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Zeugen bescheinigen Behörde ungewöhnlichen Umgang mit Cum-Ex


Hamburg
Zeugen bescheinigen Behörde ungewöhnlichen Umgang mit Cum-Ex

Von dpa
04.02.2022Lesedauer: 2 Min.
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Die Hamburger Finanzbehörden haben nach Angaben des Leiters der Steuerabteilung im Bundesfinanzministerium 2017 im Fall der in den "Cum-Ex"-Skandal verwickelten Warburg Bank eine ungewöhnliche Rechtsauffassung vertreten. Auch nach seiner Anweisung, eine drohende Verjährung für eine Rückforderung zu Unrecht erstatteter Kapitalertragssteuer in Höhe von 43 Millionen Euro zu verhindern, habe die Behörde ihn noch gebeten, die Entscheidung zu überdenken, sagte Rolf Möhlenbrock am Freitag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft. "Die Hamburger Kollegen hatten ihre eigene Rechtsauffassung zum Thema Cum-Ex."

Der Abstand zwischen den Rechtsauffassungen des Ministeriums und der Hamburger Behörden "war so groß, so ungewöhnlich groß, dass wir uns zur Weisung veranlasst sahen". Dies sei ein ungewöhnlicher Schritt, sagte Möhlenbrock. "Allzu oft passiert das nicht." Seit 2010 sei das nur vier oder fünf Mal geschehen. Möhlenbrock war zu dem Zeitpunkt Unterabteilungsleiter im Ministerium.

Auch der damalige Abteilungsleiter, Michael Sell, stellte ein solches Eingreifen des Ministeriums als unüblich dar. "Das geschieht äußerst selten", sagte er vor dem Ausschuss. Das BMF greife "in ganz, ganz seltenen Fällen" in ein konkretes Steuerverfahren ein. Im September 2017 habe die Hamburger Finanzbehörde im Rahmen einer jährlichen "Cum-Ex"-Abfrage des Ministeriums die Warburg Bank erstmals als Verdachtsfall mit einer möglichen Schadenssumme von 180 Millionen Euro gemeldet.

Die damalige Ansicht der Hamburger Finanzbehörde, die Rückforderung für 2010 über 43 Millionen Euro trotz drohender Verjährung nicht zu erheben, da der Warburg Bank die "Cum-Ex"-Geschäfte nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden könnten, sei für ihn nicht nachvollziehbar gewesen, sagte Möhlenbrock. Zumal in einem solchen Verdachtsfall die Beweislast beim Steuerpflichtigen liege, wie das hessische Finanzgericht geurteilt hatte.

Das Gesamtbild der fraglichen Geschäfte sei eines gewesen, "das stark auf Cum-Ex-Gestaltung hindeutet." Das Argument der Hamburger, im Falle einer zu Unrecht erhobenen Rückforderung schadenersatzpflichtig zu werden, "fand ich abwegig", sagte Möhlenbrock. Den Vorwurf, seine Weisung sei eine politische Entscheidung, nannte er "Quatsch".

Bei "Cum-Ex"-Geschäften verschoben Finanzakteure große Aktienpakete rund um den Dividenden-Stichtag in einem schwer durchschaubaren System und ließen sich dann Steuern erstatten, die nie gezahlt wurden. Möhlenbrock zufolge beträgt die durch solche "Cum-Ex"-Geschäfte entstandene Schadenssumme zwischen vier und fünf Milliarden Euro. Etwa die Hälfte der Steuern sei bereits zurückerstattet worden; rund zwei Milliarden Euro seien noch offen.

Der Untersuchungsausschuss soll den Vorwurf einer möglichen Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die Behandlung der Warburg Bank klären. Hintergrund sind Treffen des damaligen Hamburger Bürgermeisters und jetzigen Bundeskanzlers Olaf Scholz mit den Mitinhabern der Bank, Max Warburg und Christian Olearius, in den Jahren 2016 und 2017. Gegen Olearius liefen damals schon Ermittlungen wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung. Nach den ersten Treffen hatte das Finanzamt für Großunternehmen 2016 mit Ablauf der Verjährungsfrist zunächst auf Steuernachforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro verzichtet.

Von einer möglichen Einflussnahme durch Scholz oder den damaligen Finanzsenator und heutigen Bürgermeister Peter Tschentscher hätten sie keine Kenntnis, sagten Möhlenbrock und Sell übereinstimmend. Auch habe es in der fraglichen Zeit in dieser Sache keine Kontakte der beiden mit dem Finanzministerium gegeben.

Scholz hatte vor dem Ausschuss angegeben, sich an die Treffen mit Warburg und Olearius nicht mehr erinnern zu können, jede Einflussnahme aber ausgeschlossen.

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