Falcone-Attentäter startet in neues Leben Mafia-Killer ist wieder frei

Im Auftrag der Mafia brachte Giovanni Brusca mehr als 100 Menschen um – auch den Top-Juristen Giovanni Falcone. Jetzt ist sein Strafe verbüßt.
Mehr als drei Jahrzehnte nach dem Attentat auf den prominenten Anti-Mafia-Richter Giovanni Falcone ist einer der zentralen Täter ein freier Mann. Giovanni Brusca, einst enger Vertrauter des Cosa-Nostra-Bosses Salvatore Riina, hat seine Strafe vollständig verbüßt. Wie die italienischen Justizbehörden mitteilten, sind inzwischen auch die letzten Meldeauflagen aufgehoben. Brusca, der in den 1990er-Jahren als einer der brutalsten Killer der sizilianischen Mafia galt, lebt mittlerweile unter geändertem Namen in einem Zeugenschutzprogramm – außerhalb Siziliens.
Giovanni Brusca hatte im Mai 1992 den Sprengsatz gezündet, der Falcone, dessen Ehefrau und drei Leibwächter auf einer Autobahn nahe Palermo tötete. Es war ein Angriff auf eine Symbolfigur im Kampf gegen die organisierte Kriminalität Italiens. Brusca räumte später ein, mehr als hundert Menschen getötet zu haben. Zu seinen bekanntesten Verbrechen zählt auch die Entführung und Ermordung des zwölfjährigen Sohnes eines Kronzeugen. Die Leiche des Kindes wurde in Salzsäure aufgelöst.
Zusammenarbeit mit der Justiz
Vier Jahre nach dem Anschlag auf Falcone wurde Brusca verhaftet. Im Gefängnis entschied er sich zur Kooperation mit der Justiz. Er wurde Kronzeuge und gab zahlreiche interne Informationen über die Cosa Nostra preis. Wegen des Mordes an Giovanni Falcone wurde Brusca zu 25 Jahren Haft verurteilt. Bereits im Mai 2021 kam er aus dem Gefängnis frei – unter strengen Auflagen. Diese sind seit Ende Mai 2025 vollständig aufgehoben.
Justizvollzug versus Gerechtigkeitsempfinden
Maria Falcone, die Schwester des ermordeten Richters, reagierte mit deutlichen Worten auf die vollständige Freilassung Bruscas. Sie empfinde "Schmerz und tiefe Bitterkeit", sagte sie laut Nachrichtenagentur dpa. Zugleich erinnerte sie daran, dass das Gesetz, das eine reduzierte Strafe für Kronzeugen wie Brusca ermöglicht habe, auf eine Initiative ihres Bruders zurückgehe. Ziel sei es gewesen, die Mafia durch Aussagen von innen heraus zu bekämpfen.
Die Entlassung eines Mannes, der mehr als hundert Morde gestanden hat, stellt für viele eine schwer zu ertragende Vorstellung dar. Doch juristisch ist der Fall eindeutig: Brusca hat seine Strafe verbüßt. Seine Aussagen haben entscheidend zur Schwächung der Cosa Nostra beigetragen – ein Effekt, den die italienische Gesetzgebung seit den 1990er-Jahren bewusst einkalkuliert. Die Frage bleibt, wie sich das Spannungsfeld zwischen rechtlich sauberem Strafvollzug und dem gesellschaftlichen Gerechtigkeitsempfinden auflösen lässt.
- Material der Nachrichtenagentur dpa
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