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Europaspiele: Skispringen bald bei Sommer-Olympia?


Eine Traditionssportart unter Druck
Die Revolution wird getestet – und dann?


Aktualisiert am 01.07.2023Lesedauer: 4 Min.
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Landung auf grünen Matten: Der Österreicher Manuel Fettner während der Europaspiele 2023 in Polen. (Quelle: IMAGO/GEPA pictures/ Patrick Steiner)

Die Klimakrise setzt dem Skispringen zu. Bei den European Games wird erstmals bei einer Großveranstaltung im Sommer gesprungen. Der erste Schritt auf dem Weg zur Sommersportart?

Im T-Shirt kreuzte dann doch niemand ganz oben auf dem Bakken auf. Wie gewohnt sauste die internationale Skisprung-Elite der Frauen und Männer die Schanzen von Zakopane in speziell angefertigten Anzügen herunter. Alles andere hätte aerodynamisch auch keinen Sinn gemacht.

Spötter hatten vor den Wettbewerben der Europaspiele in Polen bereits geraunt, dass Skispringen nun zur T-Shirt-Sportart werden würde. Denn: Erstmals finden entsprechende Wettbewerbe im Rahmen eines Multisport-Großevents im Sommer statt.

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Die Eröffnungsfeier der Europaspiele fand im Krakauer Henryk-Reyman-Stadion statt. (Quelle: IMAGO/Beata Zawrzel)

Europaspiele 2023

Die Europaspiele, auch European Games genannt, werden vom 21. Juni bis zum 2. Juli 2023 im polnischen Krakau ausgetragen. Insgesamt gibt es 29 Sportarten, darunter 22 olympische. Mit dabei sind unter anderem Badminton, Fechten, Tischtennis und auch Skispringen. Organisiert wird die Veranstaltung vom Europäischen Olympischen Komitee.

Anfreunden können sich damit nicht alle Beobachter. "Am Ende des Tages sind im Sommer alle im Schwimmband, essen Eis – und keiner schaut Skispringen", kritisiert beispielsweise Deutschlands Skisprunglegende Sven Hannawald.

Stimmung kommt auf den Rängen kaum auf

Zumindest an der Schanze scheinen sich seine Befürchtungen zu bestätigten. Im Winter gehört Zakopane zu den stimmungsvollsten Weltcupstationen, während der seit Mittwoch laufenden Konkurrenzen der Europaspiele verteilten sich jedoch selten mehr als einige Dutzend Zuschauer auf der Anlage.

Statt der gewohnt weißen Schneeschicht auf und manchmal um die Schanze herum, ist die Veranstaltung ein Grün in Grün. Nach dem Anlauf folgt die Landung auf dunkelgrünen Matten, von denen die Sportlerinnen und Sportler auf eine hellgrüne Rasenfläche ausgleiten, die in Teilen an einen holprigen Dorfbolzplatz erinnert. Stimmung kommt auf den Rängen selten auf.

Dies liegt wohl auch daran, dass viele Topstars fehlen. Bei den deutschen Herren beispielsweise glänzen die Vorzeigespringer Karl Geiger, Andreas Wellinger oder Markus Eisenbichler durch Abwesenheit. Sie bereiten sich lieber in der Heimat auf den Winter vor. Im deutschen Damenteam sind mit der zweifachen Olympia-Medaillengewinnern Katharina Schmid (vormals Althaus) und Selina Freitag dagegen sportliche Schwergewichte dabei.

"Das ist eine ganz interessante Idee"

Herren-Bundestrainer Stefan Horngacher setzte derweil auf den Nachwuchs. Prominenteste Starter sind Olympia-Bronzemedaillengewinner Constantin Schmid und Philipp Raimund, der zum Auftakt von der Normalschanze immerhin mit Platz vier aufhorchen ließ. "Für viele ist die Situation, im Sommer zu springen, komisch", gibt Raimund unumwunden zu. Er sagt allerdings auch: "Der Mensch ist ein Gewohnheitstier."

