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Brandschutzprüfung: Polizei bricht in "Rigaer 94" Türen auf


Berlin
Brandschutzprüfung: Polizei bricht in "Rigaer 94" Türen auf

Von dpa
17.06.2021Lesedauer: 4 Min.
Rigaer StraßeVergrößern des BildesPolitzisten öffnen die Tür dem Haus Rigaer 94 in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain. (Quelle: Carsten Koall/dpa/dpa-bilder)
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Zur Durchsetzung der lange angekündigten Brandschutzprüfung in dem teilbesetzten Haus "Rigaer 94" in Berlin-Friedrichshain hat sich die Polizei gewaltsam Zutritt zu dem verbarrikadierten Haus verschafft. Polizisten brachen am Donnerstagvormittag mit schwerem Gerät Türen auf. Bewohner aus der linksradikalen Szene, die seit langem zum Widerstand aufgerufen hatten, besprühten sie mit Pulver aus einem Feuerlöscher und bewarfen sie mit Farbe.

Die Polizei sprach von mindestens 21 verletzten Beamten und kündigte die Suche nach den Tätern in dem Gebäudekomplex aus drei Häusern an. Erst am Mittag konnte der Brandschutzprüfer das Grundstück in der Rigaer Straße betreten. Die Prüfung könnte bis zum Freitag dauern.

Die Polizei war nach eigenen Angaben mit insgesamt mehr als 1000 Kräften im Einsatz. Die Straßen um das Haus waren weiträumig von Polizisten abgesperrt und mehrere Dächer von ihnen besetzt. In der Nachbarschaft der "Rigaer 94" blieben am Donnerstag Schule und Kita geschlossen, ebenso das Bezirksamt. Die Polizei handelte im Auftrag der Bauaufsicht des Bezirks, die für den Brandschutz zuständig ist und die Bewohner widerwillig und erst nach Gerichtsurteilen zur Duldung der Prüfung verpflichtet hatte.

Am Mittwochvormittag vor der geplanten Brandschutzprüfung hatten Vermummte Barrikaden errichtet, angezündet und die alarmierten Polizisten mit einem Steinhagel angegriffen. Die Polizei sprach von etwa 200 Gewalttätern. 65 Polizisten seien verletzt worden, zwei davon schwer. Mehrere Verdächtige wurden festgenommen. In der Nacht zu Donnerstag wurden bei Gebäuden in Kreuzberg fast 20 Scheiben eingeworfen; daneben stand: "R94 bleibt".

In dem Gebäudekomplex aus drei Häusern mit 30 Wohnungen waren schon vor Jahren zahlreiche Mängel beim Brandschutz dokumentiert worden: fehlende Fluchtwege, Wanddurchbrüche, fehlerhafte Elektroleitungen und Sperren in Treppenhäusern. Für einen Teil der 30 Wohnungen gibt es Mietverträge - es ist aber unklar, wer dort wohnt. Das Haus ist eines der letzten zum Teil besetzten Häuser in der Hauptstadt und gilt auch als Symbol für die linksextreme Szene.

Am Donnerstagvormittag verhandelten zunächst Bezirk, Polizei, der Brandschutzexperte und Anwälte der Bewohner über die gerichtlich angeordnete Prüfung. Die Bewohner wollten den Brandschutzexperten nur allein, ohne Polizeischutz, einlassen. Das lehnte er jedoch ab. Anwälte der Bewohner kletterten durch Fenster rein und wieder raus.

Schließlich trugen Polizisten Ramme, Trennschleifer und Kettensäge zum Haus und brachen sehr schnell das erste Tor zum Durchgang des Vorderhauses auf. Für eine zweite Tür brauchten sie deutlich länger und wurden währenddessen durch Öffnungen von innen mit Feuerlöschpulver besprüht. Mit Gasmasken arbeiteten sie weiter.

Schließlich verschafften sich Polizisten über den Hof eines Nachbarhauses Zugang zum Hinterhof, wo sie mit Farbe beworfen oder überschüttet wurden. Bewohner riefen parallel über Lautsprecher zum Widerstand auf. Das Lied "Cop Killer" dröhnte über die Straße. Über dem Haus explodierten Raketen und es waren Böller zu hören. Nach ersten Angaben der Polizei wurden 8 Polizisten durch Feuerlöschpulver verletzt, weitere 13 erlitten ein Knalltrauma.

Verbarrikadiert waren auch der Seitenflügel und das Hinterhaus. Die Polizei brauchte weitere Stunden, um auch dort einzudringen. Nachbarn berichteten auf der Straße, die Bewohner hätten in den letzten Wochen viel Baumaterial in das Haus getragen. Kurz vor 12.00 Uhr twitterten die Bewohner aus dem Hintergebäude: "Die Polizei ist im Haus." Gegen 12.45 Uhr erschien dann der wartende Brandschutzprüfer mit einer Begleitung und betrat das Haus.

Die Bewohner twitterten: "Gerade begutachtet der sogenannte Experte in Begleitung der bezirklichen Expertin den Brandschutz. Die Polizei hat die Treppenhäuser besetzt, es gab keine Auseinandersetzungen innerhalb des Hauses. Menschen sind in Wohnungen und wurden bisher nicht behelligt." Für den Abend war eine Demonstration von Unterstützern der Bewohner in Friedrichshain geplant.

Ein Anwalt des Hausbesitzers kündigte an, noch am Donnerstag oder Freitag das Gebäude betreten zu wollen, um die Gemeinschaftsflächen wie Hof und Treppenhäuser zu sehen. Es sei aber unklar, ob die Polizei das gestattet. Der Besitzer wolle wissen, in welchem Zustand das Haus ist und wer eigentlich in seinen Wohnungen lebe, sagte der Anwalt. Das Oberverwaltungsgericht hatte dem Brandschutzexperten den Zugang erlaubt, aber dem Eigentümer das Betreten von Wohnungen untersagt.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte, im Zusammenhang mit den Angriffen vom Mittwoch liefen zwölf Ermittlungsverfahren unter anderem wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und besonders schweren Landfriedensbruchs. "Es ist äußerste Brutalität an den Tag gelegt worden", sagte Geisel im Abgeordnetenhaus. "Das ist offenes Gangstertum." Er fügte hinzu: "Ich bin fest überzeugt, dass der Rechtsstaat an dieser Stelle Zähne zeigen muss, dass wir das nicht einfach hinnehmen können."

Die Innenministerkonferenz, die derzeit im baden-württembergischen Rust tagt, erklärte: "Gewalt ist niemals ein Mittel der politischen Auseinandersetzung und im demokratischen Meinungsstreit." Die Innenminister stünden "uneingeschränkt hinter den Sicherheitskräften, die vor Ort im Einsatz waren und auch heute wieder sind". Wer Polizisten angreife, "greift unsere Gesellschaft als Ganzes an". Weiter hieß es: "Das akzeptieren wir nicht - egal, ob die Gewalt rechts- oder linksextremistisch oder islamistisch motiviert ist".

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