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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kölner Drogenkrieg Zweifel an wichtigem Kronzeugen kommen auf
In den Prozessen um den Kölner Drogenkrieg sagt eine der Geiseln aus. Doch seine Aussagen hinterlassen mehr Fragen als Antworten.
Es dämmert bereits am Kölner Stadtrand, als Isaak C. (Name geändert) merkt, dass er in Schwierigkeiten geraten ist. Eigentlich soll er nur einen seiner Transporter aus einer Lagerhalle in Hürth abholen. Doch stattdessen findet er dort fünf gefesselte Männer. Mit Kabelbindern an den Händen und Klebeband vor dem Mund.
"Hau ab, ruf die Polizei", schreit einer der gefesselten Männer, der sich von dem Klebeband befreien konnte. Sofort flüchtet Isaak C. aus der Halle auf nahegelegene Bahngleise, wählt den Notruf. Ein Großaufgebot der Polizei beendet kurz darauf die Geiselnahme. Noch nicht ganz im Bilde darüber, welche Bedeutung diese Tat im Kölner Drogenkrieg einmal haben wird.
Kölner Drogenprozesse: Kronzeuge berichtet von Todesdrohungen
Denn die fünf Geiseln sollen von 700 Kilogramm Marihuana gewusst haben, die in der Lagerhalle versteckt wurden. Einer von ihnen, so die Vermutung der Bandenchefs, soll das Versteck verraten und die Hälfte der Drogen geklaut haben. Um die Informationen herauszupressen, organisiert die Kölner Drogenbande drei Männer aus den Niederlanden. Sie fragen laut Aussagen der Zeugen immer wieder "Where is?" – wo sind die Drogen?
Eine der Geiseln ist David M. (Name geändert). Er will mit den Taten selbst nichts zu tun haben. Laut eigenen Angaben soll er nur in einem Kiosk eines mutmaßlichen Mitglieds der Drogenbande gearbeitet haben. Trotzdem wird er im Juni 2024 zu der Lagerhalle zitiert – und dort wenig später gefesselt.
Neue Beweisanträge im Kölner Drogenprozess: Folgt das Geständnis?
Für das Gericht ist David M. so etwa wie der Kronzeuge in dem Fall. Im Gegensatz zu den vier weiteren Geiseln sagt er vor Gericht aus. M. spricht von Todesdrohungen, Schlägen ins Gesicht und auch davon, dass ihm jemand mit einer Pistole auf den Hinterkopf geschlagen habe. Trotz der Festnahmen und Anklagen sieht er sich weiterhin durch die Bande bedroht.
Die Aussagen decken sich allerdings nicht mit dem, was er Monate zuvor bei der Polizei gesagt hat. Teilweise spricht er von fünf statt drei Geiselnehmern oder ist sich nicht sicher, in welcher Sprache sie kommuniziert haben sollen. Die Verteidigung stellt am Mittwoch (18. Juni) deshalb einen neuen Beweisantrag. Die beiden Kommissare, die M. verhört haben, sollen im Zeugenstand über die Vernehmungen berichten.
Geiselnahme von Hürth: Angeklagte schreiben Briefe an Opfer
Erst danach wollen die Anwälte der drei Angeklagten entscheiden, inwiefern sie sich zu den Taten einlassen. Am Mittwoch wurden fünf weitere Briefe verlesen, in denen sich einer der drei Beschuldigten bei den Opfern entschuldigt. Ähnlich hatte es bereits ein weiterer der Niederländer vor wenigen Wochen getan.
Die Beweise gegen die Angeklagten sind an vielen Stellen eindeutig. Sie wurden vor Ort von der Polizei verhaftet, einige Geiseln haben sie auf Bildern erkannt. Ein Polizist berichtete am Mittwoch zudem von der Aussage der Geisel Hakim S. (Name geändert). Er beschreibt einen der Geiselnehmer mit einem "unheimlichen Gesicht". S. war wenige Stunden vor der Geiselnahme noch in den Niederlanden, sollte auf Anweisung des mutmaßlichen Bandenchefs Sermet A. unbedingt zur Lagerhalle fahren.
Kölner Drogenkrieg: Anklage gegen rechte Hand von Drogenboss erhoben
S. will auf Nachfrage nicht gewusst haben, warum er in die Halle fahren sollte. Er habe Sermet A. allerdings vertraut, weil diese bereits seit der Kindheit befreundet waren. Wenige Wochen vor der Tat sei dieser dann allerdings abgetaucht. "Er war nach der ganzen Sache wie vom Erdboden verschluckt", heißt es im Vernehmungsprotokoll.
Sermet A. wird erst im Oktober am Flughafen Paris-Roissy von der Polizei festgenommen, wartet derzeit auf seine Anklage am Kölner Landgericht. In den kommenden Wochen dürften weitere Prozesse um den Kölner Drogenkrieg starten. Im Fokus: Eine brutale Entführung samt Geiselnahme in einer Rodenkirchener Villa und die mutmaßliche rechte Hand von Sermet A. Diese steht ebenfalls wegen der Geiselnahme in Hürth vor Gericht.
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