Und die bisherigen Gewohnheiten im Skispringen werden sich in absehbarer Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit ändern. Der Klimawandel sorgt für mildere Winter, die Schneesicherheit vieler traditioneller Wintersportorte (mit Skisprungschanze) nimmt ab.

Warum die Sportart also nicht zukunftssicher machen und ganzjährig – also auch immer Sommer – auf höchstem Niveau austragen? "Das ist eine ganz interessante Idee für eine Wintersportart, auch im Sommer präsent zu sein", sagt beispielsweise Horngacher: "In Zukunft wird es öfter mal hochwertige Sommerwettkämpfe geben. Es ist der erste Schritt dahin." Bereits in der Vorsaison gab es im polnischen Wisla erstmals ein Weltcupspringen auf Matte.

Das Verletzungsrisiko könnte geringer sein

"Möglicherweise ist es ein Ausblick auf die Zukunft und damit eine Antwort auf die Frage nach der Nachhaltigkeit im Wintersport", sagt Olaf Tabor, der deutsche Chef de Mission bei den Europaspielen. Dass die Polen dies aufgegriffen hätten, sei ein "kreativer Umgang mit der Frage, die sich im Wintersport schon länger stellt".

Dafür würde unter anderem sprechen, dass sich an den Grundfesten der Sportart nicht viel verändern würde. Denn auf Schnee sind die Skispringer schon lange nicht mehr angewiesen. "Die Technik bleibt die gleiche, Skispringen wird hauptsächlich im Sommer gelernt. Von klein auf ist das so", sagt Horngacher. Das Verletzungsrisiko sei mitunter sogar geringer. "Im Winter landen ist schwieriger, da gibt es mal weichen Schnee, mal Altschnee", ergänzt Frauen-Chefcoach Maximilian Mechler.

Für außerordentliche Begeisterung sorgen die bisherigen Springen in Zakopane dennoch nicht. Selbst die polnische Skisprunglegende Adam Malysz, der die Männerkonkurrenz am Mittwoch bei zwölf Grad Celsius mit verspiegelter Pilotenbrille und Steppjacke verfolgte, wirkt davon zeitweise wenig mitgerissen.

Eine Generationenfrage?

Wohl auch aufgrund solcher Bilder ist sein ehemaliger Rivale Hannawald von einer sommerlichen Zukunft der Traditionssportart nicht vollends überzeugt. "Ich sehe keine Chance, dass Skispringen bei den Sommerspielen stattfindet, solange es noch Winterspiele gibt – und das sehen bestimmt 95 Prozent aller Springer auch so", so der Vierschanzentournee-Gewinner von 2002. In diesem Zusammenhang verweist er vor allem auf "eine längere Geschichte, eine größere Historie", die die Wettbewerbe im Winter nun einmal hätten.

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Was der 48-jährige Hannawald damit anspricht, ist sicher auch einen Generationenfrage. Die 21 Jahre jüngere Katharina Schmid gewinnt der Großveranstaltung in Polen nämlich durchaus etwas Positives ab und sagt: "Es war ganz cool, mal was anderes zu sehen." Der 23-jährige Raimund ergänzt: "Für ältere Generationen ist das vielleicht schwerer, sich mit Sommer-Events anzufreunden, die tendieren eher zum Winter."

Letztlich springe er aber auch lieber im Winter, sagt Raimund mit einem Lächeln, allein, weil es im Sommer unter dem Helm einfach "zu warm" sei.

Verwendete Quellen
  • european-games.org: Live-Übertragung der Springen in Zakopane
  • zdf.de: Skispringen bald bei Sommer-Olympia?
  • sport.de: Skispringen erstmals bei Großevent im Sommer vertreten
  • sport1.de: Horngacher: Interessante Idee im Skispringen
  • sportschau.de: European Games und die Bedeutung für Olympia in Paris
  • skispringen.com: Das müssen Sie zu den European Games wissen
  • twitter.com: Account der European
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und SID
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