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München: Baumgärtner kritisiert Grünen-Pläne für Theresienwiese scharf


Zank um Wiesn-Fläche
Das Oktoberfest und die "terrorisierte Bevölkerung"

Von Christof Paulus

Aktualisiert am 06.03.2023Lesedauer: 4 Min.
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Ein verregneter Tag auf dem Oktoberfest (Archivbild): Die Theresienwiese, auf der das größte Volksfest der Welt stattfindet, ist viele Wochen im Jahr noch leerer als auf diesem Bild.Vergrößern des Bildes
Ein verregneter Tag auf dem Oktoberfest (Archivbild): Die Theresienwiese, auf der das größte Volksfest der Welt stattfindet, ist viele Wochen im Jahr noch leerer als auf diesem Bild. (Quelle: IMAGO / Wolfgang Maria Weber)

Das muss man sich leisten können: Im engen Münchner Zentrum monatelang 42 Hektar freizulassen. Ist der Oktoberfest-Platz Luxus oder logisch?

Wenn die ganze Welt auf München schaut, schaut sie entweder in die Allianz-Arena, oder hier her: auf die Theresienwiese. Das ist im Herbst für mindestens zwei Wochen so, wenn das berühmteste Volksfest der Welt stattfindet. An Silvester hätte das auch wieder so sein können, als Rammstein hier fast ein Konzert gespielt hätten. Daraus wurde nichts, unter anderem, weil Oberbürgermeister Dieter Reiter dagegen war. Ein paar Wochen im Jahr, sagte er, da sei es ihm wichtig, dass die Theresienwiese auch einfach eine Wiese ist. Womit wir bei der Sache wären.

Denn wer auf die 42 Hektar große Fläche zwischen Bavaria-Statue und Paulskirche sieht – wenn nicht Oktoberfest, andere Veranstaltungen wie das Frühlingsfest, das Tollwood-Winterfestival oder Flohmärkte sind – der erblickt ziemlich viel, nur gewiss kaum etwas, das nach Wiese aussieht. Da sind ein paar magere Grasflächen, viel Asphalt und noch mehr Schotterwüsten, fast wie in einem ausgetrockneten Flussbett. Was sagt das über München, sich so eine Fläche mitten in der Stadt zu gönnen?

Das Oktoberfest braucht in München besonders viel Platz

Klar ist: In München ist der Platz knapp. Keine Stadt in Deutschland ist so dicht besiedelt wie die bayerische Metropole. Und immer wieder hat München Probleme damit, seine Luft sauber zu halten, weshalb nun auch Stück für Stück Dieselautos aus dem Zentrum verbannt werden. Die Theresienwiese könnte diese Probleme zumindest ein wenig beheben, hoffen die Grünen. Sie würden auf der Theresienwiese gerne mehr Pflanzen sehen.

Das Kopfschütteln bei Clemens Baumgärtner an der anderen Seite des Telefons kann man förmlich hören, wenn er auf die Vorschläge der Grünen zu sprechen kommt. "Die Grünen, so würde ich es sagen, terrorisieren die Bevölkerung", sagt er. Die Behauptung, die Theresienwiese würde den meisten Menschen der Stadt aktuell entzogen, sei "absoluter Quatsch", die grünen Ideen "reine Symbolpolitik". Und dann erklärt er, warum.

Baumgärtner ist Wirtschaftsreferent der Stadt München, er ist für das Oktoberfest zuständig und kümmert sich mit seinem Referat um die Verwaltung der Theresienwiese. Sechs bis acht Wochen im Jahr werde die Wiesn vollständig benötigt, und zwar ab dann, wenn der Aufbau des Oktoberfests in die heiße Phase geht. Zwar sei sie sonst überwiegend kaum oder gar nicht genutzt. Mehr als das, was aktuell an Begrünung auf der Fläche passiere, sei aber zwischen zwei Oktoberfesten nicht möglich.

Warum das Oktoberfest das ganze Jahr Platz braucht

Zudem seien auf, um oder unter der Theresienwiese auch viele Vorkehrungen nötig, die das ganze Jahr bestehen müssten, um das Oktoberfest zu ermöglichen. Das Oktoberfest selbst, das ist für ihn ohnehin unantastbar. Es sei "zutiefst anstößig", die Hand an die Wiesn anzulegen. Die Theresienwiese sei dem Volksfest gewidmet, ohne Oktoberfest wäre München "in seinen Grundfesten erschüttert".

