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Rechtsextreme bei Veranstaltung mit CSU-Abtreibungsgegnern in München


Kundgebung von Abtreibungsgegnern
Rechtsextreme bei Veranstaltung von CSU-Mitgliedern

Von Christof Paulus

Aktualisiert am 05.04.2023Lesedauer: 4 Min.
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Fünf Personen auf dem Balkon des Hansa Hauses in München bei einer Veranstaltung von Abtreibungsgegnern (Archivbild): Die Personen sind teils wegen ihrer offen rechtsextremen Haltung bekannt.Vergrößern des Bildes
Fünf Personen auf dem Balkon des Hansa Hauses in München bei einer Veranstaltung von Abtreibungsgegnern (Archivbild): Die Personen sind teils wegen ihrer offen rechtsextremen Haltung bekannt. (Quelle: Robert Andreasch)

Bei einer Veranstaltung von Abtreibungsgegnern in München waren auch Rechtsextreme vor Ort. Besonders brisant: Der Organisator steht der Union nahe.

Fast 4.000 Menschen haben nach Polizeiangaben am vergangenen Samstag am "Marsch für das Leben" in der Münchner Innenstadt teilgenommen. Vor der Demonstration, bei der sich die Teilnehmer gegen das Recht auf Abtreibung aussprachen, veranstaltete zudem die Initiative "Christdemokraten für das Leben" (CDL) einen Frühschoppen. Bei den CDL versammeln sich Abtreibungsgegner aus CDU und CSU. Beim Frühschoppen mit dabei: Eine Gruppe von Männern aus dem rechten Spektrum.

Wie ein Foto des freien Journalisten Robert Andreasch zeigt, nahm unter anderem der als Schriftführer des "Rings Freiheitlicher Jugend Salzburg" (RFJ) bekanntgewordene Marvin Sander an der Veranstaltung teil. Diese Funktion schreibt ihm etwa die "Plattform gegen Rechts Salzburg" zu, Sander ist zudem auf mehreren Instagram-Beiträgen des RFJ Salzburg zu erkennen. Der Fotograf Andreasch gab zudem im Gespräch mit unserer Redaktion an, dass es sich bei einem der Männer um Sander handelte.

Abtreibungsgegner in München: CSU-Mitglieder und Rechtsextreme dabei

Der RFJ ist die Jugendorganisation der FPÖ und wird etwa vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands als "rechtsextrem" bezeichnet. Das Archiv wird unter anderem von der Republik Österreich und der Stadt Wien getragen und sammelt und bewertet Quellen zu Themen wie Nationalsozialismus, Widerstand oder Rechtsextremismus. Die Polizei München bestätigte auf Nachfrage von t-online, dass "mehrere Personen aus dem rechten Spektrum" bei der Veranstaltung anwesend gewesen seien.

Die Polizei begleitete den Frühschoppen, der im Hansa Haus in der Nähe des Königsplatzes stattfand. Das Haus wird vom Verein "Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung" betrieben und bietet etwa Raum für Tagungen oder Feste. Besondere Vorkommnisse habe es beim Frühschoppen nicht gegeben, sagt ein Polizeisprecher. Die neben Sander auf dem Foto abgebildeten Personen rechnet Fotograf Andreasch jeweils der zur rechten Szene gehörenden Burschenschaft Raczeks Bonn zu sowie der vom Verfassungsschutz beobachteten Münchner Burschenschaft Danubia und der rechten Gruppierung "Revolte Rheinland".

Wie Andreasch im Gespräch schildert, seien die von ihm fotografierten Personen stark betrunken gewesen. Als er die Personen ansprach, haben diese für ein Foto posiert, sagt Andreasch. Auf dem Bild ist zu erkennen, wie sie ein Handzeichen formen, das als rechtsextremes Symbol bekannt ist. Es soll die Buchstaben "W" und "P" formen, die für den Ausdruck "White Power" stehen.

Abtreibungsgegner aus der CSU sagen nichts zu Rechten

Brisant ist die Anwesenheit der Rechten auf der Veranstaltung vor allem deshalb, weil die "Christdemokraten für das Leben" als Veranstalter der CSU nahestehen. So war die bayerische Landesvorsitzende Christiane Lambrecht Mitglied der ständigen Familienkommission der Partei. Im Bundesvorstand sitzt zudem mit Hubert Hüppe ein amtierender CDU-Abgeordneter im Bundestag.

