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Neutral-Moresnet: Entdecken Sie den vergessenen Mikrostaat bei Aachen


Ausflugstipp
Eine Reise in den vielleicht kleinsten Staat der Welt

Von t-online, kk

24.05.2025 - 06:00 UhrLesedauer: 3 Min.
Die belgische Stadt La Calamine (Archivbild): Die Aachener kennen sie als Kelmis, früher hieß sie "Neutral-Moresnet" und war ein unabhängiger neutraler Kleinststaat.Vergrößern des Bildes
Die belgische Stadt La Calamine (Archivbild): Die Aachener kennen sie als Kelmis, früher hieß sie "Neutral-Moresnet" und war ein unabhängiger neutraler Kleinststaat. (Quelle: IMAGO / Pond5 Images)
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Kaum bekannt, aber faszinierend: An der Grenze zu Aachen existierte einst der winzige Staat Neutral-Moresnet. Ein eigenes Steuersystem und sogar eine Kunstsprache gehörten dazu.

Die kleine belgische Stadt La Calamine, knapp 10 Kilometer von Aachen entfernt, gehört zu den kuriosesten Orten Europas. Fast ein Jahrhundert lang existierte hier ein unabhängiger Mikrostaat mit dem Namen Neutral-Moresnet – mit eigener Flagge, eigenem Steuersystem, eigener Briefmarke und eigener Sprache. Er umfasste nur etwa 350 Hektar Fläche.

Wer die seltsame Geschichte von La Calamine (Aachener kennen die Stadt besser als Kelmis) verstehen will, kann das örtliche Museum Vieille Montagne besuchen. Dort können Besucher viele kuriose Artefakte aus der Zeit entdecken, in der Kelmis noch ein Mikrostaat war.

Vor dem ersten Weltkrieg wurde in Kelmis Zink abgebaut

Moresnet war einst ein Zentrum des Zinkabbaus. Die große Mine Vieille Montagne vor den Toren der Stadt lieferte die Basis für Zinkverkleidungen auf den Dächern von Paris, diente als Grundlage für die Herstellung von Zinksalbe und war ein wichtiger Rohstoff für die Rüstungsindustrie.

Nach dem Sturz Napoleons, als die Landkarte Europas neu gezeichnet wurde, lag die wertvolle Mine genau zwischen den Niederlanden und dem damaligen Preußen. 1816 wurde das Gebiet dann zu einem neutralen Territorium erklärt – Neutral-Moresnet –, begrenzt durch exakt 60 Grenzsteine.

Bei speziellen Führungen und Ausstellungen werden ungewöhnliche Geschichten aus der Lokalgeschichte erzählt, etwa über sogenannte "Kaufkinder", Schmuggel durch Kinder und das Leben von Jugendlichen im Kuriosum Neutral-Moresnet.

Ein Arzt und ein Sprachlehrer führen eine neue Sprache ein

Neutral-Moresnet war auch Schauplatz eines der ungewöhnlichsten utopischen Experimente der Geschichte: Der lokale Arzt Wilhelm Molly und der französische Sprachlehrer Gustave Roy überzeugten die Bevölkerung, den Staat in "Amikejo" umzubenennen und Esperanto als offizielle Sprache einzuführen. "Amikejo" ist Esperanto und bedeutet "Ort der Freunde".

Molly und Roy kam der Mikrostaat damals perfekt vor für dieses sprachliche Experiment, da der Kleinstaat bis dato als politisches Niemandsland galt, das keiner der großen Mächte eindeutig zugehörig war. Zudem war die Bevölkerung von Neutral-Moresnet international und mehrsprachig, da viele Arbeiter aus verschiedenen Ländern wegen der Zinkmine dorthin gezogen waren. Eine gemeinsame Sprache hätte also ein Zusammengehörigkeitsgefühl schaffen können.

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1908 wurde dieser Plan öffentlich gefeiert: Im Hotel "Bergerhoff" in Altenberg (Kelmis) riefen Esperanto-Anhänger Neutral-Moresnet feierlich zum Esperanto-Staat aus. Es gab eine eigene Flagge, ein Wappen, einen Konsul und durch die Einführung der neuen Sprache bald sogar zwei Nationalhymnen.

Mit dem ersten Weltkrieg endet der Mikrostaat

Die ältere war auf Deutsch, sie hatte die Melodie des Weihnachtsliedes "O Tannenbaum" und begann mit der Strophe: "O Altenberg, o Altenberg, du kannst mir sehr gefallen." Die zweite war bereits auf Esperanto und lautete: "Nova vorto flugas tra la mondo, En Esperantujo jam konata; Amikejo eĥas en la rondo, Vort' de tiuj ĝoje akceptata." Übersetzt bedeutet das laut Google: "Ein neues Wort fliegt durch die Welt, das auf Esperanto bereits bekannt ist. Eine freundliche Stimme hallt im Kreis, ihre Worte werden freudig aufgenommen."

Die Bewegung hatte zahlreiche Unterstützer, und auch die Kneipen hatten damals schon begonnen, Schilder auf Esperanto aufzustellen. Doch der Traum endete abrupt mit dem ersten Weltkrieg. 1914 besetzten deutsche Truppen das Gebiet. Heute erinnern nur noch vereinzelte Grenzsteine im Wald und das kleine Museum mit seinen skurillen Überbleibseln an den einstigen, neutralen Mikrostaat.

Verwendete Quellen

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