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Schlacht von Singapur 1942: Großbritannien wurde noch nie zuvor so gedemütigt


Schlacht von Singapur 1942
So gedemütigt wurde Großbritannien niemals zuvor

Von Marc von Lüpke

13.02.2022Lesedauer: 4 Min.
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Gefangene Briten: Mit dem Fall von Singapur erlitt Großbritannien die größte militärische Niederlage seiner Geschichte.Vergrößern des Bildes
Gefangene Briten: Mit dem Fall von Singapur erlitt Großbritannien die größte militärische Niederlage seiner Geschichte. (Quelle: TopFoto/ullstein-bild)

Singapur galt als uneinnehmbare Bastion Großbritanniens in Asien. Doch als die zahlenmäßig schwächeren Japaner angriffen, erwies sich die Festung eher als Kartenhaus. Vor 80 Jahren kam es zum Desaster.

Die deutsche Wehrmacht hatte es vorgemacht. Mit Höchstgeschwindigkeit hatte sie ihre Panzer 1939 gegen Polen geworfen, mit der zackigen Devise "Blitzkrieg" fasste die nationalsozialistische Propaganda den siegreichen Feldzug dann zusammen. Viele Kilometer weiter im Osten fand Anfang 1942 Ähnliches statt. Oder fast zumindest. Auf Tausenden Fahrrädern eilten dort japanische Soldaten über die Malaiische Halbinsel gen Süden. Es handelte sich um eine Art "Blitzkrieg auf Drahteseln", das Ziel war das britische Singapur, Schlüssel zur Herrschaft über den Fernen Osten.

Am 7. Dezember 1941 hatte die japanische Kriegsmarine zuvor den US-Flottenstützpunkt Pearl Harbor auf Hawaii attackiert. Bereits einen Tag später griffen dann weitere Bomber das britische Singapur an. Die Stadt sollte, sie musste japanisch werden, so die Strategie der kaiserlichen Generäle. Für Großbritannien, dessen Kolonialreich sich noch immer um den gesamten Erdball erstreckte, zeichnete sich hingegen eine Niederlage von katastrophalem Ausmaß ab.

In Eilmärschen gen Süden

"Schnelligkeit ist im Krieg lebensnotwendig" – diese Überzeugung fasste Generalmajor Kawamura Saburo vor dem Kriegsbeginn mit den USA und Großbritannien noch einmal zusammen. Um sie wenig später beim Feldzug gen Singapur zu verwirklichen. In seinem vor einigen Jahren erschienen Buch "Zwischen Kollaboration und Widerstand. Die japanische Besetzung in Malaya und Singapur (1942-1945)" beschreibt der deutsch-japanische Historiker Takuma Melber eindrucksvoll, wie Japan die Überwältigung der zahlenmäßig weit überlegenen Briten gelang.

Wobei die schon angesprochenen Drahtesel tatsächlich eine wichtige Rolle spielten, denn sie machten Japans Soldaten schnell und flexibel. Während der Feind so flott unterwegs war, lässt sich dies für die Führung der britischen Truppen auf der Malaiischen Halbinsel nicht unbedingt behaupten.

Arthur Ernest Percival hatte diese Stellung inne. "Sturheit" attestierte ihm der britische Militärhistoriker Antony Beevor einmal, ergänzend dazu sei Percival auch noch "zaghaft" gewesen. Allerdings mangelte es dem Offizier auch an fast allem, was eine effektive Verteidigung Malayas und Singapurs möglich gemacht hätte. Darunter vor allem Flugzeuge und Kriegsschiffe.

Rund 600 Maschinen der Royal Air Force hätten zur Verteidigung Singapurs und der Malaiischen Halbinsel zur Verfügung stehen sollen, vorhanden waren 158. Jedenfalls so lange, bis die Japaner sie ausschalteten und die Herren am Himmel wurden. Wie sah es aber auf dem Meer aus? Immerhin blickte die Royal Navy auf eine lange Geschichte als stärkste Kriegsmarine der Welt zurück.

