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Hat Deutschland ein Wolfsproblem? Ein Jäger über die Wölfe in Niedersachsen


Jäger sorgt sich um seine Kinder
"Es gibt viel zu viele Wölfe in Deutschland"

  • Katharina Grimm
InterviewVon Katharina Grimm

Aktualisiert am 14.04.2023Lesedauer: 3 Min.
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Wölfe: Die CSU hat den Begriff der "Obergrenze" so erfolgreich geprägt, dass jetzt immer wieder eine Obergrenze für Wölfe gefordert wird.Vergrößern des Bildes
In Deutschland ist eine Diskussion um "Entnahmequoten" bei Wölfen entbrannt. (Quelle: Carsten Rehder/dpa)

Ein abgetrennter Wolfskopf, der vor dem Artenschutzzentrum im niedersächsischen Kreis Gifhorn entdeckt wurde, heizt die Diskussion über Wölfe in Deutschland neu an. Der Jäger Nikolai Ahlbrecht glaubt, eine einfache Lösung gefunden zu haben.

Die kleine Gemeinde Wietzendorf im niedersächsischen Heidekreis rutschte im Jahr 2021 kurz in den Fokus der Öffentlichkeit. Eine Spaziergängerin, die auf einem Feldweg mit ihrem Hund unterwegs war, wurde von einem Wolf beängstigend nahe umkreist. Sie hielt den Moment im Video fest.

Seit Jahren ist klar: Der Wolf ist nicht nur zurück in Deutschland, er macht auch Probleme. Landwirte fürchten um ihre Herden, Eltern und Kitas in ländlichen Gebieten bangen um die Sicherheit der Kinder. Wie sich das Leben mit Wölfen in unmittelbarer Umgebung gestaltet und welche Rolle die Politik spielt, erklärt der Jäger Nikolai Ahlbrecht, der selbst mit seiner Familie in Wietzendorf wohnt.

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t-online: Herr Ahlbrecht, hat Deutschland ein Wolfsproblem?

Nikolai Ahlbrecht: Es gibt viel, viel, viel zu viele Wölfe in Deutschland. Ich bin sicherlich kein Wolfshasser, aber ich würde mir wünschen, dass wir uns emotionslos mit dem Thema auseinandersetzen. Aktuell gibt es rund 2.500 Wölfe im Land, so kann es nicht weitergehen.

Ist es denn bei Ihnen im Heidekreis so schlimm?

Vor drei Jahren, als auch das Video entstand, wurden meinem Nachbarn Lämmer direkt auf seiner Terrasse gerissen. Rund um unser Dorf gab es zuletzt 35 bestätigte Vorkommen. Und die Tiere vermehren sich enorm: Im vergangenen Jahr gab es allein in Niedersachsen 111 bestätigte Wolfswelpen.

Welche Auswirkungen hat das auf das Leben?

Abends mit dem Hund spazieren zu gehen, stellt kein Problem dar. Es gibt zwar Videos davon, dass Wölfe Hunde unter ganz bestimmten Umständen jagen, aber das geschah in Kanada. Und nicht hier. Aber Sorge um spielende Kinder zu haben, kann ich sehr gut nachvollziehen. Mein Sohn wird sicherlich nicht in der Abenddämmerung noch draußen auf dem Nachbargrundstück spielen dürfen. Unser Maisbauer wohnt direkt am Wald und hat da selbst als Kind noch gespielt. Seinen Kindern hat er das verboten.

Nicolai Albrecht zog 2018 von Hamburg nach Wietzendorf und ist seit 2019 als Jäger zugelassen. Er sagt selbst über sich, dass er nur jagt, um zu essen. Tatsächlich würde er nicht mehr als zwei Tiere schießen, mehr passe nicht in die Tiefkühltruhe, so Albrecht.

Nikolai Ahlbrecht

Nikolai Albrecht, Jahrgang 1977, verließ mitten in der Corona-Pandemie im Jahr 2021 Hamburg und wohnt nun mit seiner Familie in Meinholz, einem Dorfteil von Wietzendorf. Jäger ist er seit 2022. Seine Motivation? "Um etwas zu essen", sagt er. Mehr als zwei Wildschweine würden aber nicht in die Kühltruhe passen.

Ist das nicht übertrieben?

Bei der Begegnung Kind und Wolf würden zwei sehr neugierige Lebewesen aufeinandertreffen, von denen keiner weglaufen würde. Und auch wenn bislang noch nichts passiert ist, würde ich es nicht riskieren wollen.

Also muss der Wolf weg?

Nein, das ist nicht richtig. Der Wolf ist weder heilig noch das Böse in Person. Es sind schlichtweg zu viele. Sie müssen sich klarmachen: Je mehr Tiere ich in den Wald hineindrängen, umso mehr Probleme habe ich im Wald.

Das verstehe ich nicht ...

Das Areal ist zu klein. In den Weiten Brandenburgs, auf Truppenübungsplätzen, ist der Jagddruck nicht so groß. Da stört der Wolf auch nicht. In diese Ecken hat sich ja auch das Rotwild aus gutem Grund zurückgezogen. Aber rund um Städte, in besiedelten Regionen, funktioniert das einfach nicht.

Das klingt nach einem Dilemma, denn Deutschland ist nun mal in weiten Teilen bewohnt. Was wäre Ihr Vorschlag?

Schweden hat das ganze Problem meiner Ansicht nach sehr gut gelöst. Dort gibt es ein vernünftiges Bestandsmanagement, das an den Platz und die Bevölkerungsdichte angelehnt ist. Dort wird der Wolf nicht sich selbst überlassen. Das bräuchten wir hier auch, denn aktuell steigt die Population jährlich in einigen Teilen Deutschlands um bis zu 30 Prozent. Und das eben auch dort, wo nun mal kein Platz für drei Rudel ist. Man muss das steuern.

Das könnte auch nach hinten losgehen, wenn unter Jägern dann Wolfsabschüsse zur großen Mode verkommen.

Das müssen ja nicht Jäger im jeweiligen Forst machen, sondern offizielle Stellen. Es könnte Wolfsbeauftragte geben, damit da nicht so ein Trophäending draus wird.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Nicolai Albrecht
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