"Sie ist unglaublich viel mehr wert, als die 1,6 Milliarden Euro, die sie jährlich einspielt", sagt er. Das Oktoberfest präge die Marke der Stadt so sehr wie nichts anderes, mehr als der FC Bayern. Warum Baumgärtner es so wichtig ist, all das klarzustellen, was viele sicher eh für selbstverständlich halten dürften? Die Grünen, findet er, trauten sich zwar nicht, es auszusprechen, aber: "Wenn man gegen das Oktoberfest ist, sollte man das sagen."

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Zumindest die Fotos gut gelaunter Grünen-Spitzenpolitiker wie dem bayerischen Führungsduo Katharina Schulze und Ludwig Hartmann, Parteichefin Ricarda Lang und Kulturstaatsministerin Claudia Roth auf dem vergangenen Oktoberfest deuten nicht darauf hin, dass unter Grünen die Wiesn tatsächlich besonders verpönt ist – doch geschenkt. Denn Baumgärtner hat auch gute Argumente auf seiner Seite. Und das sind die der Münchner.

Was die Münchner über die Theresienwiese denken

"In den vier Jahren auf meinem Posten habe ich noch keine Beschwerde über die Theresienwiese gehört", sagt er. Und auch, wer sich bei den Spaziergängern auf der im Winter leeren Wiesn umhört, bekommt ähnliches zu hören. "Mir gefällt, dass es hier so ruhig ist und keine Autos fahren dürfen", sagen etwa eine von zwei Frauen, die in der Sonne über den Platz spazieren. "Ich finde nicht, dass es hässlich aussieht."

"Besonders schön ist es nicht", sagt eine andere Frau, die in Begleitung von Eltern und Mann einen Kinderwagen über den Asphalt der Theresienwiese schiebt. "Trotzdem sind wir gerne hier. Man hat so viel Platz, das ist selten in der Stadt." Baumgärtner verweist darauf, dass man auf der großen Freifläche Dinge tun kann, die in bewaldeteren Gebieten nicht gehen, etwa Drachen steigen lassen. Jogger und Radfahrer nutzen den Platz offenbar auch gerne. Und obendrein meint er: "Ich finde die Theresienwiese schön, wie sie ist."

Immerhin, wenn man Münchner fragt, die nicht auf der Theresienwiese sind, was sie von dem Platz halten, wenn er leer ist, bekommt auch mal zu hören: "Dann ist man da nicht." Und die Münchner "Abendzeitung" beschreibt die Wiesn so: "Im Grunde hat die Brachfläche nur eine Aufgabe: genug Platz für das Oktoberfest zu bieten." Und so berichtet sie von den Begrünungsplänen der Münchner Grünen.

Was die Grünen in München vom Oktoberfest-Platz halten

Wenigstens ein paar Hektar im Südteil der Theresienwiese könne man dauerhaft bepflanzen, zitiert die "Abendzeitung" den stellvertretenden Vorsitzenden des Münchner Kreisverbandes, Arne Brach. Dafür will er das Landwirtschaftsfest wie auch das traditionelle Volksfest Oide Wiesn verlegen, die während des Oktoberfests im Süden der Theresienwiese stattfinden. Auch zu Pandemiezeiten habe es funktioniert, die Theresienwiese mehr wie das Tempelhofer Feld in Berlin denn als Volksfestplatz zu nutzen.

Klar ist: Mit Baumgärtner ist das nicht zu machen. Der Großteil der langen Zeit, in der die Theresienwiese völlig brach ist, neigt sich sowieso schon dem Ende entgegen. Nachdem in den Weihnachtsferien das Tollwood-Winterfestival abgebaut wurde, steht bald die nächste Großveranstaltung auf einem Teil des Platzes an, am 21. April beginnt das Frühlingsfest. Wenig später folgt schon der lange Auf- und Abbau des Oktoberfests, und dann wieder das Tollwood. Die Diskussionen um die Theresienwiese dürften sich wieder vertagen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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