Ende der Streiks? "Kann ich mir nicht vorstellen"
Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr fΓΌr Sie ΓΌber das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zwei Gewerkschaften haben bundesweit den Verkehr lahmgelegt. Auch in Frankfurt haben sich viele Menschen dem Arbeitskampf angeschlossen β sie stehen hinter den Forderungen nach mehr Lohn.
Einsam steht ein Paar am Montagmorgen an einem Gleis am Frankfurter
Hauptbahnhof. Das Gleis bleibt leer, auf der Infotafel steht: EVG-Streik. "Wir bleiben wohl lΓ€nger als gedacht in Frankfurt", ruft der Mann seiner Reisebegleitung zu, wΓ€hrend er seinen Koffer Richtung Ausgang wuchtet. Sie sind offenbar trotz des angekΓΌndigten Warnstreiks zum Frankfurter Hauptbahnhof gekommen. Vergeblich.
Denn: Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat gemeinsam mit Verdi zum bundesweiten GroΓwarnstreik im Verkehrsbereich aufgerufen. Damit stehen die ZΓΌge, Busse und Flugzeuge am Montagmorgen weitgehend still. Verdi schΓ€tzt, dass es hessenweit knapp 4.500 Menschen werden. Die EVG geht von weiteren 5.000 Teilnehmenden aus. Fast 10.000 Menschen kΓΆnnten es insgesamt werden.
Jochen Koppel, Verdi-Gewerkschaftsleiter fΓΌr Bus und Bahn, ist mit dem Auftakt zufrieden: "Es ist schΓΆn zu sehen, dass so viele dem Aufruf beider Gewerkschaften gefolgt sind."
"Ohne Gewerkschaften hΓ€tten wir hier ganz andere ZustΓ€nde"
Mit Trillerpfeifen, TrΓΆten und Ratschen haben sich Hunderte Streikende vor dem Bahnhof am Kaisersack zu einer Kundgebung versammelt. Um kurz vor halb 9 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung und zieht mit ordentlich LΓ€rm durch die Reisehalle des Bahnhofs.
Sie unterstΓΌtzen die Forderungen der Gewerkschaften: Zum Start der dritten Verhandlungsrunde im ΓΆffentlichen Dienst hatte Verdi 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat gefordert. Die Eisenbahngewerkschaft EVG fordert fΓΌr die rund 50 Unternehmen in der Eisenbahn- und Verkehrsbranche eine LohnerhΓΆhung von 650 Euro fΓΌr alle, alternativ 12 Prozent mehr.
Ein Mann erzΓ€hlt, er arbeite im Schichtdienst bei der Deutschen Bahn. Die ΓΆffentliche Kritik an dem Streik kΓΆnne er zwar nachvollziehen, sagt er, allerdings "gefΓ€hrdet das aktuelle System nicht nur die Gesundheit der Angestellten, sondern auch die Sicherheit der Reisenden. Hier geht es um Menschenleben". Hohe KrankenstΓ€nde und Personalmangel seien fΓΌr die Mehrarbeit verantwortlich. Er hofft, dass bei den TarifgesprΓ€chen ein Durchbruch erzielt werden kΓΆnne.
Auch Anastasia und Fabian beteiligen sich an dem Streik β aus SolidaritΓ€t, wie sie sagen. Sie besuchen einen Lehrgang der EuropΓ€ischen Akademie der Arbeit, bislang Europas einziger AusbildungsstΓ€tte fΓΌr Gewerkschaftler. "Aus unseren Kreisen ist schon sehr viel SolidaritΓ€t und VerstΓ€ndnis fΓΌr den Streik da", sagt Anastasia. Allerdings wΓΌnsche sie sich mehr UnterstΓΌtzung von der Presse: "Ohne Gewerkschaften hΓ€tten wir hier ganz andere ZustΓ€nde".
DarΓΌber, ob es zu einem weiteren Warnstreik kommen wird, kann Anastasia nur spekulieren. Allerdings werde man mit Sicherheit nicht aufgeben. "Wenn jetzt wieder die gleichen Angebote kommen, kann ich mir nicht vorstellen, dass es mit dem heutigen Tag erledigt ist."
Das sieht auch Fabian so: "Das Angebot der Deutschen Bahn war unterirdisch. Deswegen glaube ich schon, dass da entsprechend weiterhin Druck ausgeΓΌbt wird."
Streikende hoffen auf Durchbruch bei Tarifverhandlungen
Auch Silke spricht von einer hohen Arbeitsbelastung. Sie arbeitet seit ΓΌber 40 Jahren bei der Deutschen Bahn: "Die Mieten werden teurer, die Lebenshaltungskosten steigen, aber die LΓΆhne bleiben gleich β so geht das nicht".
Trotz des Stillstands im ΓΆffentlichen Nahverkehr bleibt ein Verkehrschaos in Frankfurt aus. Ein Polizeisprecher sagt, es sei auf StraΓen eher weniger los als sonst. Viele Pendler sind offenbar zu Hause geblieben. Und Besucher bleiben notgedrungen lΓ€nger in Frankfurt.
- Reporterin vor Ort