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Regensburgs Ex-OB Wolbergs reicht Verfassungsbeschwerde ein


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Regensburgs Ex-OB Wolbergs reicht Verfassungsbeschwerde ein

Von dpa
19.01.2022Lesedauer: 3 Min.
Joachim WolbergsVergrößern des BildesJoachim Wolbergs (r), ehemaliger Oberbürgermeister von Regensburg, sitzt mit seinem Verteidiger Peter Witting bei einem Pressegespräch. (Quelle: Armin Weigel/dpa/dpa-bilder)
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Er schöpft die juristischen Möglichkeiten aus: Joachim Wolbergs, früherer Oberbürgermeister der Stadt Regensburg, hat vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Das teilten er und sein Verteidiger Peter Witting am Mittwoch mit. Die Beschwerde richte sich gegen zwei rechtskräftige Verurteilungen sowie gegen die Aufhebung von Freisprüchen durch den Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig.

Es gehe um die Überprüfung der Verurteilungen, aber auch um grundlegende Fragen zur Zulässigkeit von Parteispenden sowie zur Parteienfinanzierung, sagte Witting. Der Münchner Anwalt steht Wolbergs in der sogenannten Korruptionsaffäre seit Jahren zur Seite. "Wir sind der festen Überzeugung, dass gegen Wolbergs Vorwürfe strafrechtlicher Natur nicht erhoben werden können und er freizusprechen ist."

Hintergrund der Verfassungsbeschwerde sind zwei Prozesse, denen sich Wolbergs vor dem Landgericht Regensburg im Zusammenhang mit der Einwerbung von Parteispenden im Regensburger Kommunalwahlkampf 2014 hatte stellen müssen. Im ersten Verfahren war er 2019 wegen zwei Fällen der Vorteilsnahme verurteilt worden, aber straffrei geblieben. Der zweite Prozess endete 2020 mit einer Verurteilung wegen eines Falles der Bestechlichkeit zu einer einjährigen Bewährungsstrafe. Von weiteren Vorwürfen war er in beiden Verfahren freigesprochen worden.

Der BGH hob das erste Urteil im vergangenen November in Teilen auf, beanstandete es als zu milde und verwies den Fall an das Landgericht München I, wo er neu verhandelt werden soll. Das zweite Urteil bestätigte der BGH in Gänze. "Dass wir mit dem bisherigen Verfahrensverlauf nicht zufrieden sind, ist allen klar", so Witting.

Zum Aspekt der Parteienfinanzierung stellte der Anwalt fest: Parteien sollen sich in Deutschland frei finanzieren können und nicht vom Staat finanziert werden. Es gehe nun um die Frage, ob die Annahme zulässiger Parteispenden den Tatbestand der Vorteilsannahme bedeute. "Was bedeutet das auf kommunaler Ebene? Kann ein Kommunalpolitiker dann noch Spenden annehmen?", fragte Witting. Das sei eine Fragestellung von grundlegender Bedeutung. Hier gelte es, für Kommunalpolitiker grundsätzlich Klarheit für die Zukunft zu schaffen und praktikable Lösungen für Parteispenden auf kommunaler Ebene aufzuzeigen.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Verurteilung Wolbergs' wegen Bestechlichkeit im zweiten Prozess. In diesem Verfahren habe sich die Strafkammer in ihrem Urteil von den Erkenntnissen aus der Beweisaufnahme entfernt, sagte Witting und räumte ein: "Das ist ein schwerer Vorwurf." Aber: Verfassungsrechtlich gebe es das Schuldprinzip, nach dem es keine Strafe ohne Schuld geben soll. "Das ist der Punkt, den wir hier zur Diskussion stellen beim Bundesverfassungsgericht: Ist eine Schuld festgestellt? Wir sagen ganz deutlich: Nein!"

Darüber hinaus bemängelte Witting den Verhandlungsverlauf vor dem BGH in Leipzig. Er und sein Mandant hätten über Stunden versucht, ihre Argumente vorzutragen. Kurz nach 17.30 Uhr sei die Verhandlung geschlossen worden und nur eine Dreiviertelstunde später das Urteil verkündet sowie eine Pressemitteilung verbreitet worden. Es sei unmöglich, in dieser kurzen Zeit den Verhandlungstag zu resümieren und ein Urteil auszuarbeiten, so Witting. Das zeige, "dass das Urteil schon vorher feststand und der Senat kein Interesse daran hatte, was die Verteidigung vorzutragen hat." Als "reine Showveranstaltung" bezeichnete Wolbergs die Verhandlung vor dem BGH.

Der Kommunalpolitiker führte aus, die Richter im ersten Prozess gegen ihn hätten sich - anders als die Richter im zweiten Prozess - Tag und Nacht in die Materie eingearbeitet gehabt und teilweise die Arbeit gemacht, die eigentlich die Ermittlungsbehörden hätten tun sollen. Im zweiten Prozess hätten die Richter dann eine falsche Geschichte konstruiert.

"Ich werde weiter kämpfen. Es geht um meine Ehre. Meine Ehre habe ich noch", sagte Wolbergs. Er werde alles dafür tun, um wenigstens die Bevölkerung davon zu überzeugen, "dass die Verurteilungen falsch sind, weil ich nichts Strafbares gemacht habe und weil ich nie bestechlich war".

Dass der Prozess vor dem Landgericht München I noch offen sei, stehe einer Verfassungsbeschwerde nicht im Wege, erläuterte Witting. Das Bundesverfassungsgericht sehe die Möglichkeit vor, auch dann Verfassungsbeschwerde einzureichen, wenn noch ein Verfahren offen sei - nämlich dann, wenn es um Fragestellungen von grundlegender Bedeutung gehe. "Und darauf berufe ich mich."

Wolbergs war nach dem ersten Urteil 2019 aus der SPD ausgetreten und sitzt heute als Vorsitzender des von ihm mitbegründeten Wahlvereins "Brücke" im Regensburger Stadtrat. Wie seine politische Zukunft aussehe, könne er noch nicht sagen, so Wolbergs.

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