Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kölner Drogenkrieg Angeklagter legt umfassendes Geständnis ab

Die angekündigten Plädoyers im Drogenprozess bleiben aus. Dafür bricht ein Angeklagter sein Schweigen zur Tat.
Einmal eben nach Deutschland fahren, "Informationen besorgen", 2.000 Euro kassieren. Es klingt einfach, was der 24 Jahre alte Angeklagte vor dem Landgericht Köln berichtet. Ein "Freund" – er zeigt damit die Anführungszeichen in der Luft an – habe ihn angesprochen, ob er sich nicht etwas dazuverdienen wolle. Dass es dabei um den Kölner Drogenkrieg geht, will der niederländische Staatsbürger nicht gewusst haben.
Aus dem scheinbar einfachen Job wird laut Anklage eine Geiselnahme mit gefährlicher Körperverletzung. Über Stunden sollen der 24-Jährige und zwei weitere niederländische Angeklagte drei Geiseln gefangengehalten, geschlagen und verhört haben. Die Opfer schweigen nach ersten Aussagen bei der Polizei mittlerweile. Das Opfer, das spricht, wird von der Verteidigung als unglaubwürdig angesehen.
Kölner Drogenkrieg: Angeklagter berichtet von Geiselnahme in Hürth
Gemeinsam mit seinen Mitangeklagten sei der 24-Jährige am 25. Juni 2025 nach Deutschland gefahren. Im Auto sei Musik gehört worden, im Radio lief die Übertragung eines EM-Spiels. "Wir haben uns über alles Mögliche unterhalten, aber nicht über den Grund, warum wir nach Deutschland fahren sollten", erklärt er in seinem Geständnis weiter. Angekommen an einer Lagerhalle in Hürth bei Köln empfängt sie bereits ein mutmaßliches Mitglied der Kölner Drogenbande.
Anschließend will der 24-Jährige eine der Geiseln mit Kabelbinder an einen Stuhl gefesselt haben. "Ich habe physische Gewalt angewendet. Ich habe ihn mit bloßen Händen, später mit einem Stock geschlagen", erklärt der Niederländer weiter. Mit dem Tod habe er niemandem gedroht. "Ich habe auch keine Pistole gehabt oder jemandem die Zehen abschneiden wollen", sagt er weiter. Diese Vorwürfe hatte unter anderem eine der Geiseln, so etwas wie der Kronzeuge, erhoben.
Geiselnahme in Hürth: Angeklagte kannten sich aus Amsterdam
Er habe nicht verstanden, um was es bei der Geiselnahme genau ging. Die Geiseln hätten immer mit einem Mitglied der Drogenbande gesprochen. Da diese auf Afghanisch und Deutsch gesprochen hätten, hätte er kein Wort verstanden. "Er (das Mitglied der Drogenbande) hat gesprochen, dann habe ich zugeschlagen. Dann haben sie wieder ein paar Minuten gesprochen. Dann sollte ich ihn wieder schlagen", schildert der Angeklagte die Situation.
Zu den Taten seiner Mitangeklagten machte er keine Angaben. Auch Fragen zu seinem Auftraggeber, dem "Freund", sagte er nichts. Einen der Angeklagten kenne er von gemeinsamen Festivalbesuchen, den anderen habe er nur hin und wieder beim Fußball gesehen. Alle drei Männer stammen aus dem Großraum Amsterdam.
Auf die Frage, warum er sich erst jetzt äußere, sagte der 24-Jährige: "Ich wollte schon am ersten Tag etwas sagen. Aber dann waren hier 20 Kameras. Ich war geschockt." Später habe er nach Rücksprache mit seinen Anwälten von einer Aussage Abstand genommen.
Kölner Drogenprozesse: Beweisanträge verzögern Urteil
Ein schnelles Ende des Prozesses rückte am Dienstag dagegen in weite Ferne. Durch neue Anträge verzögerten sich die Plädoyers, die nun erst Anfang August gehalten werden können. Die Verteidigung hatte unter anderem moniert, dass die Aussagen des Kronzeugen unter "Zwang und Quälerei" zustande gekommen seien. Die Polizei hätte dem Mann unter anderem nicht ausreichend erklärt, dass er jederzeit gehen könne.
Die Schuldfrage steht dabei längst nicht mehr im Vordergrund. Alle Angeklagten haben sich auf verschiedenste Arten zu den Taten eingelassen, Entschuldigungen an die Opfer geschrieben. Im Fokus steht vielmehr, wie schwerwiegend die Taten der drei Angeklagten tatsächlich waren.
Der Prozess wird Anfang August fortgesetzt. Bis dahin haben alle Beteiligten noch Zeit, Beweisanträge zu stellen. Bis zum abschließenden Urteil gilt die Unschuldsvermutung.
- Reporter vor Ort