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Olympia 2036 in München – Jubiläumsfeier der Hitler-Festspiele?


Idee in München
100 Jahre Hitler-Festspiele: Das feiert man nicht

MeinungVon Christof Paulus

Aktualisiert am 07.07.2023Lesedauer: 3 Min.
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Start der 100 Meter in Berlin 1936: Olympiasieger Jesse Owens wurde gegen den Willen der Nazis zum großen Star der Olympischen Spiele.Vergrößern des Bildes
Start der 100 Meter in Berlin 1936: Olympiasieger Jesse Owens wurde gegen den Willen der Nazis zum großen Star der Olympischen Spiele. (Quelle: United Archives International/imago images)

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter deutet an, die Olympischen Spiele 2036 in Berlin mit München zu verknüpfen. Die falsche Idee zum falschen Zeitpunkt.

Die wohl beste Idee, die ein Sportfan jemals hatte, kam Pierre Baron de Coubertin Ende des 19. Jahrhunderts: Der französische Pädagoge und Historiker holte die antiken Olympischen Spiele in die Neuzeit. Seither feiern Sportler und Fans alle vier Jahre ein großes Fest. Doch Olympia verlor schnell seine Unschuld. Einige Regimes missbrauchten die Spiele als Bühne, um ihr Image aufzubessern, und schadeten dem Ansehen Olympias massiv. Ganz besonders taten sich dabei 1936 die Nazis hervor, als sie die Spiele in Berlin zur Propagandashow für ihre Verbrechensherrschaft machten.

Dieses würdelose Spektakel jährt sich in einigen Jahren zum 100. Mal. Klar ist: Einen Grund zum Feiern gibt es deshalb nicht. Wobei: So klar scheint das nicht zu sein. Denn der Deutsche Olympische Sportbund denkt laut über eine Bewerbung für die Spiele 2036 nach. Und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter zeigt sich nun ebenfalls offen dafür, dass die Stadt sich daran beteiligen könnte. Es gäbe keinen schlechteren Ort als Deutschland dafür. Denn es wäre geschichtsvergessen.

Warum Olympia 2036 nicht in München sein sollte

Die Überlegungen sind vielfältig. Und: Sie sind fast alle unbrauchbar. Ins Gespräch gebracht wurden etwa Spiele in Berlin. Oder eine Kooperation von Berlin und Tel Aviv. Oder eben eine Kooperation mehrerer deutscher Städte, darunter neben Berlin womöglich auch München.

Es versteht sich von selbst: Olympia in Deutschland müsste im Sinne der Demut vermarktet werden, als großes Gedenken und Mahnmal angesichts des historischen Hintergrundes. Nur ist das völlig unrealistisch: Olympia ist als großes Fest gedacht, und das wird es auch immer sein, wenn man ein guter Gastgeber sein will. Zumal es, nebenbei gesagt, auch den Sportlern nicht gerecht werden würde, die Spiele in allzu bedächtiger Form zu planen. Sie haben ein Recht darauf, den Höhepunkt ihrer sportlichen Laufbahn so losgelöst zu feiern, wie sie es verdienen.

Doch das "Dritte Reich" bietet nun mal keinen Anlass zu Jubiläumsfeiern. Und gerade München, immerhin von Adolf Hitler als "Hauptstadt der Bewegung" auserkoren, sollte sich ohnehin nicht daran beteiligen.

Man könne der Welt aber jetzt zeigen, was für ein friedvolles und weltoffenes Land Deutschland inzwischen sei, argumentieren Befürworter der Bewerbung – und vergessen dabei: Das wollten die Nazis auch.

Wie Deutschland 100 Jahre nach Berlin 1936 mit Olympia umgeht

Dass ihnen ihre Täuschung sogar weitgehend gelang, ist einer der größten Makel in der Geschichte Olympias. 100 Jahre nach den Nazis sollte Deutschland deshalb nichts demonstrieren, sondern zuhören und den Umgang mit dem Andenken während der Spiele zuerst anderen überlassen.

Natürlich muss der missbrauchten Spiele auch in Deutschland gedacht werden. Und das darf auch gerne ungewöhnlich sein, um viele Menschen damit zu erreichen. Doch nichts davon sollte auch nur den Anschein erwecken, dass das Andenken damit verklärt werden könnte. Vermengt man die eigentlichen Spiele mit Gedenken in Deutschland, ist die Gefahr dazu jedoch zu groß.

Was gegen Berlin und Tel Aviv 1936 spricht

Davon abgesehen, klingen über ganz Deutschland verteilte Spiele ohnehin nach einer schlechten Idee. Denn sie missachten den Charakter Olympias: ein gemeinsames Olympisches Dorf, Sportler aller Disziplinen und Fans aller Länder zusammen in einer Stadt. Wie sehr dezentrale Wettbewerbe auf die Stimmung drücken, konnte man kürzlich bei den Europaspielen in Polen beobachten.

Und so zerbröselt auch die einzige Idee, die noch ein wenig Sympathie erwecken könnte: Eine gemeinsame Bewerbung Deutschlands und Israels. Als Zeichen der Verbundenheit von Täterstaat und Opfervolk wäre die Symbolik kaum zu übertreffen. Ob diese Spiele jedoch zünden, ist fraglich.

Zu weit sind die Wege, zu groß die logistische Herausforderung, zu wenig Raum bliebe für ein gemeinsames Fest. Und gelänge dieses Experiment dann nicht, wäre der Schaden groß und niemandem damit gedient. München sollte von Olympia 2036 die Finger lassen.

Verwendete Quellen
  • Deutschlandfunk: "Olympia 2036 in Berlin?"
  • Sportschau: "DOSB startet Kampagne – wünscht sich Deutschland Olympia?"
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Bayerischer Rundfunk: Hörfunkbeitrag vom 3. Juli
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