Vom stolzen Kriegsschiff zum Wrack

Am 10. Dezember 1941 hatte dieser Nimbus allerdings Schaden genommen. Gerade um der japanischen Bedrohung zu begegnen, waren die Kriegsschiffe "HMS Prince of Wales" und "HMS Repulse" nach Singapur entsandt worden. Die "Prince of Wales", ein Schlachtschiff von knapp 230 Metern Länge, war der Stolz der Royal Navy, Anfang 1941 erst in Dienst gestellt.

Nur um am besagten 10. Dezember von japanischen Marinefliegern mitsamt der "Repulse" auf den Grund des Meeres geschickt zu werden. An Land, bei den britischen, australischen und indischen Soldaten, die Malaya im Namen von König George VI. verteidigten, herrschte Entsetzen angesichts dieser Nachricht.

Gleichwohl kämpften viele Einheiten tapfer. Anfang Januar 1942 ereigneten sich in der Nacht verzweifelte Attacken bei dem nördlich von Kuala Lumpur gelegenen Kampar. Im Schutz der Dunkelheit griffen die britischen Streitkräfte an, es kam zum Kampf Mann gegen Mann, ausgetragen mit Bajonetten. Rund 500 Soldaten büßten die Briten ein, ein "regelrechtes Blutbad" schreibt Melber.

"Der Feind leistet hartnäckig Widerstand", notierte der Japaner Hashimoto Shinobu während des Feldzugs anerkennend. "Ein weiterer Vorstoß ist unmöglich." Er war es aber letztendlich doch. Immer weiter drangen die kaiserlichen Soldaten gen Süden vor, mühselig, denn die sich zurückziehenden Briten zerstörten Brücken und Infrastruktur. Anfang Februar 1942 war es dann so weit: Der Angriff auf Singapur begann.

Siegreich gegen eine Übermacht

Er fing an mit Attacken aus der Luft und Artilleriebeschuss, dann überquerte die Infanterie die Straße von Johor, die Singapur vom Festland trennt. 30.000 Verteidiger erwartete Yamashita Tomoyuki, Befehlshaber der angreifenden Japaner, in Singapur. Tatsächlich standen ihm aber bis zu 100.000 Mann gegenüber.

Die allerdings trotz heftigster Gegenwehr auf verlorenem Posten kämpften. Am 11. Februar hätte Yamashita Tomoyuki gerne die Einnahme Singapurs verkündet, immerhin ist dieses Datum der Nationalfeiertag Japans. Doch die Kämpfe zogen sich weiter hin, die Japaner erwarteten, Haus für Haus in erbittertem Straßenkampf einnehmen zu müssen.

Dann geschah das "Wunder". Die Briten, zahlenmäßig haushoch überlegen, kapitulierten zur völligen Verblüffung der Gegner. In den folgenden Gesprächen gelang es Yamashita angesichts seiner eigentlichen Unterlegenheit geschickt, bei den Briten nicht den Gedanken an eine Wiederaufnahme der Kämpfe aufkommen zu lassen. Offensichtlich wusste Percival gar nicht, wie unterlegen ihm die Angreifer waren. Einer der "größten Bluffs in der Militärgeschichte" war Yamashita geglückt, wie Melber den Militärhistoriker Mark Felton zitiert.

100 Tage hatten die japanischen Generäle für die Eroberung der Malaiischen Halbinsel angedacht, Joseph Goebbels im fernen Deutschland gar mit vier Monaten gerechnet. Yamashita benötigte nicht einmal 70 Tage. Als "Tiger von Malaya" sollte er fortan gelten. Die Briten hingegen mussten den Verlust von nahezu 90.000 Mann hinnehmen, die in Gefangenschaft gingen.

Und mehr noch: Singapur, auch als das "Gibraltar des fernen Asiens" bezeichnet, war verloren. Darüber hinaus hatte das so stolze Großbritannien niemals zuvor eine derartige Niederlage in der Geschichte seines Militärs erlitten. Erst im September 1945 sollte der Union Jack wieder über der Stadt wehen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Takuma Melber: Zwischen Kollobaration und Widerstand. Die japanische Besetzung in Malaya und Singapur (1942-1945), (Krieg und Konflikt 1) Frankfurt/Main 2017
  • Antony Beevor: Der Zweite Weltkrieg, München 2014
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