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Großrazzia in Berlin: Konflikt mit Tschetschenen wird Remmo-Clan zum Verhängnis


Großrazzia in Berlin
Konflikt mit Tschetschenen wird Remmo-Clan zum Verhängnis

  • Jonas Mueller-Töwe
Von Jonas Mueller-Töwe

18.02.2021Lesedauer: 3 Min.
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Einer der Beschuldigten wird von der Polizei abgeführt: Ein Mitglied der Familie Remmo ist festgenommen worden.Vergrößern des Bildes
Einer der Beschuldigten wird von der Polizei abgeführt: Ein Mitglied der Familie Remmo ist festgenommen worden. (Quelle: Christophe Gateau/dpa-bilder)

Der Ermittlungsdruck gegen Mitglieder der Familie Remmo bleibt hoch: Ein weiterer Spross wird bei einer Großrazzia verhaftet. Hintergrund ist auch ein Streit mit einer anderen Bande.

Immer wieder Berlin, immer wieder Neukölln, immer wieder die Sonnenallee: Wenn die Polizei in der Frühe mit Hundertschaften im Berliner In-Viertel einrückt, dann kommen einige Ziele in Frage und einige Clans und Banden, die das beunruhigen könnte. An diesem Donnerstagmorgen hat es die Familie Remmo getroffen, die immer wieder die Schlagzeilen mit schweren öffentlichkeitswirksamen Straftaten bestimmt. Seit einigen Monaten beschäftigen ihre Auseinandersetzungen mit einer tschetschenischen Bande eine ganze Ermittlungsgruppe der Polizei.

GSG9 an Razzia beteiligt

Die Rivalitäten sind Ermittlern zufolge Auslöser der Razzia. 22 Objekte in Neukölln, im Wedding, in Moabit, Spandau, Schöneberg, Reinickendorf und Brandenburg wurden durchsucht, 2 Haftbefehle vollstreckt. Dabei gingen Landeskriminalamt und Generalstaatsanwaltschaft offenbar vom schlimmsten aus: Die 500 Beamten wurden von Spezialkräften unterstützt, sogar von der für besondere Gefährdungslagen vorgesehene GSG9 der Bundespolizei.

Möglicherweise sind die in Rede stehenden Straftaten Grund für diese Vorsicht: Es soll um organisierten Waffenhandel gehen und um Drogengeschäfte im großen Stil. Die Körperverletzungen im Zuge der Bandenstreitigkeiten und Steuerhinterziehungen muten da fast wie Kavaliersdelikte an, fügen sich allerdings in das größere Bild eines möglicherweise eskalierenden Konflikts in den Straßen der Hauptstadt.

Frieden, dem die Behörden nicht trauen

Dieser sollte eigentlich längst beigelegt sein: Großspurig hatte der Boxer Manuel Charr verkündet, Frieden zwischen den beiden Parteien vermittelt zu haben, nachdem mit Schlagstöcken und Messern bewaffnete Tschetschenen Mitte November einen Neuköllner Kiosk an der Wildenbruchstraße überfielen und anschließend schwerste Schlägereien am Berliner Gesundbrunnen ausbrachen. Polizeipräsidentin Barbara Slowik traute der angeblichen Ruhe aber nicht so recht.

"Das ist keine Garantie, ganz im Gegenteil, dem scheint man so eigentlich nicht Glauben schenken zu können", zitierte die Boulevard-Zeitung "B.Z." die Spitzenbeamtin aus dem Berliner Innenausschuss. "Wir halten weitere Eskalationen für wahrscheinlich, gegebenenfalls mit einem weiteren zeitlichen Abstand." Zwar sei nicht klar, ob es sich tatsächlich um Revierkämpfe handele, wie in den Medien spekuliert. Es handele sich aber um Streitigkeiten im kriminellen Milieu.

Kampf um den Drogenhandel

Erst kürzlich warnte ein führender Ermittler des Berliner Landeskriminalamtes vor den schwelenden Konflikten: Neue Banden würden seit einigen Jahren versuchen, in den kriminellen Markt einzudringen. "Besonders Tschetschenen entwickeln sich zunehmend von der Rolle des kriminellen Dienstleisters zum kriminellen Akteur." Auch das Bundeskriminalamt, der Brandenburger Verfassungsschutz und Berlins Innensenator Andreas Geisel warnten vor künftigen blutigen Revierkämpfen. Demnach wollten tschetschenische Gruppen Teile des Drogenhandels übernehmen.

Zentral in den Konflikt verwickelt soll laut "Spiegel" und "Bild"-Zeitung ein Spross der Familie R. sein, vielfach vorbestraft und nur mit Glück der Abschiebung entgangen. Er sei auch an der Schlägerei am Gesundbrunnen beteiligt gewesen – während er nach einer Haftstrafe mit elektronischer Fußfessel unter sogenannter Führungsaufsicht stand. Er sei auf Videoaufnahmen zu erkennen. Die Staatsanwaltschaft bestätigte die Berichte.

Zudem habe das Bundeskriminalamt seine verschlüsselte Kommunikation des Kurznachrichtendienstes "EncroChat" ausgewertet und daraus Rückschlüsse auf kriminelle Geschäfte ziehen können. Er und ein 22-jähriger deutscher Komplize namens Frank seien festgenommen worden. "Beide Verhaftungen beruhten auf EncroChat", sagte Oberstaatsanwalt Thorsten Cloidt. Es gehe um den Handel mit Drogen und Maschinenpistolen. Der 44-Jährige stehe im Verdacht eine Marihuana-Plantage betrieben zu haben. Auch der Betrieb eines "Kokain-Taxis" sei Grundlage der Durchsuchungen gewesen.

Grünes Gewölbe und "Big Maple Leaf"

Die beiden Männer sind nicht die einzigen, die sich derzeit im Umfeld der Familie Remmo mit ernsthaften juristischen Schwierigkeiten konfrontiert sehen. Erst kürzlich verhafteten Fahnder mehrere Remmos aufgrund des Juwelendiebstahls im Grünen Gewölbe. Nach zwei Brüdern wurde international gesucht. Einer von ihnen ist weiterhin auf der Flucht. Der Fall hatte erneut Aufmerksamkeit auf die Familie gelenkt, die bereits wegen einer Vielzahl spektakulärer Straftaten in Verruf geriet.

Auch durch die erfolgreichen Razzien im Fall des Grünen Gewölbes drängte sich der Eindruck auf, dass sich der hohe Ermittlungsdruck der Behörden bezahlt machte. Schließlich waren schon zuvor Clanmitglieder für den Diebstahl der berühmten Goldmünze "Big Maple Leaf" verurteilt worden, Immobilien wurden eingezogen. Der Konflikt mit den Tschetschenen verstärkt diesen Eindruck: Oft streben neue Gruppierungen in Schwarzmärkte, wenn andere durch Strafbehörden geschwächt werden.

Verwendete Quellen
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