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Köln: Wer ist die Hausärztin, die bei "Querdenken"-Demos auftrat?


Kölner Ärztin hielt Reden auf "Querdenken"-Demos

Von Florian Eßer

Aktualisiert am 05.02.2021Lesedauer: 3 Min.
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Eine Ärztin mit medizinischem Mundschutz und Stethoskop (Symbolbild): In Köln wurde die Praxis einer Hausärztin durchsucht, die gegen Coronaregeln verstoßen haben soll.Vergrößern des Bildes
Eine Ärztin mit medizinischem Mundschutz und Stethoskop (Symbolbild): In Köln wurde die Praxis einer Hausärztin durchsucht, weil sie gegen die geltenden Coronaregeln verstoßen haben soll. (Quelle: ANE Edition/imago-images-bilder)

Ordnungskräfte ahndeten während einer Razzia bei einer Kölner Ärztin Verstöße gegen die Corona-Maßnahmen. Die Medizinerin ist den Behörden und in der "Querdenker"-Szene keine Unbekannte.

Nach mehreren Hinweisen und Beschwerden von Bürgern hatten Ordnungsamt und Polizei am 28. Januar die Praxis einer Ärztin in Köln-Ehrenfeld durchsucht und fünf Verstöße gegen die Maskenpflicht festgestellt, wie die Stadt am Donnerstag auf Anfrage von t-online mitteilte. Neben der behandelnden Ärztin trugen die Sprechstundenhilfe und drei Patienten keinen vorgeschriebenen Mundschutz.

Ärztin trat bei "Querdenker"-Demos auf

Die 54-jährige Medizinerin, die seit 2005 niedergelassene Ärztin ist, fiel offenbar nicht zum ersten Mal negativ auf: Das Gesundheitsamt habe sie schon in der Vergangenheit aufgefordert, entsprechende Mängel im Infektionsschutz zu beheben, heißt es auf Anfrage bei der Stadt. Eine Aufforderung, der die Ärztin offensichtlich nicht nachgekommen ist.

Nach Recherchen von t-online ist die 54-Jährige auch außerhalb der behördlichen Kreise ein bekanntes Gesicht: So hat sie im vergangenen Jahr an mehreren Demonstrationen der "Querdenken"-Bewegung in Köln teilgenommen, in deren Rahmen sie auch als Rednerin auftrat.

Dabei positionierte sie sich gegen das Tragen von Masken, leugnete die Existenz einer Pandemie und appellierte an ihre Kollegen der Ärztekammer, es ihr gleichzutun: "So wünsche ich meinen Kolleginnen und Kollegen den Mut, der Wahrheit endlich ins Auge zu sehen", verkündete sie im September 2020. Und weiter: "Ich möchte meinen Kollegen wünschen, dass ihnen eines Tages ihre Kinder nicht ins Gesicht sagen müssen: 'Mama, warst du zu dumm oder zu feige?'"

Razzia: Krude Thesen und Flyer

Auch während des Einsatzes Ende Januar zweifelte die Ärztin die behördlichen Institutionen an und bezeichnete die Stadt Köln als "Firma". Dass sie keine Maske trug, rechtfertigte sie mit den Worten, man müsse ihr die Pandemie zuerst noch beweisen.

Diese Aussagen der Ärztin deckten sich mit den Inhalten von Broschüren, die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes im Wartezimmer ihrer Praxis entdeckten und laut Behörde "mutmaßlich der 'Querdenker'-Szene zuzuordnen sind". Wie die Stadt Köln weiter erklärt, seien die Flyer dem Gesundheitsamt bereits bekannt.

Ähnliche Flyer, die t-online vorliegen, waren in den letzten Monaten immer wieder in Briefkästen in Köln und anderen Städten Deutschlands geworfen und auf der Straße verteilt worden – so auch in Ehrenfeld, wo die Medizinerin ihre Praxis hat.

In den Broschüren sprechen sich die Verfasser gegen das Impfen aus und stellen die Anzeichen einer "echten Pandemie" jenen einer "Fake-Pandemie" (als welche sie die Corona-Pandemie betrachten), gegenüber. So gäbe es während einer echten Pandemie "sehr viele Todesfälle", in einer falschen läge hingegen eine "unveränderte Sterblichkeit im Jahresvergleich" vor. Diese und andere abwegige Thesen wurden damit in Umlauf gebracht.

Für die Flyer verantwortlich zeichnet sich die Organisation “Ärzte für Aufklärung”, bei der es sich laut eigener Aussage um eine Arbeitsgemeinschaft von Ärzten und Wissenschaftlern handle, die der Öffentlichkeit "ihre fachliche Expertise im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie zur Verfügung stellt". Der Organisation sollen nach eigenen Aussagen etwa 700 Ärzte und Ärztinnen aus ganz Deutschland angehören – darunter auch die Hausärztin, in deren Praxis es nun zur Razzia kam.

Universität Köln beendet Kooperation

Erste Konsequenzen haben die Vorfälle schon. Recherchen des "Kölner Stadt-Anzeigers" zufolge hat die Universität Köln bereits ihre Zusammenarbeit mit der Arztpraxis beendet.

Die Ermittlungen des Gesundheitsamtes zu dem Fall dauern aktuell noch an. Man habe Kontakt mit den Aufsichtsbehörden, der Bezirksregierung und der Ärztekammer Nordrhein aufgenommen, erklärte die Stadt Köln.

Nach Aufnahme der Personalien der Anwesenden während des Einsatzes habe man ihnen eine Anzeige wegen des Nichttragens einer zulässigen Mund-Nasen-Bedeckung in Aussicht gestellt. Bis auf die Ärztin wollte sich keine der Personen zu den Vorwürfen äußern.

Geschlossen wurde die Praxis aber nicht. Derzeit prüfe man, welche Konsequenzen die festgestellten Verstöße gegen die Ordnungsverfügung nach sich ziehen könnten. Weitere Fälle hinsichtlich behandelnder Ärzte der "Querdenker"-Szene in Köln lägen aktuell nicht vor.

Geldbuße für Ärztin wahrscheinlich
Wie in § 4 Abs. III der Coronaschutzverodrdnung festgehalten ist, sind Ärzte dazu verpflichtet, sich an die aktuellen Vorgaben des Robert Koch-Institutes zu halten. Bei Zuwiderhandlungen droht ein Ordnungsgeld. Weiter sind die zuständigen Behörden dazu befugt, zusätzliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen – in Extremfällen können Arztpraxen auf Grundlage dessen auch geschlossen werden, so geschehen etwa in Cottbus, wo sich eine Hausärztin nicht an die Maskenpflicht gehalten hat.

Der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtete weiter, die Ärztin habe bei einem Besuch einer Reporterin ohne medizinische Indikation ein Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht ausgestellt.

Die "Bild"-Zeitung zitierte die Frau mit den Worten: "Ich stehe für Wahrheit, Freiheit und Liebe. Es gibt in Deutschland keine Pandemie." Gegenüber t-online wollte sich die 54-Jährige am Freitag nicht zu den Vorwürfen äußern. Ihre Sprechstundenhilfe bestätigte zwar den Einsatz in der Praxis, kritisierte aber gleichzeitig die unwahre Berichterstattung darüber.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Pressestelle der Stadt Köln
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