Auch in Deutschland verkauft Frankreich: Medikament verursacht Fehlbildungen bei Föten

Ein Epilepsie-Medikament verursachte schwere Fehlbildungen bei ungeborenen Kindern. Allein in Frankreich sind über 4.000 Fälle bekannt. Jetzt wird gegen den Pharmakonzern ermittelt.
Nach tausenden Fällen von Fehlbildungen bei Neugeborenen hat die französische Justiz ein Ermittlungsverfahren gegen den Pharmakonzern Sanofi eingeleitet. Dabei geht es um das Epilepsie-Medikament Depakine, wie das Unternehmen am Montagabend mitteilte. Das Arzneimittel enthält den umstrittenen Wirkstoff Valproat, der bei der Einnahme durch Schwangere Fehlbildungen bei Föten verursachen kann. Valproat wird auch in Deutschland verkauft.
In den Ermittlungen geht es nach Angaben von Sanofi um die Vorwürfe der "schweren Irreführung" und der "fahrlässigen Körperverletzung". Das französische Unternehmen bezeichnete die Ermittlungen als Gelegenheit, um zu zeigen, dass es bei dem Medikament seine "Informationspflichten erfüllt" habe. Die Ermittlungen umfassen einen Zeitraum von 25 Jahren: von 1990 bis 2015.
Verband spricht von tausenden Opfern
Der französische Verband Apesac, der hunderte betroffene Familien vertritt, begrüßte die Einleitung des Strafverfahrens. Das sei ein "wichtiger Wendepunkt in dem Fall", sagte Verbandsanwalt Charles Joseph-Oudin. Nach seinen Angaben gibt es "tausende Opfer" durch das Medikament.
Apesac vertritt rund 4.000 Menschen, die Hälfte davon sind betroffene Kinder. Der Verband geht seit 2016 juristisch gegen Sanofi vor und stützt sich auf Fälle von Müttern, die Depakine während der Schwangerschaft einnahmen. Bisher wurden nach Angaben des Anwalts von rund 40 Menschen Strafanzeige gegen Sanofi gestellt. Sie werfen dem Konzern vor, Schwangere nicht hinreichend über die Risiken informiert zu haben.
Mögliche Folgen: Fehlbildungen, Autismus, geistige Behinderungen
Laut einer Schätzung der französischen Arzneimittelaufsichtsbehörde ANSM vom April 2017 kamen bis zu 4.100 Kinder in Frankreich wegen des Wirkstoffs Valproat mit schweren Fehlbildungen auf die Welt. Demnach haben Frauen, die während der Schwangerschaft Valproat einnehmen, ein deutlich erhöhtes Risiko, ein Kind mit schweren Fehlbildungen zur Welt zu bringen. Auch Autismus und geistige Behinderungen können die Folge sein.
Depakine wird bereits seit 1967 in Frankreich vertrieben. Verschrieben wird das Medikament nicht nur gegen Epilepsie, sondern auch gegen bipolare Störungen. Die Gefahr von Fehlbildungen bei Babys ist seit Anfang der 80er Jahre bekannt. Seit 2015 darf das auch in Generika enthaltene Valproat in Frankreich schwangeren Frauen oder Frauen im gebärfähigen Alter nur noch verschrieben werden, wenn andere Medikamente nicht anschlagen.
- Nachrichtenagentur AFP