"Gewaltkultur" in Heimen Bericht weist Missbrauch in Kinderheimen nach

Zahlreiche Kinder wurden in Heimen der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal missbraucht und misshandelt. Das geht aus einem Untersuchungsbericht hervor.
In den Heimen der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal in Baden-Württemberg haben Kinder von 1945 bis in die 1980er Jahre körperliche und sexualisierte Gewalt erlebt. Das geht aus dem Abschlussbericht von Experten hervor. Er bringe "erschreckende Gewissheit" darüber, was in den Heimen passiert sei, sagte der weltliche Gemeindevorsteher Klaus Andersen. "Wir bitten ehrlich und von Herzen um Entschuldigung."
Erziehungswissenschaftler Benno Hafeneger, der in dem Gremium zur Aufklärung saß, sprach von einer "Gewaltkultur" in den Heimen. In alten Akten habe er 18 dokumentierte Fälle von körperlicher und 15 Fälle sexualisierter Gewalt gefunden. "Man hat gewusst von Taten und Tätern." Die Brüdergemeinde habe damals zwar einige beschuldigte Mitarbeiter gekündigt und angezeigt, in anderen Fällen aber versucht, die Angelegenheiten heimintern zu klären. "Man könnte auch sagen, zu vertuschen", sagte Hafeneger.
Die Richterin im Ruhestand, Brigitte Baums-Stammberger, hat gut 100 Betroffene interviewt. Sie kam zum Ergebnis, dass 56 ehemalige Heimkinder sexualisierte Gewalt, 85 psychische Gewalt und 93 körperliche Gewalt erlebt hätten. Von den 81 beschriebenen Tätern hätten sich 8 als Intensivtäter herausgestellt, darunter sei ein Hausmeister, der von 30 Betroffenen in Zusammenhang mit sexueller Belästigung und Vergewaltigung genannt worden sei. Juristisch sind die Taten verjährt. Der Betroffene Detlev Zander hatte die Vorwürfe 2014 öffentlich gemacht und als erster Aufklärung gefordert.
Die evangelische Brüdergemeinde Korntal im Kreis Ludwigsburg wurde 1819 gegründet. Die Mitglieder zählen sich zu den Pietisten, die als besonders konservative Strömung im Protestantismus gelten. Die Brüdergemeinde hat nach eigenen Angaben 1500 Mitglieder, davon leben 800 bis 900 in Korntal.
- dpa