Sylt: Darum stand der "Alte Gasthof" nicht unter Denkmalschutz

Viele Menschen hielten den "Alten Gasthof" in List auf der Nordseeinsel Sylt für schützenswert. Seinen Status als Kulturgut hatte er aber verloren.

Der illegale Abriss des "Alten Gasthofs" in List auf Sylt hat auf der Insel Bestürzung ausgelöst. Viele Menschen hatten sich für den Erhalt des historischen Gebäudes eingesetzt, hielten es für besonders schützenswert. Doch unter Denkmalschutz stand der 1650 ursprünglich als Bauernhaus errichtete Traditionsgasthof nicht.

Bis 2015 hatte das Gebäude noch den Status "Einfaches Kulturgut". Doch dann änderte sich das Gesetz, Experten des Landesamtes für Denkmalpflege Schleswig-Holstein (LDSH) strichen den Gasthof von der Denkmalliste. "Das Baualter allein ist kein ausschlaggebendes Kriterium für die Feststellung des Denkmalwertes", sagte Philip Seifert, Leiter des LDSH, dem "Hamburger Abendblatt". "Entscheidend ist, dass die vorhandene Substanz die Geschichte beziehungsweise das Alter des Objektes authentisch und anschaulich erfahrbar macht."

Das sei beim "Alten Gasthof" in List nicht der Fall gewesen. Dort haben laut Seifert bauliche Veränderungen zu einer "Überformung des ursprünglichen Erscheinungsbildes" – und letztlich mangelnder Authentizität – geführt. Zu diesen Veränderungen gehörten unter anderem ein glatter Außenputz, veränderte Fensteröffnungen, erneuerte Fenster, Anbauten und unhistorische Gauben im Reetdach.

Prüfung des Denkmalwerts stand noch aus

Dennoch hatte das LDSH eine Überprüfung des Denkmalwerts für den Jahresanfang in Aussicht gestellt. Dazu sollte es eine Innenbegehung des Gebäudes geben, die in der Vergangenheit nicht stattgefunden hatte. Doch dem kam der Investor mit dem Abriss Ende Dezember zuvor – mehr dazu lesen Sie hier.

Doch ob diese Innenbegehung den "Alten Gasthof" gerettet hätte, ist fraglich. Zwar gab es in dem ehemaligen Bauernhaus Bibelfliesen aus dem 18. Jahrhundert, handgemalte blau-weiße holländische Kacheln mit religiösen wie weltlichen Motiven. Solche Fliesen seien "in der Überlieferung keine Alltäglichkeit", sagte Seifert dem "Abendblatt".

Polizei und Staatsanwaltschaft beschäftigen sich mit Denkmalwert

Allerdings müsse geklärt werden, aus welchem historischen Zusammenhang sie stammten und ob sie ursprünglich an den Wänden des Gebäudes verbaut wurden oder woanders herkamen. "Ein Fliesenspiegel allein wird selten als Denkmalgrund ausreichend sein", so Schleswig-Holsteins oberster Denkmalschützer.

Derweil prüfen Polizei und Staatsanwaltschaft, ob der Abriss als Straftat oder als Ordnungswidrigkeit einzuordnen ist. Dabei werde auch untersucht, wie schutzwürdig der "Alte Gasthof" in List war. Mehr dazu lesen Sie hier.