Weihnachtsmarkt-Anschlag Magdeburg-Attentäter verschickt Briefe an Überlebende

Sechs Menschen sterben beim Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt, der Täter sitzt in Haft. Doch jetzt finden Betroffene plötzlich Schreiben in ihren Briefkästen – direkt vom Attentäter.
Der Attentäter, der auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt sechs Menschen tötete und Hunderte verletzte, hat offenbar mehrere persönliche Briefe an Opfer des Anschlags verschickt. Darüber berichtete zuerst die "Magdeburger Volksstimme".
In einem der Briefe schreibt der Attentäter Taleb al-Abdulmohsen, er "bitte um Verzeihung". Neben Reue bestehen die weiteren Zeilen der Zeitung zufolge allerdings aus wirren Beschreibungen und Anschuldigungen rund um saudische Asylbewerber. Sein Schreiben schließt al-Abdulmohsen mit diesen Worten: "Bitte kontaktieren Sie mich oder lassen Sie Ihren Vertreter mich kontaktieren oder besuchen. Mit freundlichen Grüßen, Taleb A."
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"Wie kann ein Mörder an die Adressen der Überlebenden kommen?"
Daneben sollen noch vier weitere Anschlagsopfer von Taleb al-Abdulmohsen kontaktiert worden sein, wie die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg am Montag der "Magdeburger Volksstimme" bestätigte. Doch woher hat al-Abdulmohsen die Privatadressen der Opfer? Unklar. Entsprechend groß ist der Schock. "Wir konnten es erst gar nicht glauben", zitiert die Zeitung einen der Empfänger. Die Erinnerungen an den Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt kämen wieder hoch.
Dem MDR sagte ein Empfänger: "Wir waren schockiert, als wir aus dem Urlaub nach Hause kamen und den Brief im Briefkasten fanden. Wie kann ein Mörder an die Adressen der Überlebenden kommen?" Und eine Seelsorgerin sagte dem Sender: "Keiner der Betroffenen, mit denen ich Kontakt hatte, ist an einer Entschuldigung interessiert."
Das Motiv hinter den verschickten Briefen bleibt unklar. Die Generalstaatsanwaltschaft hat Kopien der Briefe zu den Ermittlungsakten genommen. Der Beschuldigte habe sich darin auch zu der ihm vorgeworfenen Tat geäußert.
Briefe von Taleb al-Abdulmohsen sollen künftig telefonisch angekündigt werden
Nach Recherchen der "Magdeburger Volksstimme" dürften die Anwälte von Taleb al-Abdulmohsen Zugriff auf die Ermittlungsakten haben – darin könnten auch die Kontaktdaten der Opfer vermerkt sein. Der justizpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt sagte der Zeitung: "Die Generalstaatsanwaltschaft ist Herrin des Verfahrens und damit in der Pflicht, nicht nur die Ermittlungen voranzutreiben, sondern auch den Schutz der Opfer des Anschlags zu berücksichtigen."
Tatsächlich reagiert die Behörde nun. Künftig will die Generalstaatsanwaltschaft die Empfänger der Briefe telefonisch vorwarnen. "Wir wollen damit mögliche Retraumatisierungen vermeiden", sagte ein Sprecher. Lehnen die Adressaten die Briefe ab, sollen sie zurückgehalten werden. Alle Briefe werden grundsätzlich vorher durch die Ermittler gesichtet. Prinzipiell verhindern lassen sich die Schreiben nicht, wie ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg dem MDR erklärte. Es gelte das Briefgeheimnis, derartige Schreiben könnten nicht generell unterbunden werden.
Am 20. Dezember 2024 steuerte der Attentäter Taleb al-Abdulmohsen einen BMW mit hoher Geschwindigkeit über den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Sechs Menschen starben, darunter auch ein neunjähriges Kind. Mehr als 320 Passanten wurden teils schwer verletzt. Taleb al-Abdulmohsen war kurz daraufhin von der Polizei festgenommen worden. Er stammt aus Saudi-Arabien und hatte seit 2020 als Facharzt in einem Maßregelvollzug gearbeitet. Anfang Juli wurde er von Leipzig in ein Gefängnis nach Berlin verlegt.
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