Beihilfe zur Abtreibung: Polnische Aktivistin verurteilt
Polen hat eines der strengsten Abtreibungsgesetze der Welt. Nun musste sich eine Aktivistin vor Gericht verantworten. Das Urteil will sie nicht akzeptieren.
Eine polnische Aktivistin ist wegen Beihilfe zur Abtreibung von einem Gericht in Warschau zu gemeinnΓΌtziger Arbeit verurteilt worden. Justyna Wydrzynska, die eine schwangere Frau mit Abtreibungspillen versorgt hatte, wurde "der Hilfeleistung schuldig gesprochen (...)", wie die Organisation Abortion Dream Team, deren MitgrΓΌnderin Wydrzynska ist, am Dienstag im Onlinedienst Twitter erklΓ€rte. DafΓΌr sei sie zu "acht Monaten gemeinnΓΌtziger Arbeit mit 30 Stunden pro Monat", verurteilt worden, fΓΌgte die Organisation hinzu.
"Ich fΓΌhle mich nicht schuldig, ich akzeptiere dieses Urteil nicht", sagte Wydrzynska vor Journalisten beim Verlassen des Gerichts. Sie wolle Berufung einlegen und weiterhin Frauen helfen, sagte sie.
Im Jahr 2020 hatte sich eine in der zwΓΆlften Woche Schwangere, die abtreiben wollte, an die Organisation Abortion Dream Team gewandt. Zuvor hatte die Frau versucht, eine Abtreibungsklinik in Deutschland aufzusuchen, doch ihr Mann hatte sie daran gehindert. WΓ€hrend die Schwangere auf ein Paket mit den Abtreibungspillen wartete, rief ihr Mann die Polizei, die die Pillen beschlagnahmte und eine Untersuchung einleitete. Die Frau erlitt eine Fehlgeburt.
44.000 Abtreibungen im Jahr 2022 ermΓΆglicht
Das traditionell katholische Polen hatte bereits eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze Europas, als sich das Verfassungsgericht im vergangenen Jahr auf die Seite der rechts-nationalistischen Regierung stellte und SchwangerschaftsabbrΓΌche auch bei einer Missbildung des FΓΆtus fΓΌr verfassungswidrig erklΓ€rte. Abortion Dream Team hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 44.000 Abtreibungen ermΓΆglicht.
Die GeneralsekretΓ€rin von Amnesty International, Agnes Callamard, erklΓ€rte: "Das heutige Urteil stellt einen neuen Tiefpunkt in der UnterdrΓΌckung der reproduktiven Rechte in Polen dar: ein RΓΌckschlag, fΓΌr den Frauen und MΓ€dchen β und diejenigen, die sich fΓΌr ihre Rechte einsetzen β einen hohen Preis zahlen mΓΌssen".
Der Fall schaffe einen gefΓ€hrlichen PrΓ€zedenzfall in Polen, wo Abtreibung fast vollstΓ€ndig verboten ist, fΓΌgte Callamard hinzu. Nach dem strengen polnischen Recht drohten der Aktivistin bis zu drei Jahre Haft wegen "Beihilfe zur Abtreibung" und "Inverkehrbringen von Medikamenten ohne Genehmigung".