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Deutschland vor Erstem Weltkrieg: Britisches Schlachtschiff schockte


"HMS Dreadnought"
Dieses Super-Schlachtschiff schockierte die Welt


18.07.2025 - 11:40 UhrLesedauer: 5 Min.
"HMS Dreadnought": Mit dem Bau des Schlachtschiffs löste Großbritannien einen Schock aus.Vergrößern des Bildes
"HMS Dreadnought": Mit dem Bau des Schlachtschiffs überraschte Großbritannien die anderen Großmächte. (Quelle: mirrorpix/ullstein-bild)
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Stark, schnell, tödlich: Mit der "HMS Dreadnought" revolutionierte Großbritannien 1906 den Bau von Schlachtschiffen. Die Folgen waren auch für Deutschland gewaltig.

Heitere Stimmung herrschte am 10. Februar 1906 im britischen Portsmouth. In Scharen strömten die Menschen zur dortigen Marinewerft. Kein Wunder, schließlich sollte dort an diesem Tag ein einzigartiges neues Kriegsschiff vom Stapel laufen und die Welt das Fürchten lehren: Die "HMS Dreadnought" revolutionierte den Bau von Schlachtschiffen und unterstrich Großbritanniens Selbstverständnis als maritime Supermacht.

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Entsprechend gut aufgelegt waren die Besucher des Stapellaufs der rund 160 Meter langen "Dreadnought". Werftarbeiter trällerten Großbritanniens inoffizielle Hymne "Rule Britannia!", König Eduard VII. war eigens für die Taufe des Schiffes in die Stadt gereist. Der Name "Dreadnought" (zu Deutsch "Fürchtenichts") war für das mächtige Schlachtschiff nicht nur folgerichtig, sondern auch traditionsbewusst: 1805 hatte eine andere "Dreadnought" in der Schlacht von Trafalgar den triumphalen Sieg der Royal Navy über die vereinte französisch-spanische Flotte Napoleon Bonapartes mit erkämpft.

Nach kleineren Schwierigkeiten – die vom König zur Taufe geschwungene Flasche wollte zunächst nicht zerbrechen – glitt die neue "Dreadnought" unter allgemeinem Jubel ins Wasser. Wohl kaum zum Jubeln zumute war hingegen Carl Coerper, der als deutscher Marineattaché gemeinsam mit zahlreichen Kollegen aus anderen Staaten den Feierlichkeiten beiwohnte. Denn das immer breitbeiniger auftretende Deutsche Reich sah sich in zunehmender Konkurrenz zum britischen Empire.

Warum aber war die "Dreadnought" derart revolutionär und alarmierte Militärs und Politiker weltweit? Das lag an dem ebenso simplen wie genialen Konzept, das ihr zugrunde lag. "Ein Schlachtschiff ist eine schwimmende Plattform für Schiffsgeschütze zur Bekämpfung feindlicher Schiffe", hat es der US-Historiker Robert K. Massie zusammengefasst. Feuerkraft und Reichweite, Panzerung und Geschwindigkeit sind dementsprechend diejenigen Faktoren, die über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Gewaltige Feuerkraft

John "Jacky" Fisher, seit 1905 Erster Seelord der Royal Navy, setzte konsequent auf eine effiziente Bündelung dieser Faktoren. Die "Dreadnought" sollte die Richtigkeit dieses Ansatzes demonstrieren. Fisher legte im Gegensatz zum "Sammelsurium" an Geschützen bei früheren Schlachtschiffen Wert auf eine einheitliche Bewaffnung von möglichst großen Kalibern: So verfügte die "Dreadnought" über zehn Geschütze vom Kaliber 30,5 Zentimeter in fünf Zwillingsgeschütztürmen. Diese konnten Granaten mit einem Gewicht von fast 400 Kilogramm über eine Distanz von mehr als 10 Kilometern verschießen.

Zwar hatten auch frühere Kriegsschiffe schon derart große Kaliber erhalten, doch diese wurden durch zahlreiche kleinere Geschütze ergänzt. Damit war nun Schluss: Die "Dreadnought" verfügte zwar auch über Torpedorohre und rund zwei Dutzend Geschütze vom Kaliber 7,6 Zentimeter, doch letztere waren ausschließlich zur Bekämpfung von kleineren feindlichen Einheiten wie attackierenden Torpedo- und Schnellbooten gedacht.

Der technische Fortschritt hatte die breite Verwendung gewaltiger und weitreichender Geschütze vom Kaliber 30,5 Zentimeter ermöglicht. Die Granaten mussten nicht nur weit fliegen, sondern auch zielgenau treffen, was durch optische Zielerfassungen ermöglicht wurde. Zudem erleichterte die Verwendung einheitlicher Geschütze und Kaliber die Koordination des Geschützfeuers durch zentrale Zielerfassung und es mussten nicht mehr so viele Munitionsarten wie zuvor vorgehalten werden.

Die Feuerleitanlage der "Dreadnought" war hochmodern und konnte die Geschütze exzellent koordinieren. "Drei 30,5cm-Granaten, die jede Minute an Deck und in den Aufbauten detonieren, würden die Hölle sein", zitiert Massie den Admiral Jacky Fisher.

