Eine Routine-OP verlief zunächst ohne Komplikationen. Im Aufwachraum erlitt ein Neunjähriger dann Blutungen. Wenige Wochen später starb er. Seine Eltern kämpften für einen Prozess gegen die Ärzte. Dieser ist nun 15 Jahre später gestartet.
Rund 15 Jahre nach dem Tod eines Jungen nach einer Routineoperation müssen sich zwei Ärzte seit Mittwoch vor dem Landgericht Hamburg verantworten. Die Angeklagten schwiegen bei Prozessauftakt. Dem heute 64 Jahre alten Operateur wirft die Staatsanwaltschaft Körperverletzung mit Todesfolge vor, dem 68 Jahre alten Mitinhaber der Praxis in Hamburg-Harburg Beihilfe durch Unterlassen. Im Fall eines Schuldspruchs drohen zwischen drei und 15 Jahre Haft.
Der 64-Jährige soll laut Anklage den Neunjährigen am 14. März 2007 unter Vollnarkose in einer Arztpraxis operiert haben, um dessen Nasenatmung zu verbessern. Die Operation verlief ohne Komplikationen. Aber im Aufwachraum sei es zu einer Nachblutung gekommen, an deren Folgen der Junge nach Angaben der Staatsanwaltschaft eine Woche später starb. Die Mutter des Kindes ist Nebenklägerin.
Operation in Hamburger Praxis mit großen Risiken verbunden
Der Junge sei im Aufwachraum nicht ausreichend überwacht worden, so der Vorwurf des Staatsanwalts. Zudem sei die Praxis personell und apparativ nicht so ausgestattet gewesen, wie es die medizinischen Standards vorsehen. Darauf bezieht sich der Beihilfevorwurf gegen den Mitinhaber. Er habe um deren "Standardwidrigkeit" gewusst, trotzdem aber derartige Eingriffe gebilligt und auch selbst vorgenommen.
Aus diesem Grund sei die Operation für den Jungen mit besonderen Risiken verbunden gewesen – darauf habe der Arzt den Vater bei der Patienten-Aufklärung bewusst nicht aufmerksam gemacht.
Anwalt weist Vorwürfe als "unhaltbar" zurück
Viele Jahre hatte der Fall die Justiz immer wieder beschäftigt – auch das Bundesverfassungsgericht. Eine an der Operation beteiligte Anästhesistin war bereits Ende 2009 wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. In diesem Prozess vor dem Amtsgericht habe sein Mandant damals bereits umfassende Angaben gemacht, betonte der Verteidiger des Operateurs. Er bezeichnete den Tod des Jungen als "tragischen Unglücksfall".
Der Anwalt wies zudem die Vorwürfe, laut einem Gerichtssprecher, als juristisch unhaltbar zurück. Es fehlten Beweise dafür. Der Anwalt verwies demnach auch darauf, dass die Staatsanwaltschaft früher selbst diese Sichtweise vertreten habe.
Für den Prozess sind zunächst Termine bis Ende August angesetzt.
- Nachrichtenagentur dpa
- Nachrichtenagentur AFP