Darüber hinaus hatten die CDL bis 2018 den Status als "Sonderorganisation" in der Union. Vor fünf Jahren entzog die Partei der Initiative diesen jedoch. Die parteinahe Konrad-Adenauer-Stiftung verweist jedoch nach wie vor auf die CDL als der Partei nahestehende Gruppierung. Und: Darüber hinaus hätte mit Stephan Pilsinger ein Bundestagsabgeordneter der CSU aus München beim Frühschoppen auftreten sollen.

Wie Pilsingers Büro auf Nachfrage mitteilte, sei er jedoch krank und daher nicht vor Ort gewesen. "Insofern kann er auch nichts über 'als rechtsextrem bekannte Personen' sagen, die am 'Marsch für das Leben' teilgenommen haben sollen", teilt Pilsingers Büro mit. Das Hansa Haus in München war für t-online telefonisch bislang nicht zu erreichen, eine Anfrage an den CDL blieb zunächst unbeantwortet. Inzwischen meldete sich Stepan Menges, Geschäftsführer des Hansa Hauses. Er zeigte sich erschrocken von den Radikalen auf der Veranstaltung – und distanzierte sich klar von ihnen. "Wir wollen solche Leute nicht hier haben und hätten sie rauswerfen sollen", sagt er.

CDL: Rechte bei Frühschoppen in München "nicht bekannt"

Bereits zuvor beantworteten zudem sowohl CDL-Bundesgeschäftsführerin Susanne Wenzel als auch Landesgeschäftsführerin Lambrecht die t-online-Anfrage. Wenzel teilte zunächst mit, dass das Foto "nicht in der Veranstaltung der CDL Bayern am 25. März 2023 aufgenommen worden" sei. Auf dem Bild ist indes klar zu erkennen, dass es vor dem Balkon des Hansa Hauses aufgenommen wurde.

Aus den für t-online einsehbaren Bilddaten ergibt sich, dass der Aufnahmezeitpunkt am 25. März kurz nach 12 Uhr war. Der Frühschoppen endete nach Angaben des Veranstalters gegen 12 Uhr, für 13 Uhr war der Beginn des Marsches angesetzt. Zu den auf dem Foto abgebildeten Personen schreibt Wenzel, sie seien den CDL "nicht bekannt". Lambrecht reichte am Samstag eine "Korrektur" von Wenzels Stellungnahme nach, wie sie in einer Mail schreibt.

Sie habe durch "interne Missverständnisse" den Sachverhalt nicht korrekt wiedergegeben. "Die auf dem Foto zu sehenden Personen waren bei der Veranstaltung anwesend", sagt Lambrecht. Die Veranstaltung sei offen zugänglich gewesen. Sie gehören "offensichtlich einem politischen Spektrum an, das nicht mit unserem übereinstimmt", distanziert Lambrecht sich von den Abgebildeten. Die CDL werden Hausverbote erteilen, teilt sie mit – sowohl für die Organisationen, denen diese Personen angehören, als auch den Personen individuell. Es gelte für alle CDL-Veranstaltungen in Bayern ohne zeitliche Begrenzung und werde schriftlich zugestellt werden.

Verwendete Quellen
  • Heribert Schiedel: "Die FPÖ und der Antisemitismus – Ein lange verdrängter Aspekt"
  • Der Spiegel: "Nazi-Vorwurf gegen Raczek-Burschenschaft"
  • Bayerischer Landtag: Durcksache 16/13441
  • Bonner General-Anzeiger: "Linksjugend und 'Revolte Rheinland' streiten um Bismarckturm"
  • Arbeitskreis Juristen der CSU: Facebook-Post vom 5. Oktober 2017
  • kas.de: "Arbeitskreise und Gruppen"
  • RFJ Salzburg: Instagram-Kanal
  • Gespräch mit Robert Andreash
  • Anfrage an Polizeipräsidium München
  • Anfrage an CDL Bayern
  • Anfrage an Stephan Pilsinger
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