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Frankfurt am Main: Bürger jagt Falschparker-Polizisten


40 Anzeigen in wenigen Monaten
Bürger jagt falschparkende Polizisten

Von Stefan Simon

Aktualisiert am 21.06.2022Lesedauer: 4 Min.
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Die Polizei parkt auf dem Radweg: Laut StVO ist das strikt verboten und wird mit einem Bußgeld geahndet.Vergrößern des Bildes
Die Polizei parkt auf dem Radweg: Laut StVO ist das strikt verboten und wird mit einem Bußgeld geahndet. (Quelle: Privat)

Der Frankfurter Jens M. dokumentiert die Polizei beim Falschparken. Er unterstellt den Beamten keine Absicht, appelliert aber an ihre Verantwortung. Denn Parken auf Radwegen kann letztendlich die Gesundheit von Fußgängern und Radfahrern gefährden.

Jens M.* fährt mit dem Rad am Montagmorgen zur Arbeit. Es ist 6.48 Uhr, als er beobachtet, wie ein Polizeiauto auf dem Radweg vor einer Bäckerei parkt. Er zückt sein Smartphone und macht ein Foto. Eine Minute später parkt ein Auto hinter dem Polizeiwagen, ebenfalls auf dem Radweg. Auch diese Szene dokumentiert M. Beide Fotos veröffentlicht M. auf seinem Twitter-Profil und schreibt: "Liebe Polizei Frankfurt, dieses Bild zeigt hervorragend, was geschieht, wenn Sie sich nicht an die StVO halten. Macht's einer vor, macht's der nächste nach."

M. ist sauer, möchte aber auch gleichzeitig den Beamten nicht unterstellen, dass sie mit Absicht auf dem Radweg geparkt hätten. In der Zeit habe er keinen Radfahrer gesehen, den die Polizei hätte behindern oder gefährden können, berichtet er t-online. Das Problem sei vielmehr die Außenwirkung, sagt er. "Wenn der Erste falsch parkt, parkt sich der Zweite dazu. Die Beamten selbst haben niemanden gefährdet, aber sie sind ein kleiner Teil eines großen kollektiven Fehlverhaltens, und das große kollektive Fehlverhalten ist es dann, was die Radfahrer und Fußgänger gefährdet, eben weil die Wege zugeparkt sind."

Als Radfahrer müsste man sich dann entweder direkt an den parkenden Autos vorbeischlängeln und gerät dadurch in die "Dooring-Zone". Dann besteht die Gefahr, durch eine sich öffnende Tür zu verunglücken. Oder der Radfahrer weicht auf die Straße aus "und wenn man das tut, Gnade dir Gott, dann wird gehupt, geschrien und beim Überholen geschnitten", sagt M.

Parken ist auf dem Radweg verboten und wird geahndet

Eine Anzeige hat er gegen die Polizeibeamten nicht erstattet. Die Beweislage hielt er für zu dünn. "Wenn ich Anzeige erstatte, mache ich das so, dass ich rechtssicher den Verstoß 'Parken' dokumentiere, das heißt, zwei Fotos im Abstand von etwa fünf Minuten", erklärt er. M. möchte so sichergehen, dass von vornherein keine Diskussion und Fragestellung möglich sei und er das Falschparken unzweifelhaft belegen könne. "Und das ist eben erst dann der Fall, wenn diese Zeitspanne wirklich zwischen den Fotos verstrichen ist."

Dennoch: Ein Fahrzeug gilt als geparkt, wenn es verlassen ist. Das sollten die Polizeibeamten wissen. Denn aus der Straßenverkehrsordnung (StVO) Paragraf 12 und 13 geht hervor, dass Parken auf dem Radweg verboten ist. Und die Vorschriften gelten für alle. Die Frankfurter Polizei reagiert auf M.'s Tweet, fragt ihn, wo das Foto entstanden sei. Der Verstoß der Beamten hat nun womöglich auch Konsequenzen.

Auf Nachfrage von t-online sagt ein Sprecher der Polizei, dass bereits die zuständige Dienststellenleitung informiert sei und mit den beiden Polizisten reden werde. Im Anschluss entscheide die Leitung, welche Konsequenzen folgen. Sehr wahrscheinlich müssen die Polizisten ein Bußgeld zwischen 55 und 100 Euro zahlen. So sieht es jedenfalls die StVO vor. Es wäre nicht das erste Mal, dass Polizisten blechen müssten.


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"Da fehlt offenbar bei einigen die Sensibilität"


Sprecher der Polizei Frankfurt über Falschparker unter Polizisten


Denn bei der Frankfurter Polizei kam es schon öfter vor, dass Beamte wegen Falschparkens Bußgeld zahlen mussten. "Da fehlt offenbar bei einigen die Sensibilität", kommentiert der Polizeisprecher. M. freut sich, dass die Polizei das Falschparken ernst nimmt: "Ich hatte schon länger das Gefühl, dass in Frankfurt seitens Stadt und Polizei eine höhere Sensibilität für Fußgänger und Radfahrer existiert als früher und anderswo."

M. dokumentiert das Fehlverhalten von Falschparkern seit Anfang des Jahres. Vom 1. Januar bis jetzt hat er 40 Anzeigen erstattet. "An Neujahr hat sich jemand bei uns im Viertel so extrem blöd hingestellt, dass er Gehweg und Kreuzung gleichzeitig zugeparkt hat, alle mussten rangieren und dann hat ein Autofahrer, der zu schnell um ihn rumgefahren ist, fast meine Schwester mit dem Kinderwagen erwischt, in dem meine Tochter saß. Da hat es mir gereicht", erzählt er. M. betont aber auch, dass er nicht kleinlich sei. "Wenn da jemand mit den Reifen ein paar Zentimeter auf dem Bordstein steht, weil er zu ungeschickt zum Parken ist, mach ich da kein Fass auf", sagt er.

Die Polizei ist offenbar auch kein großer Helfer, denn die kümmert sich laut M. nicht um den ruhenden Verkehr. Zuständig dafür ist die Verkehrspolizei. "Doch die hat nur werktags geöffnet, ein Witz, wenn man drüber nachdenkt." Bei allen Anzeigen war M. selbst betroffen, weil es seine Wege unsicher gemacht hätte. "Den Zebrastreifen, den ich benutzt habe. Den Radweg, den ich befuhr. Den Gehweg, den ich mit meiner Tochter nutzte."

Sein Tweet hat jedenfalls für recht viel Aufmerksamkeit gesorgt – und das nicht nur bei der Polizei. 70 Mal wurde der Tweet geteilt, 448 Leuten gefällt er und über 20 Mal wurde er kommentiert. Offenbar scheint die Bäckerei ein beliebter Ort für Falschparker zu sein, wenn man einem Twitter-User glauben mag. "Jeden Morgen das gleiche Bild vor der Bäckerei in der Raimundstraße, drin wird gefrühstückt und die Autos blockieren den Rad- und Gehweg", schreibt er. Und nur wenige Meter vor der Bäckerei befindet sich ein Zebrastreifen samt Schulweg.

*Name ist der Redaktion bekannt

Verwendete Quellen
  • Twitter-Profil von M.
  • Schriftliche Korrespondenz mit M.
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