt werden. "Es waren zwei sehr aufregende Wochen, und wir haben herausgefunden, was wir fΓΌr ein vielseitiges, wachsames und groΓartiges Team haben", sagte Nasa-Managerin Kathy Lueders. Es handelt sich um den dritten Astronauten-Transport zur ISS mit einem Raumschiff von SpaceX, davor hatte es zudem einen erfolgreichen bemannten Test mit einem "Crew Dragon" gegeben.
Auf der ISS leisten derzeit zwei Russen und ein US-Amerikaner Dienst. Im Anschluss an Maurer soll 2022 die italienische Esa-Astronautin Samantha Cristoforetti zum fliegenden Labor reisen. Damit wΓ€ren erstmals drei Esa-Astronauten nacheinander auf dem Koloss im Kosmos.