"Der König ist hocherfreut"

Blieb noch der Faktor Geschwindigkeit: 21 Knoten sah Fisher für die "Dreadnought" vor, fast 40 Kilometer pro Stunde. Das war mit den bislang verwendeten Dampfmaschinen nicht zu leisten, weswegen das neue Schlachtschiff moderne Dampfturbinen erhielt. Während es Fisher bei Geschützen und Geschwindigkeit nicht groß und schnell genug sein konnte, war er bei der Panzerung der "Dreadnought" eher zurückhaltend. Gleichwohl erhielt das Schiff eine massive Panzerung, wenn Fisher auch eigentlich befand: "Geschwindigkeit ist Panzerung." Für ihn war die Devise: "Auf das Zuschlagen kommt es an." Wie letzteres ging, hatten die Japaner in der Seeschlacht bei Tsushima 1905 gegen die russische Flotte demonstriert. Die britische Admiralität hatte daraus ihre Schlüsse gezogen.

Auf Geschwindigkeit legte Fisher auch bei der Fertigstellung der "Dreadnought" größten Wert. Die Marinewerft in Portsmouth galt als schnell und effizient, durch vorausschauende Planung und Standardisierung gelang die Fertigstellung in beeindruckender Zeit: Am 2. Oktober 1905 fand die Kiellegung statt, am 10. Februar 1906 der Stapellauf und bereits am 1. Oktober 1906 ging es für die "Dreadnought" zur Erprobungsfahrt. Alles lief zur vollen Zufriedenheit, Eduard VII. ließ mitteilen: "Der König ist hocherfreut." 33 Monate dauerte für gewöhnlich der Bau eines britischen Schlachtschiffes, so der Historiker Massie. Die "Dreadnought" war in knapp einem Jahr fertig geworden.

Das hochmoderne Schlachtschiff stellte Deutschland vor ein gewichtiges Problem und eine schwere Entscheidung: Wie sollte die Kaiserliche Marine nun vorgehen? Dabei spielte ein Nadelöhr im Norden des Reichs eine entscheidende Rolle: der Kaiser-Wilhelm-Kanal, heute der Nord-Ostsee-Kanal. Wenn zukünftig größere deutsche Schlachtschiffe es mit der "Dreadnought" und ihren Nachfolgern aufnehmen sollten, musste der dafür zu kleine Kanal entsprechend ausgebaut werden. Denn die deutsche Hochseeflotte war darauf angewiesen, ihre Einheiten mittels des Kanals schnell von der Ost- in die Nordsee und umgekehrt verlegen zu können.

Immer gewaltiger

Kaiser Wilhelm II. hatte schon bei Bekanntwerden der gewaltigen und einheitlichen Geschütze der "Dreadnought" geäußert: "Meiner Meinung nach ist dies die Bewaffnung der Zukunft." Alfred von Tirpitz, Chef des Reichsmarineamtes, war der gleichen Ansicht: Der Kaiser-Wilhelm-Kanal wurde erweitert, zugleich gingen die Marineplaner an den Entwurf von Kriegsschiffen, die in der Lage sein sollten, es mit der "Dreadnought" aufzunehmen.

In Großbritannien standen Jacky Fisher und sein neues Schiff derweil heftig in der Kritik – und das aus nachvollziehbarem Grund. Bis die "Dreadnought" die Welt erschütterte, war die Royal Navy unangefochten, was die Qualität und vor allem die Quantität ihrer Kriegsschiffe anging. Doch mit dem erfolgreichen Bau der "Dreadnought" wurden die Karten neu gemischt: Nun gingen auch andere Länder – um nicht ins Hintertreffen zu geraten – eilig dazu über, solche modernen Schlachtschiffe bauen, die älteren Einheiten überlegen waren.

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Das tat dann vor allem Deutschland, produzierte dabei allerdings stets weniger Schiffe als Großbritannien. Die "HMS Dreadnought" von 1906 spielte jedoch in der Geschichte des Seekriegs – und insbesondere des Ersten Weltkriegs – keine große Rolle. Was auch an der rasanten technischen Weiterentwicklung lag: Schnell entstanden sogenannte "Super-Dreadnoughts".

Am 18. März 1915 erzielte die "Dreadnought" gleichwohl einen Erfolg – allerdings nicht gegen ein anderes Schlachtschiff, sondern gegen ein deutsches Unterseeboot: Die "Dreadnought" rammte und versenkte an diesem Tag "U 29". 1923 wurde der einstige Stolz der Royal Navy dann abgewrackt. Und das Zeitalter der hochmodernen Schlachtschiffe, das die "Dreadnought" eingeleitet hatte, war schon bald wieder vorbei. Im Zweiten Weltkrieg erwiesen sich ihnen die Flugzeugträger als weit überlegen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Knud Jakobsen: "Die Seeschlacht vor dem Skagerrak und der Erste Weltkrieg in der Nordsee", Thyborøn 2018
  • Robert K. Massie: "Die Schalen des Zorns. Grossbritannien, Deutschland und das Heraufziehen des Ersten Weltkrieges", Frankfurt/Main 1993
  • Roger Parkinson: "Dreadnought. The Ship that Changed the World", London 2015
  • welt.de: "Mit diesem britischen Super-Schlachtschiff begann der Seekrieg neu"
  • stern.de: "Die 'Dreadnought' verwandelte alle älteren Kriegsschiffe in schwimmendes Altmetall"

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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