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12 Dinge, die Sie sicher nicht über die Passionsspiele wussten


Tradition in Oberammergau
Hier wird Jesus gleich 103 Mal im Jahr gekreuzigt

Von Jennifer Lichnau

13.05.2022Lesedauer: 3 Min.
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Jesus am Kreuz bei Proben der 42. Oberammergauer Passionsspiele: Nichts für schwache Nerven.Vergrößern des Bildes
Jesus am Kreuz bei Proben der 42. Oberammergauer Passionsspiele: Nichts für schwache Nerven. (Quelle: Rudolf Gigler/imago-images-bilder)

Alle zehn Jahre wird Jesus in Bayern publikumswirksam gekreuzigt – an diesem Samstag ist es wieder so weit. Nach zwei Jahren Corona-Pause feiern die Passionsspiele in Oberammergau wieder Premiere.

Angefangen hat alles auf einem Friedhof vor rund 400 Jahren. Heute sind die Passionsspiele in Oberammergau weltberühmt. Nicht trotz, sondern wegen vieler skurril anmutender Traditionen rund um das Spiel. Nach zwei Jahren Corona-Pause feiern die Passionsspiele am 14. Mai wieder Premiere.

Der Ursprung der Spiele

Der Legende nach hat der Tagelöhner Kaspar Schisler, der zum Kirchweihfest nach Hause reiste, die Pest nach Oberammergau gebracht. In kurzer Zeit starben so beinahe 100 Menschen. Um sich vor weiteren Verlusten zu schützen, legten die Oberammergauer 1633 ein Gelübde ab: Sie schworen, alle zehn Jahre ein Spiel vom Leiden, Sterben und Auferstehen ihres Herren Jesus Christus aufzuführen.

Erste Aufführung auf dem Friedhof

Das erste Passionsspiel in Oberammergau fand 1634 auf dem Friedhof über den Gräbern der Pesttoten statt, mit damals nur 60 Darstellern. In den darauffolgenden Jahrzehnten hat das Gelübde zum Passionsspiel alles für das Dorf verändert. Aus dem Laientheater wurde nach und nach professionell inszeniertes Theater, das heute weltbekannt ist. Ein bedeutender Anteil der Tickets wird jedes Jahr an Zuschauer aus Amerika verkauft. Dieses Jahr ist es rund ein Drittel der Tickets.

Das halbe Dorf wirkt mit

Überhaupt nicht international ist die Besetzung bei den Passionsspielen. Jeder der 1.800 Mitwirkenden muss in Oberammergau geboren sein oder mindestens 20 Jahre dort gelebt haben. Eine Ausnahme gilt nur für Kinder.

Darsteller im Alter von null bis 100 Jahren

Insgesamt spielen 1.400 Oberammergauer bei den Passionsspielen mit. Der jüngste Darsteller ist noch ein Baby, der Älteste beinahe 100. Die restlichen 400 Dorfbewohner kümmern sich um Einlass, Kostüme, Bühnenbild und alles andere rund um das Großereignis.

Jesus gibt es nur einmal zweimal

120 Rollen im Passionsspiel sind Sprechrollen. Die 20 Hauptrollen, darunter natürlich die von Jesus, Maria und einigen Jüngern, sind doppelt besetzt. So kommt es, dass 2022 ein Jesus blonde Haare hat, der andere schwarze. Das ist aber nebensächlich, sagt der Spielleiter Christian Stückl. Wichtig sei, wie die Jesus-Darsteller die Rolle spielen.

Passion – fast ein halbes Jahr

Die doppelte Besetzung ist nicht nur im Krankheitsfall von Vorteil. Ab der Premiere am 14. Mai bis zur letzten Vorführung am 2. Oktober führen die Oberammergauer das Passionsspiel fünfmal die Woche auf. Insgesamt 103 Mal.

Lebende Kamele auf der Bühne

Auf der Bühne des Passionstheaters sind nicht nur Menschen zu sehen. Neben 15 Tauben treten zwei Pferde, zwei Kamele, ein Esel, etwa neun Schafe, sechs Ziegen, sieben Hühner und fünf Enten auf. Damit sich die Ziegen aneinander gewöhnen und eine Herde bilden können, werden sie schon weit vor Beginn der Spiele zusammen gehalten. Die Darsteller von Herodes, Pontius Pilatus und einem Hauptmann bekamen in Vorbereitung auf ihre Rollen seit Februar Reitunterricht.

Haarschneide-Verbot

Während die Tiere in Vorbereitung auf die Spiele nicht viel mehr tun müssen, als sich aneinander zu gewöhnen, proben die Menschen nicht nur fleißig. Sie lassen sich auch die Haare wachsen. Seit dem Aschermittwoch im Februar 2021 mussten sich alle Mitwirkenden die Haare wachsen lassen, die Männer auch die Bärte – das ist hier Tradition.

Erst Spanische Grippe, dann Corona

In ihrer beinahe 400-jährigen Geschichte mussten die Passionsspiele nur zweimal verschoben werden: 1920 wegen der Spanischen Grippe und genau hundert Jahre später wegen der Corona-Pandemie.

Unterbrochen von historischen Einschnitten

Ganz abgesagt wurden die Spiele zweimal in ihrer Geschichte: 1770 im Zuge der sich anbahnenden Beschlagnahmung von Kircheneigentum durch das Kurfürstentum Bayern und 1940 im Zweiten Weltkrieg.

Platz für 4.500 Zuschauer

Die ersten Passionsspiele wurden noch auf dem Friedhof in Oberammergau aufgeführt. Mittlerweile finden Sie im eigens erbauten Passionstheater statt, das mit 4.500 Sitzplätzen die größte Freiluftbühne weltweit ist, die einen überdachten Zuschauerraum hat.

Kommerz und Tradition

Seit Dezember 2014 gehören die Passionsspiele zum immateriellen Kulturerbe der Unesco. Auch wenn die Spiele mittlerweile kommerzialisiert sind und Oberammergau mit dem Ticketverkauf die eigene Wirtschaft ankurbelt, sei das Wichtigste immer noch, das Gelübde abzulegen, genau wie 1634, sagt Andreas Rödl, Bürgermeister von Oberammergau.

Verwendete Quellen
  • Pressetermin in Oberammergau am 4. Mai 2022
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